10 Jahre Hamburg – 11 Dinge, die ich gelernt habe
Im August 2013 hab ich meine erste Wohnung in Hamburg bezogen, na ja, das erste WG-Zimmer. Nachdem ich in der Vorstadt aufgewachsen bin, prangte endlich das langersehnte "22297 Hamburg" in meinem Ausweis. Damals war ich noch Studentin, saß gerade an meiner Bachelorarbeit (die sich dann doch noch etwas hinziehen würde) und trotz zahlreicher Ortskenntnisse war dann doch alles neu für mich. Das erste Mal Großstadt, das erste Mal so richtig Hamburg! Heute, zehn Jahre später, hat sich die Postleitzahl in meinem Ausweis weitere zwei Male verändert und die Stadt fühlt sich nicht mehr neu und fremd an, sondern wie eine gute alte Bekannte. Nach einem Jahrzehnt Hamburg kann ich sagen: Ich habe einiges gelernt – über die Stadt und mich selbst.
1. Hamburg ist manchmal ein Dorf
Ob alter Schulfreund, misslungenes Date oder frühere Kolleg*innen – egal ob man gerade Kaffee trinken ist, verkatert zum Bäcker schlurft oder abends feiern geht, sie lauern überall, die überraschenden "Ach, hey! Lange nicht gesehen!"-Ausrufe. Ob es dann nett oder unangenehm wird, kommt natürlich ganz auf die Person an, aber eines klar: In Hamburg ist man nirgendwo vor zufälligen Begegnungen sicher, denn trotz 1,8 Millionen Einwohner*innen begegnet man überall eben genau jenen handvoll, die man kennt.
2. Verlieben kann man sich auch in der Großstadt
Als ich vor zehn Jahren nach Hamburg kam, war ich ganz schön einsam. Obwohl ich in Norderstedt aufgewachsen bin, sind fast alle meine Freund*innen zum Studium weg aus Hamburg gezogen, ich zuerst auch. Als ich dann wiederkam, war plötzlich niemand mehr da. Auf Dates hatte ich nach ein paar Pleiten wirklich gar keine Lust zu daten, bis eine Bekannte mir von "dieser neuen App" erzählte. Tinder war 2013 wirklich der letzte Schrei, man glaubt es kaum. "Na gut", dachte ich mir, "ich hab ja sonst nicht viel zu tun." Es wurde gematcht, auf WhatsApp weitergeschrieben und dann war da das unausweichliche erste Treffen, das ich zweimal absagte. Weil ich ja eigentlich nicht wollte. Neun Jahre später sind wir verheiratet und haben eine Katze. Auch wenn die Großstadt das Daten nicht einfach macht, locken doch überall neue Verlockungen, kann es eben doch klappen!
3. In Hamburg wohnen bedeutet in seinem Viertel zu wohnen
Berliner*innen lachen jetzt, aber ich bin faul, was meine Fahrtwege angeht. Ob zum Essen, in die Kneipe oder ins Kino: Ich muss mich wirklich überwinden, mein Viertel zu verlassen. Dabei braucht es in Hamburg selbst von Groß Flottbek nach Barmbek nicht einmal eine Stunde, ob mit Rad oder Bahn. Und ich würde in weniger als 30 Minuten sehr viele andere Viertel erreichen – latsche dann aber doch am liebsten entlang meiner ausgetretenen Wege.
4. Die Hamburger*innen sind gar nicht so kalt wie man meint
Das Klischee hält sich hartnäckig: Unterkühlt sind hier alle, heißen Neulinge nicht willkommen und Freundschaften aufzubauen, solle man bloß lassen. Bullshit, sage ich. Ich habe in Hamburg einige meiner engsten Freundinnen kennengelernt und sie sind die warmherzigsten Menschen, die ich kenne. Hier wird vielleicht gebusserlt und gedrückt, man nickt sich am Anfang eher schüchtern zu, aber wenn einmal ins Herz geschlossen, kommt man da auch so leicht nicht wieder weg.
5. Ein Garten in der Stadt zu haben ist verdammt cool
Am Samstag erst frühstücken gehen, dann vielleicht ins Kino und am Abend in der Lieblingskneipe versacken. Und dann am Sonntag Kartoffeln aus der Erde ziehen, Pflaumen vom Baum pflücken, grillen, Eis essen und in der Hängematte dösen und nichts hören außer Vogelgezwitscher und das ab und an vorüberziehende Flugzeug – das ist für mich die absolut perfekte Mischung! Denn aufs Land ziehen, kommt für mich nicht infrage. Seit letztem Jahr habe ich ein Stück Natur mitten in Hamburg in Form eines Schrebergartens, und es ist genial!
6. Es gibt noch immer Ecken, die ich nicht kenne
Zehn Jahre und vor allem mein Job bei Mit Vergnügen machen mich, so würde ich zumindest behaupten, zur recht versierten Hamburg-Expertin. Doch trotzdem merke ich immer wieder, dass ich Gastrospots, Ausflugsziele oder ganze Viertel nicht kenne – und das ist wirklich gut so. Denn so vergeht mir meine Entdeckerlaune nicht, wäre ja auch langweilig, jede Ecke der Stadt zu kennen und nie überrascht zu werden.
7. Trotz der ganzen Auswahl hab ich meine Lieblingsläden
Bars, italienische Restaurants oder Frühstückspots: Hamburg hat von allem viel, ja sehr viel zu bieten. Alleine die Anzahl der Tipps, die wir für euch auf Mit Vergnügen parat haben, zeigt das. Und vielleicht liegt es auch am Job, für den ich so viel in Hamburg unterwegs bin, aber privat habe ich meine handvoll Lieblingsläden, in die es mich immer wieder zieht. Und, da bin ich ganz ehrlich, ich bestelle dort auch meistens das gleiche Gericht. Ups.
8. Sie kommen alle wieder
Wie schon erwähnt, war ich mein erstes Jahr in Hamburg ziemlich einsam. Alle Freund*innen hatte es in andere Städte verschlagen. Einige blieben nah genug, in Kiel oder Oldenburg, andere zogen bis ans andere Ende der Bundesrepublik nach München. Doch ich kann bestätigen: Nordlicht, bleibt Nordlicht. Denn egal wie weit weg, die meisten Freund*innen hat es zurück nach Hamburg gezogen. Und die, die noch nicht hier sind, spielen immerhin mit dem Gedanken. Das Ausharren hat sich also gelohnt!
9. Der Roller ist die beste Fortbewegungsart
Klingt vielleicht bescheuert, aber eine Vespa oder noch besser ein E-Roller bringt einen in Hamburg wirklich am besten durch den Verkehr und vor allem hat man keine Parkplatzprobleme. Trifft auch alles aufs Rad zu, aber da wären eben noch die teilweise wirklich beschissenen Radwege plus Schweißflecken auf der Contraliste. Während beim Rollerfahren der Wind um die Beine weht und Hamburg bildschön vorbeizieht. Ich spreche hier übrigens vehement NICHT von Tretrollern, vor diesen Monstern habe ich Angst.
10. Hamburg hat die schönsten Joggingstrecken
Mein 2013-Ich würde sich über diese Aussage ganz schön wundern. Denn Laufschuhe hatte ich damals nur zum Spazieren oder Clubben an. Vor ein paar Jahren ist mir das Laufen dann ganz plötzlich ans Herz gewachsen und Hamburg hat es mir leicht gemacht, mich aufzuraffen. Denn verschwitzt auf die Hafenkräne zu schauen, während bei der Feierabendrunde die Sonne hinter dem Hafen untergeht, ist wirklich unschlagbar. Eine Runde um die Alster ist vielleicht beliebt, aber auch so schön, dass die Kilometer einfach vergehen.
11. Ich will hier nicht mehr weg
Zehn Jahre Hamburg reichen mir einfach nicht – ich will hier nicht wieder weg. Ich sehe mich hier mit Familie sowie als Seniorin. Besonders dann habe ich einen ganz genauen Plan, wie mein Alltag aussehen wird. Als Rentnerin werde ich mich als Gasthörerin in Geschichts- und Literaturvorlesungen an der Uni einschreiben, mit meinen Freundinnen Sonntagvormittag ins Kino gehen und in meinem Lieblingscafé jeden Freitag frühstücken gehen. Und hoffentlich immer noch die Elbe entlang joggen.