Hamburger Maultasche: Der scheinbar endlose Hamburger Winter

© Marek Studzinski | Unsplash

Die Maultasche. Ein grandioses Gericht aus meiner Heimat Baden-Württemberg, eine kleine Tasche aus Nudelteig mit allerlei Füllung, die in Brühe oder aus der Pfanne serviert wird. Die Maultasche ist aber auch eine wunderbare Beschreibung für mein wütendes Ich. Unter diesem Alias maule ich in dieser Reihe einfach mal rum. Rege mich über alles auf, was mich an meiner geliebten Wahl-Heimat Hamburg so richtig nervt. Über verspätete S-Bahnen, tiefe Pfützen, trockene Franzbrötchen, fehlendes Bargeld, aggressive Tiere und weitere wenig schöne Dinge, die das Leben so bereithält. Ihr habt noch mehr Ideen, über was ich maulen kann? Dann schickt mir eine E-Mail und ich nehme mich euren Themen an. Denn wie sagt man so schön: Zusammen mault es sich am besten!

"In Hamburg regnet es doch immer", "Schietwetter-Hauptstadt" und "Oha, ist das hier dunkel und trist". Nur einige der Sätze und Vorurteile über das Wetter der Hansestadt, die Hamburger*innen nicht mehr hören können. Aber leider sind diese eben oft sad, but true. Wir wissen das schon selbst, schließlich sind wir heute Morgen erst in eine Pfütze getreten oder der Knirps wurde uns von einer Böe aus der Hand gerissen. Das ist eben unser tägliches Geschäft – wir haben uns damit abgefunden. Da gibt es aber etwas, was gar nicht klar geht und darüber möchte ich mich heute mal auskotzen. Ich spreche von dieser Jahreszeit, die sich meist schon Mitte Oktober anbahnt und dann bis April nicht mehr aus Hamburg ausziehen will. Wenn der Wind mit doppelter Boshaftigkeit weht, der Nieselregen noch doller ins Gesicht schlägt und die Tage eigentlich nur fünf Stunden haben. Denn nur in dieser Zeit ist es so hell, dass sich ein Tag überhaupt als ein solcher bezeichnen lassen kann. Ihr erahnt es schon – ich spreche vom Hamburger Winter.

Mit besonders schönen Wintern à la Schnee, blauer Himmel plus strahlendem Sonnenschein können abgesehen von uns Hanseat*innen auch wenige andere Teile von Deutschland rechnen. So liegt die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten in unserem Land zwar bei rund 12,5 Prozent, kommt aber statistisch gesehen nur alle acht Jahre vor. Aber an Weihnachten leuchten wenigstens an allen Ecken noch Lichter, liegen Geschenke unter dem bunt geschmückten Baum und läuft das Raclette-Eisen heiß. Sobald wir dann aber die magische Neujahrsschwelle überschritten haben, ist es endgültig vorbei mit der guten Laune.

© Lisa Greis

Meine unzähligen, beinah schon verzweifelten Selfies am Morgen lassen erahnen, wie mich diese schier endlose Zeit fühlen lässt: müde, genervt und lustlos. Denn auch der dritte Kaffee macht in diesen Monaten nicht so richtig wach und selbst mit Kniestrümpfen friere ich auf dem Weg zum Supermarkt. Außerdem schaltet sich der Kopf um 16 Uhr ganz automatisch aus und an Produktivität ist nicht mehr zu denken (Grüße an die Chefs an dieser Stelle). Was auch bedeutet, dass nach Feierabend nur selten soziale Kontakte gepflegt werden, denn dafür bin ich dann weiterhin einfach zu müde!

Generell frage ich mich, wieso wir das nicht wie so viele Nagetiere machen – sich einfach ein paar Wochen oder besser Monate am Stück verkriechen, einrollen und Winterschlaf machen. Zu gerne würde ich diese dunkle Zeit einfach verschlafen. Das klingt jetzt alles gar nicht gut, beinahe ist mir nicht mehr zum Motzen, sondern eher ein bisschen zum Weinen zumute. Aber ich kriege das hin und komme da gut raus. Da das aber nicht allen Menschen so geht, möchte ich an dieser Stelle folgenden Hinweis geben: Solltet ihr euch im Winter ähnlich oder gar schlimmer fühlen, so schlimm, dass es sich gar nicht mehr richtig anfühlt, dann sprecht darüber. Mit wem auch immer, wenn ihr das lieber anonym machen möchtet, dann klingelt bei der Telefonseelsorge durch. Denn ich möchte euch mit diesem Text nicht runterziehen oder ein schlechtes Gefühl geben. Aber wenn sich das Leben so schwer wie gerade beschrieben anfühlt, darf es nicht so bleiben.

Die Tageslampe + Ich = Perfect Match

Nicht nur maulen, auch machen ist hier jetzt also Phase. Ein paar Lösungsvorschläge, die zumindest ein paar Stunden die graue Jahreszeit vergessen lassen, habe ich dann doch für euch. Mein Lebensretter Nummer Eins ist die Tageslichtlampe. Wem auch immer ich diese geniale Erfindung zu verdanken habe – ich würde sogar deine Füße küssen! Oder deine grell erleuchteten Augen, denn so funktioniert dieses Ding: Ihr setzt euch einfach davor und lasst euch beleuchten. Pro-Tipp: Meine Lampe steht auf dem Schreibtisch, strahlt mich an und während ich diese Zeilen schreibe, fühlt sich mein Zimmer fast ein bisschen so an, als wäre es Mitte Mai. Außerdem solltet ihr spätestens jetzt dem Rat eurer Mama folgen und euch alle Vitamine, die ihr nur kriegen könnt, einverleiben – ach, und stay hydrated kids!

Und ich weiß, ich habe davon gesprochen, wie ich mich bereits um 16 Uhr nicht mehr imstande fühle, etwas zu unternehmen. Dann will ich mich am liebsten in Embryonalstellung in diverse Decken einrollen und schlummern. Aber was in dieser dunkeln und tristen Zeit so wirklich hilft, sind soziale Kontakte. Das gesellige Beisammensein und vor allem füreinander da sein. Denn wir wissen alle, es motzt sich nicht nur besser zusammen, auch den unschönen Hamburger Winter übersteht es sich zusammen deutlich einfacher!

@mit_vergnuegen_hamburg ♬ original sound - vicmram

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