Ich war noch nie auf dem Hamburger DOM und habe es auch nicht vor
Der Hamburger DOM ist eigentlich ein Muss – egal ob für Einheimische oder Touris. Nicht umsonst besuchen jedes Jahr mehrere Millionen Menschen das größte Volksfest Norddeutschlands und spülen noch mehr Millionen in die Kassen der Buden-Betreiber*innen, Schausteller*innen, Hotels und Gastronomie. Und ich frage mich jedes Jahr im April, Juli und zum Start des absoluten Endgegners, dem Winterdom, aufs Neue, wieso man sich das freiwillig antut. Hallo, ich bin DOM-Gegnerin.
Wieso der DOM für mich nichts mit Hamburg zu tun hat
Bevor jetzt Panik auftritt, lasst mich euch erklären, wieso ich den DOM nicht mag. Eigentlich ist das ganz einfach zu erklären: Für mich hat das Getummel auf dem Heiligengeistfeld absolut nichts mit Hamburg zu tun. Köln hat den Karneval, der – so lese ich es bei unseren vergnügten Kolleg*innen aus der Stadt der Jecken – auf eine über 200 Jahre lange Tradition zurückblicken kann. Pluspunkt: Es wird so, so, so viel Kölsch getrunken, was ja quasi deren Leitungswasser ist. München hat das Oktoberfest, was mein absolutes Horrorszenario ist. Aber selbst hier, abseits des Kotzhügels, der jedes Jahr wieder durch die Medien geht, sehe ich den kulturellen Mehrwert. Es werden traditionelle Lieder gesungen, Kostüme angezogen, man besinnt sich auf seine Wurzeln. Kauf' ich alles. Und was haben wir? Weinende Minions. Cool!
Anti-Dom aber pro Hamburg!
Auch bei uns im Büro hat die Info, dass ich noch nie auf dem DOM war und ihn ganz bewusst boykottiere, unglaubwürdige und fragende Gesichter hervorgerufen. Für mich nichts Neues, DOM-Lieberhaber*innen sind überall, ich bin aber gern anders und abseits des Mainstreams unterwegs.
Was ich denn sonst machen würde, wenn Besuch kommt, werde ich unter anderem gefragt. Ähm, wie lange habt ihr Zeit? Zum Beispiel ins Auswanderermuseum BallinStadt gehen. Oder auf den mehr als hanseatischen Fischmarkt. Oder in die historische Speicherstadt und meinetwegen auch in die Elphi oder auf den Michel. All diese Hotspots sind bei Weitem hamburgischer als ein Riesenrad, überteuerte Wegwerf-Bären und zerbeulte Autoscooter, die zu schlechter Popmusik gegeneinander crashen. Nein, danke!
Für mich hat das Getummel auf dem Heiligengeistfeld absolut nichts mit Hamburg zu tun. Köln hat den Karneval (…) München hat das Oktoberfest(…). Und was haben wir? Weinende Minions. Cool!
Hat der Hamburger DOM etwas Traditionelles an sich? Letztens erst schrieb meine Kollegin eine Ausgabe unserer Reihe "Hamburg hakt nach" über den DOM. Darin fand ich spannende, neue Informationen heraus, denn darin beantwortet sie die Frage, wieso unser "Dom", wie vielerorts üblich, denn keine Kirche ist. Ich staunte beim Lesen nicht schlecht, denn tatsächlich beginnt die Geschichte des Hamburger DOMs doch mit einer Kirche:
Im 11. Jahrhundert wurden Gotteshäuser nämlich für unterschiedliche Zwecke genutzt – bei schlechtem Wetter und im Winter zum Beispiel durften Händler*innen ihre Waren im Hamburger Mariendom anbieten. Na ja, zumindest bis der Erzbischof sie verbannte. Zu bunt war das Treiben, zu gottlos ihre Waren. Also organisierten sich die Schausteller*innen folglich auf dem Heiligengeistfeld – scheinbar war dem Geist das egal...
Schaut an, so schließt sich der Kreis. Fast wie ein Riesenrad. Nur ist heute von der Tradition wenig übrig geblieben. Hamburger Schausteller*innen sieht man wenige. Nur das Heidnische ist geblieben. Demnach bleibe ich dabei, dass unsere schöne Stadt doch so viel ehrlich Hübsches zu bieten hat, als Planten un Blomen zum Beispiel oder den Altonaer Balkon mit fantastischem Blick auf den Hafen. Alles, was man vom hoch über der Reeperbahn ragendem Fahrtgeschäft sieht, wenn einem denn die Pommes bei der Höhe nicht wieder hochkommen, sind die grellen Lichter der wohl berühmtesten Partymeile Deutschlands und sicher auch viele unserer schönen Baustellen. Da habe ich von meinem persönlichen Balkon aus ja eine bessere Aussicht, weniger Panik vorm Gondelabsturz und muss nicht einmal etwas bezahlen. Dafür kaufe ich mir lieber ein kühles Alsterwasser und 'nen frischen Bismarckhering im Brötchen. Moin!