Ist Monogamie eigentlich out oder hab ich nur Angst um meine Beziehung?

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Über die Hälfte der Deutschen glauben, Monogamie sei gegen unsere Natur. Das geht zumindest aus einer Umfrage von Statista hervor. Es scheint immer mehr Menschen zu geben, die das klassische Beziehungsmodell kritisch hinterfragen und lieben, wen und wie viele sie wollen. Ich frage mich: Ist das Hedonismus, menschliche Natur oder habe ich nur Angst um meine Beziehung?

Alle meine Freunde sind monogam… und unglücklich?

Ich war lange Single. Zu lange vielleicht. Was ein gute Beobachterposition darstellte, denn natürlich ist man als in "Sünde Lebende" die perfekte Person, um Beziehungsprobleme zu besprechen. Wie oft ich zuhörte, wie meine BFFs sich über ihre Ehemänner oder Partner auskotzten, kann ich kaum schätzen. Sie wussten, dass ich natürlich auf ihrer Seite sein und ihnen zustimmen würde in ihren teils krassen Meinungen (ob nun objektiv fair oder unfair) über das vermeintlich starke Geschlecht, das sie in diesem Jahr aber noch nicht ein einziges mal so richtig durchgefickt hat, wie sie es sich innerlich wünschten. "Das ist nicht nur traurig, es ist ein verdammt schlechtes Zeichen. Ihr seid ja noch nicht mal verheiratet. Wie kommt's?", fragte ich damals, meinen Tee in der Mathilde Bar am Grindel umrührend, obwohl ich die Antwort darauf ganz genau wusste. Weil beide sich einfach nicht mehr zueinander hingezogen fühlen. Laut sagen konnte ich das natürlich nicht.

Damals dachte ich, es sei das unabdingliche Zeichen, dass die Beziehung zum Scheitern verurteilt ist, wenn man aufhört, regelmäßig und gerne miteinander zu schlafen – und die Ehe eh der Tod aller Lust sei. Heute bin ich selbst in einer Beziehung und hinterfrage meine eigenen Vorstellungen und die Tipps, die ich damals meinen Freundinnen gegeben habe.

Monogamie funktioniert nur für eine gewisse Zeit, oder?

© Christian Lue | Unsplash

Irgendwann wird es mir im Bett eh langweilig mit der gleichen Person. Dann muss schon jemand neues her oder ein Fehltritt bahnt sich unweigerlich an. Das dachte ich nicht nur über die Beziehungen meiner Freundinnen, auch über meine potenzielle eigene. Heute sehe ich, wie krass der persönliche Ist-Zustand die aktuelle Meinung prägt. Und wie gemein das war, meiner BFF damals so viel Angst einzujagen. Ist man gerade Single, ist es schwer, sich vorzustellen, dass man zeitweise zu gestresst für Intimität mit dem*der Partnerin ist, oder es auch mal sein kann, dass man einfach keine Lust hat, ohne gleich eine Trennung in den Raum zu stellen – oder ein Fremdgehen.

Der Gedanke von "erlaubtem Betrug" fasziniert mich seitdem ich zwei Pärchen kennenlernte, die nicht monogam leben. Interessiert fragte ich sie bei jeder Gelegenheit nach ihren Regeln aus. Eines von ihnen besteht aus einer viel reisenden DJ und ihrem Freund, der ebenfalls in der Veranstaltungsbranche tätig ist. Sie öffneten ihre Beziehung, als sie einen Missstand feststellten und ihnen Video-Sex nicht mehr ausreichte. Wenn sie unterwegs sind, können sie schlafen, mit wem sie möchten. Keine Nummern, keine Namen, es geht nur um Sex. Zuhause ist 0815-Pärchenalltag angesagt und es funktioniert. Sie sind noch zusammen und scheinen super happy. Das andere Duo hat sich mittlerweile getrennt und das wundert mich wenig. Sie wollte unbedingt mit anderen Männern schlafen, also stimmte er der Vereinbarung zu, ohne selbiges auch zu wollen – zugegeben sehr blauäugig und ihm wurde kurzerhand das Herz gebrochen.

Ist Monogamie was für mich?

Diese Frage kann ich in meinem aktuellen Ist-Zustand mit Ja beantworten. Aber wer weiß, was die Zeit bringt. Ich bin weiterhin fasziniert von der Liebe mit mehr als einer Person, rate es aber niemandem mehr sofort, sobald es mit dem*der Partner*in im Bett (oder wo auch immer meine Freundinnen so Sex haben) mal für ein paar Wochen nicht glatt läuft. Und teilen möchte ich meinen Freund gerade echt so gar nicht – ob das gegen die menschliche Natur ist, oder nicht!

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