11 Gedanken, die ich nicht gedacht hätte, als Mutter zu haben

© Birte Hecht

Wickeln, Pastinaken pürieren, Läusekamm benutzen: Junge Eltern können sich auf vieles vorbereiten und schon vor der Geburt eines Kindes einige nützliche Dinge erlernen, die das Leben mit einem kleinen Menschen leichter machen. Aber niemand bereitet einen auf den Zwiespalt der Elternschaft vor, auf die widerstreitenden Gefühle und Gedanken, die auf einen einprasseln, wenn das Lütte da ist. Mitunter sind es sogar Überlegungen, für die man sich schämt. Ihr findet euch in diesen 11 Gedanken wieder? Wunderbar, denn wir sitzen doch alle im selben Boot – ohne Seediensttauglichkeit, ohne Kompass, aber dafür mit einem stetig größer werdenden Leck im Rumpf.

1. "Mir ist so langweilig."

Unzählige Runden mit dem Kinderwagen drehen, zum x-ten Mal dasselbe Buch anschauen oder minutenlang eine Ameise auf dem Gehweg beobachten: Das Leben mit Kindern besteht zu einem großen Teil aus festen Routinen und unzähligen Wiederholungen. Während sie den Kleinen Sicherheit und Struktur geben, sind sie für Erwachsene manchmal einfach nur öde. Als mein Sohn noch ein Baby war, beneidete ich jene Menschen glühend, die mit ihren älteren Kindern auf dem Spielplatz herumturnten. Mittlerweile weiß ich: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Spielplätze zu erkunden, ist zunächst aufregend und cool. Bis man merkt, dass das unsicher herumwankende Kind, da Neuling im Lauf-Business, bei jedem Schritt gesichert werden muss und bei jedem Spielgerät Hilfestellung benötigt. Besser wird es erst, wenn sie selbstständiger werden und noch besser: wenn sie mit ihren Buddies allein über den Platz flitzen und du nach Jahren der Selbstaufgabe mal in Ruhe einen (heißen!) Kaffee trinken kannst, ohne alle zwei Sekunden unterbrochen zu werden oder aus dem Augenwinkel checken zu müssen, ob dein Knirps sich nicht gerade vom Klettergerüst stürzt.

2. "Fass mich nicht an.“

Ich habe mich gerade auf die Couch gesetzt, um kurz zu verschnaufen, schon klettert ein kleiner Mensch auf meinen Schoß und schlingt seine Arme um meinen Hals. Ich werde geküsst, gekitzelt und abgeleckt. Finger landen in Nase, Ohren, Mund und was-weiß-ich-noch-wo. Die meisten Babys und Kinder brauchen eine Menge Körperkontakt und fordern ihn auch ein. Ich liebe meinen Sohn aus tiefstem Herzen und genieße das Kuscheln mit ihm – aber es gibt Momente, da möchte ich einfach nicht mehr angefasst werden. Man nennt das Overtouched-Syndrom. Offenbar gibt es auch ein "zu viel des Guten" beim Körperkontakt, nämlich dann, wenn eine Person vom Kuschelhormon Oxytocin förmlich überflutet und das Bedürfnis nach Ruhe immer größer wird. Was hilft? Die eigenen Grenzen respektieren und das Kind darum bitten, dies ebenfalls zu tun. Eine Kuschelpause vereinbaren und sich – wenn möglich – eine kurze Auszeit nehmen.

3. "Ich beneide kinderlose Menschen."

Ein verheißungsvoller Sommertag. Wir sitzen im Entenwerder 1 und blicken auf die Norderelbe. Es könnte der perfekte Sonntag sein – wenn da nicht die unterirdische Laune unseres Sohnes wäre. Eine*r von uns hetzt ständig hinter ihm her, weil er keine Minute ruhig sitzen bleibt, Steine vom Rand des schwimmenden Cafés wirft und dabei jedes Mal um ein Haar selbst ins Wasser plumpst. Seine Spielzeugautos langweilen ihn, der Kuchen schmeckt "nicht schön" und überhaupt kann man ihm an diesem Tag offenbar nichts recht machen. Seufzend schlingen wir Kuchen und Kaffee herunter, packen unseren Kram zusammen und gehen. Unsere neidvollen Blicke streifen die kinderlosen Besucher*innen, die sich bei Aperol Spritz und gegrilltem Käsesandwich entspannt die Sonne auf den Pelz scheinen lassen und wir würden gern mit ihnen tauschen. Ja, auch das ist Elternschaft: An manchen Tagen vermissen wir unsere Unabhängigkeit und das Fremdbestimmt-sein ist schwer zu akzeptieren. Manchmal klappt es gut, die elterlichen und kindlichen Vorstellungen von Freizeitgestaltung zu vereinbaren, manchmal scheitern wir grandios daran.

© Sandy Millar | Unsplash

4. "Ich habe keine Lust auf dieses Spiel."

"Schon wieder Autos spielen?" Für meinen Sohn gibt es nichts Schöneres als seine Spielzeugfahrzeuge. Wir verbringen sehr viel Zeit des Tages damit, die winzigen Modelle umherzuschieben, aneinanderzureihen und fein säuberlich zu parken. Das Kinderzimmer voller alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten wird gekonnt ignoriert, kreative Angebote werden mit Todesverachtung in den Augen abgelehnt und auf dem Duplo liegt bereits eine dicke Staubschicht. Rollenspiele interessieren ihn bisher kaum, dafür soll ausgiebig Fangen und Verstecken gespielt werden. Manchmal habe ich keine Lust dazu, mir beim Wettrennen mit Bobbycar und Lauflernwagen den Rücken zu ruinieren oder stundenlang auf dem Wohnzimmerteppich herumzukugeln – und stehe
dazu.

5. "Wie kann man SO süß sein?"

Ab und an schaue ich staunend auf diese kurzen Beinchen, diese speckigen Händchen und riesigen Kulleraugen mit den nicht enden wollenden Wimpern und kann kaum glauben, dass ein menschliches Wesen SO niedlich sein kann. Wie weich können kleine Wangen sein? Wie köstlich kann warme Kinderhaut riechen? Wie kann es sein, dass ich täglich über seine klugen Worte staune, über seine kleinen Späße lache und so unfassbar stolz auf ihn bin? Dieses absolute Verliebtsein in das eigene Kind gibt es wirklich. Natürlich glotzt man es nicht 24/7 mit feuchten Augen an und man wünscht es sicher genau so häufig dorthin, wo der Pfeffer wächst – aber es gibt eben auch diese Momente absoluter Verzückung. Schnief.

6. "Wie kann sie nur?"

"Oooookay, die Mutter da drüben packt auf dem Spielplatz gerade ernsthaft eine riesige Tüte mit Fast Food aus und versorgt ihre zwei Kinder mit schlapprigen Burgern, fettigen Fritten und zuckersüßer Cola anstatt mit Hummus-Kresse-Vollkornbrot und einer bunten Auswahl an mundgerecht geschnittenem Gemüse. RABENMUTTER!!!" Jupp, das ist tatsächlich so passiert und ja, ich habe diesen Gedanken wirklich gehabt – und mich gleich darauf selbst abgemahnt. Wie komme ich dazu, über diese Mutter zu urteilen? Was weiß ich schon von den Essgewohnheiten dieser Familie? Rein gar nichts. Ich denke, es ist normal, dass man manchmal fiese Sachen denkt und Leute
in Schubladen steckt. Aber zu erkennen, dass man gerade jemanden vorschnell verurteilt und diesen Prozess aktiv zu stoppen, ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Denn Mom-Shaming ist uncool und Perfektion einfach nur anstrengend.

7. "Bitte bleib für immer so klein."

Obwohl mein Sohn gerade ein waschechter "Threenager", also ein launischer Teenager im Körper eines Dreikäsehochs ist, mag ich sein derzeitiges Alter wirklich gern. Sicher können die vermeintlich kleinsten Lappalien ihn an den Rand eines Nervenzusammenbruchs treiben, er hat einen absoluten Dickschädel (Entschuldigung, ich meine natürlich, er ist sehr willensstark und entscheidungsfreudig) und sein derzeitiger Lieblingssatz lautet: "Das ist MEINE Entscheidung." Aber er ist auch einfach ein herzensguter, kleiner Kerl, der viele Flausen im Kopf hat, uns täglich zum Lachen bringt und am liebsten niemals groß werden soll. Klingt wahnsinnig kitschig, ist aber so.

© Nicholas Safran | Unsplash

8. "Backen mit Kleinkind ist meine Nemesis."

Ich habe mich lange dagegen gewehrt, mir einzugestehen: Ich hasse Backen mit Kindern. Mir gefällt die romantisierte Vorstellung, an einem klirrend kalten Adventssonntag mit meinem Spross in der Küche zu stellen, Teig auszurollen, Plätzchen auszustechen und sie nach dem Backen hübsch zu verzieren, während vor dem Fenster dicke Schneeflocken fallen und aus der Toniebox "In der Weihnachtsbäckerei" dudelt. Doch die Realität sieht anders aus. Ich bin während des Vorgangs wahnsinnig angespannt, weil ich die Vorstellung von Mehl in allen Küchenschubladen und plattgetretenen Teigresten auf dem Boden nicht ertragen kann. Daher wische ich während der gesamten Prozedur hinter meinem Kind her, mahne zur Umsicht – und das ist für keinen von uns spaßig. Mittlerweile weiß ich: Ich muss nicht jede Aktivität, die man traditionell mit Kindern macht, anbieten. Der kleine Knilch kann eine schöne Kindheit haben, ohne zwischen Mehl und Milch eine riesengroße Kleckerei zu veranstalten. Oder er backt einfach mit seinem Vater.

9. "Sollte ich das auch so machen?"

Ich beobachte eine Mutter, die ihr Kind nach dem Spielplatz sorgfältig mit Feuchttüchern abwischt und ihm die Hände desinfiziert. Und frage mich: Bin ich in Hygiene-Fragen zu lax? Ich sehe einen Vater, der seinen Spross beim Überqueren einer Straße an die Hand nimmt und überlege: Traue ich meinem Kind im Straßenverkehr zu viel zu? Ich sage meinem Sohn, der mir auf dem Heimweg von der KiTa ständig mit seinem Laufrad vor die Füße fährt und dabei "ABSPERRUNG!" brüllt, dass ich dieses Spiel jetzt gerade nicht spielen möchte und registriere den entrüsteten Blick einer uns passierenden Frau*. Sofort meldet sich das schlechte Gewissen und ich denke: Bin ich gerade zu harsch gewesen? Es ist normal, sich mit anderen Eltern zu vergleichen und Erziehungskonzepte nebeneinanderzustellen. Sicher kann man durch das Beobachten anderer auch voneinander profitieren und lernen. Aber es sollte nicht dazu führen, dass man sich ständig als "schlechterer" Elternteil fühlt. Denn wir geben alle unser Bestes.

10. "Ich möchte auf keinen Fall ein zweites."

"Und, wann bekommt euer Sohn denn nun ein Geschwisterchen?" Übergriffe Frage, auf die ich den meisten Personen eine nichtssagende Antwort gebe. Leuten, die mir nahestehen, habe ich darauf auch schon mal ehrlichere Dinge entgegnet wie "Whaaat? Jetzt, wo sich das Kind endlich selbst ein Brot schmieren, eigenständig auf Toilette gehen und sich in weniger als 30 Minuten die Schuhe (mit Klettverschlüssen) anziehen kann? Jetzt, wo ich wieder ausgehen oder auch mal ein Wochenende verreisen kann?No way!" Auch jetzt, nach über drei Jahren, fällt mir die Vorstellung schwer, meine wiedergewonnenen Freiheiten aufzugeben. Wollen wir überhaupt ein zweites Kind? Oder spielen wir nur mit dem Gedanken, weil die Gesellschaft uns weismacht, dass wir weiteren Nachwuchs wollen sollten? Ich habe noch keine abschließende Antwort auf diese Frage gefunden …

11. "Ich möchte ganz vielleicht doch ein zweites."

… und trotzdem drängt sich mir hin und wieder dieser Gedanke auf. Elternschaft bedeutet Ambivalenz als Dauerzustand. Ein manchmal stündliches Schwanken zwischen Gedanken wie "Mir ist das alles zu viel" und "Ich will mehr davon", zwischen Überlegungen wie "Ich brauche endlich mal wieder Zeit für mich" und dann der kribbelig-warmen Vorfreude im Bauch, wenn man das Blag vom Kindergarten abholt. Und das ist okay.

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