Eine Odé an die Sternbrücke & wie es für die einzelnen Läden weitergeht

© Lena Müller

Die Sternbrücke wird im kommenden Jahr trotz vieler Proteste und zahlreicher Kritik erst abgerissen und dann modernisiert, sowie um Gleise für Fernzüge erweitert. Mit dem Beginn des riesigen Bauprojektes verschwindet ein einzigartiger Teil von Subkultur. Kann man sich als Hamburger*in überhaupt auf 2024 freuen, wenn man im neuen Jahr doch auf einen so essenziellen Kulturankerpunkt verzichten muss? Wir haben uns mal informiert, was mit den einzelnen Läden rund um die Sternbrücke passieren wird und sagen hiermit offiziell und mit gebrochenem Herzen Tschüss, an eine von Hamburgs tollsten Ecken.

Was passiert genau mit der Sternbrücke?

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Ich habe selbst lange unweit der 100 Jahre alten und eigentlich unter Denkmalschutz stehenden Sternbrücke gewohnt und deswegen zum Umbau viele sowie große Gefühle – damit bin ich nicht alleine. Hamburg trauert nicht nur um den kulturellen Wegbruch, auch optisch lässt das, was der Hamburger Senat und die Deutsche Bahn dort statt der zum Vibe der Schanze so passenden Sternbrücke planen, zu errichten, sowas von zu wünschen übrig.

Die Initiative Sternbrücke setzt den neuen Bauplan mit ugly Sneakern gleich und I don’t disagree: Als hässlich, riesig (108 Meter lang), teuer (125 Millionen Euro, die sich Stadt und Bahn teilen sollen) und absolut unbeliebt – so scheint das Projekt bisher von den Hamburger*innen bewertet zu werden. Umweltbewusster soll es jedoch werden, weil es das nachhaltige Fortbewegungsmittel, ergo die Bahn, fördert. Und die Planung sieht wohl auch mehr Platz für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen vor. Na, das ist ja auch das Mindeste, was man erwarten kann, wenn man eine von Hamburgs beliebtesten Ecken abreißt und gleich mehrere der anliegenden Clubs, Bars, Kioske und Gastronomien rausschmeißt.

Intensiv haben wir nach einem Weg gesucht, die denkmalgeschützte Brücke und die unter ihr ansässigen Musik-Clubs an diesem Ort erhalten zu können. Mehrere Gutachten haben leider gezeigt, dass ein Erhalt der Brücke nur unter erheblichen verkehrlichen und finanziellen Auswirkungen möglich gewesen wäre.
Jana Schiedek (SPD), Staatsrätin für Kultur und Medien, 2020

Klar, war hier manchmal Stau oder Verkehrschaos, aber das lag nicht an der Brücke, sondern an Baustellen um sie herum. Klar, hat es manchmal an klaren Tagen aus unerklärlichen Gründen unter ihr geregnet (why?). Und klar, hat es mich als Radfahrerin manchmal genervt, dass es an der Stresemannstraße keine adäquaten Radwege gibt. Dennoch werde ich dieses ganz besondere Stückchen Hamburg extrem vermissen. Zum einen sind da natürlich die Clubs.

Was passiert mit den Läden und Clubs an der Sternbrücke?

Das Fundbureau, die Beat Boutique und der Waagenbau veranstalten am 31. Dezember ihre Abrisspartys, genau wie die Astra Stube. Einige der Dönerläden haben ihre Fenster bereits verbarrikadiert und auch die Menschen und Tacos von Saint Pablos müssen sich Ende des Jahres verabschieden. Für das Taco-Duo Casey und Amelie geht es in den USA, genau genommen nach New England, wo sie ihre Leckereien wieder aus dem Foodtruck anbieten werden, mit dem der Hype gestartet hat. Sie versprechen uns per DM, die Rezepte der legendären Tacos der Sternbrücke in Videoform bei Instagram hochzuladen, sodass "Saint Pablos überall auf der Welt genossen werden kann". Das sei ihr größter Traum.

Wir waren die Newcomer auf der Ecke und haben das Gefühl, das Gebäude hat damals auf uns gewartet. Kein Konzept hat es wirklich geschafft in unserem Spot lange zu überleben, aber bei uns hat es einfach perfekt gepasst. Wir werden diese Zeit nie vergessen!
Casey und Amelie von Saint Pablos
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Ob die Kioske an neuer Stelle eröffnen, dazu konnten wir leider nichts herausfinden. Konkrete Pläne zu einem neuen Standort hat aber beispielsweise das Fundbureau und die Beat Boutique, so liest man u.A. im NDR. Beide Clubs werden hoffentlich kommendes Jahr in den Kassematten hinter den Deichtorhallen wiedereröffnen. Feiern am Hauptbahnhof? Ich weiß ja nicht. Wir versuchen mal, optimistisch zu bleiben und geben Hamburgs neuer Partymeile in der Altstädter Straße definitiv eine Chance – aber an den unverkennbaren Vibe der Sternbrücke wird der neu gebaute Komplex sicher nicht rankommen.

Dazu kommt, dass das Publikum sich zwangsläufig ändern wird. Gewaltfrei feiern ist erfahrungsgemäß nahe des HBFs nicht so drin. Aus Sicht der Besitzer*innen der Clubs ist der Umzug durchaus verständlich: Von der Stadt subventioniert, zahlen Fundbureau und Beat Boutique beispielsweise verhältnismäßig günstige neun Euro Miete pro Quadratmeter und können relativ schnell nach Schließung wieder öffnen.

Vom Waagenbau hören wir exklusiv, dass die Chefs in fortgeschrittenen Verhandlung sind, bezüglich einer neuen Location in Altona. Das würde uns sehr, sehr freuen und es passt auch, wie die Faust aufs Auge. Dennoch endet am 31. Dezember mit der großen Abrissparty (vorerst) eine Ära für die Läden.

Hamburg verliert immer mehr solcher Ecke, gerade kam die News rein, dass auch dem Molotow an der Reeperbahn gekündigt wurde. Für den Bau eines Hotels. Uns macht diese Entwicklung traurig, schließlich gehört Clubkultur eben auch zu Hamburg. Wir halten euch weiter auf dem Laufenden zu dem Projekt und auch, wie man die Läden unterstützen kann.

Wir hoffen 2024 auf ein Ende des Clubsterbens in Hamburg und wünschen uns ein paar spannende Neueröffnungen, in der wir unsere Trauer wegtanzen können.

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