Beziehungsstatus: Dauersingle
Mein Leben könnte eigentlich ohne weiteres das Drehbuch für einen klassischen Coming-Of-Age-Film sein, der zwischen Heiligabend und Silvester jedes Jahr im Fernsehen wiederholt wird: Im Alter von 25 Jahren befinde ich mich auf dem Weg zur Journalistin, eine heldenhafte Protagonistin, die aus einem winzigen Dorf in die aufregende Großstadt gezogen ist. Dort habe ich während meines Studiums nicht nur viel gelernt, sondern auch lebenslange Freundschaften geschlossen. Ich habe Krisen gemeistert, wilde Partys gefeiert und meinen Platz in dieser verrückten Welt so gut wie gefunden. Aber wenn es um die Liebe geht, nun ja, da habe ich anscheinend den falschen Drehbuchautor erwischt. Denn in Sachen Liebesbeziehungen scheitere ich immer wieder, bevor sie überhaupt begonnen haben.
Wenn ich jetzt vom "Scheitern" spreche, meine ich nicht die üblichen romantischen Verstrickungen oder Trennungsdramen. Diese sind mir bisher gänzlich erspart geblieben. Ich bin seit 25 Jahren Single, seit meinem ersten Atemzug auf dieser Welt und so langsam fange ich an aufzuhören, mir den Kopf darüber zu zerbrechen. Ich bin mit meinem “Single-Sein” natürlich nicht alleine. Laut einer Statista-Umfrage lebten 2021 in Deutschland etwa 5,01 Millionen Personen, die sich selbst als überzeugten Single beschreiben.
Ich habe mich in endlosen Herzschmerz-Playlists verloren, ohne wirklich zu wissen, was es eigentlich wirklich bedeutet, Liebeskummer zu haben.
Auch ich glaube, dass man auch ohne Partner*in glücklich sein kann, ich kenne es ja nicht anders und würde meinen Alltag schon als glücklich und erfüllt beschreiben. Aber – um ganz ehrlich zu sein – ich wäre nicht ich, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich zwischendurch immer mal wieder ein kleines bisschen verzweifelt war. Am schlimmsten war die Verzweiflung immer dann, wenn Freund*innen mir sagten, es würde "passieren, wenn man am wenigsten damit rechnet" – in meinem Falle also: nie. Denn ich rechne immer damit. Hänge in Gedanken oft der Hoffnung nach, vielleicht heute in diesem Café, oder dieser Bar den einen zu finden. Oder doch beim Sport, oder im Bus, in meinem Hausflur oder, oder, oder… Es könnte doch wirklich immer und überall passieren.
Zu viele Stunden meiner Bildschirmzeit habe ich in den letzten Jahren auf Dating-Apps verschwendet, unzählige Nächte überlegt, ob ich vielleicht eine radikale Frisur- oder Style-Änderung vornehmen sollte, und mich sogar für eine TV-Dating-Show beworben, in der ich mir die Liebe auf den ersten Blick erhoffte.
Ich zweifelte viel an mir selbst, habe den Grund immer zuerst bei mir gesucht. Es gab Momente, in denen ich meine sexuelle Orientierung infrage stellte – vielleicht sollte ich einfach nach dem anderen Geschlecht Ausschau halten? – und Momente, in denen ich mein ganzes Wesen hinterfragte. Ich habe mich in endlosen Herzschmerz-Playlists verloren, ohne wirklich zu wissen, was es eigentlich wirklich bedeutet, Liebeskummer zu haben. Mit meinen Freund*innen habe ich über die Weisheiten der Liebe diskutiert und sogar Ratschläge erteilt, ohne wirklich zu verstehen, wie das Ganze eigentlich funktioniert.
Ist Alleinesein ein trauriges Dasein?
Doch ganz unerfahren bin ich auch nicht, ich habe zahlreiche Dates gehabt, unzählige Männer kennengelernt, für einige sogar Gefühle entwickelt, Zeit und Mühe investiert und dabei von einer Zukunft geträumt, in der es endlich, dieses eine Mal, funktionieren würde. Doch das tat es nie. Das Ergebnis? Wochenlanges Selbstmitleid, Ängste und Zweifel und die Sorge, vielleicht nie den Richtigen zu finden.
In unserer Gesellschaft wird es oft akzeptiert, wenn man todunglücklich in einer Beziehung feststeckt. Aber wehe, man erzählt den Leuten, dass man ohne Partner*in glücklich ist – dann wird's kompliziert. Es gibt heutzutage so viele Feierlichkeiten, die mit Beziehungen verbunden sind: von Verlobungspartys bis hin zu Reisen zu Junggesell*innenabschieden und all die tollen Fotoshootings, die mit diesen Veranstaltungen einhergehen. Man wird auf jeder Familienfeier gefragt, ob da denn “nun endlich mal jemand sei”, man schaut sich Menschen im Fernsehen an, die sich verlieben, ihr perfektes Brautkleid finden und heiraten, ohne sich auch nur ein einziges Mal gesehen zu haben.
In unserer Gesellschaft wird es oft akzeptiert, wenn man todunglücklich in einer Beziehung feststeckt. Aber wehe, man erzählt den Leuten, dass man ohne Partner*in glücklich ist – dann wird's kompliziert.
Und man sieht Menschen, die die Liebe eben nicht finden. Die als "Verlierer*innen" dastehen und nicht mehr als eine große Portion Mitleid abbekommen. All das kann das Alleinsein wie einen traurigen Status erscheinen lassen. Zudem bekommt man durch Serien, Bücher und Filme Bilder von Beziehungen vorgeschrieben, die den individuellen Bedürfnissen vielleicht gar nicht entsprechen. Muss man nach dem ersten Kuss weiche Knie bekommen und liebestrunken mit einem Dauergrinsen durch die Straßen hüpfen?
Vielleicht ist es für all die Dauer-Singles da draußen an der Zeit, gewisse Vorurteile und Erwartungen zu erkennen, abzulegen und zu merken, dass das Leben als Single genauso erfüllend und aufregend sein kann, wie in einer Partnerschaft. Denn auch wenn ich bisher nicht die Liebe meines Lebens gefunden habe, bedeutet das nicht, dass mein Leben weniger lebenswert ist. Auch das immer wiederkehrende Bedürfnis nach einer Liebesbeziehung ist vollkommen okay und spricht mir gleichzeitig aber auch nicht ab, ohne genauso glücklich zu sein.