Reisevergnügen: Auf ins Abenteuer nach Nova Scotia, Kanada
Denke ich an Kanada, sehe ich unendliche Weiten von Landschaften, Bären, Elche, Ruhe und gleichzeitig Abenteuer vor mir. Bilder mit golden angeleuchteten Bergen und auf endlos scheinenden Straßen sitzende Menschen tauchen in meinem Kopf auf.
Noch sitzen wir im Flieger, sehen nichts außer unendlich viel Atlantik unter uns, manchmal ein wenig Schnee, wenn wir an Grönland oder Neufundland vorbei fliegen. Dass auch ich bald in genau dieser Szenerie Platz nehmen werde, kann ich noch gar nicht glauben.
Als der Pilot durchgibt, dass wir in einer halben Stunde landen werden, verändert sich das Landschaftsbild unter uns: Gelbe, orange und rote Bäume ziehen sich über eine Halbinsel, von der ich bisher nur weiß, dass sie Nova Scotia heißt. Spiegelglatte Seen reflektieren das Licht der untergehenden Sonne, vereinzelte Häuser sind aus der Luft zu erkennen.
Kurz und knackig:
Vliegen: Mit Condor in weniger als sieben Stunden in Kanada sein.
Verflixt gut unterkommen: In kleinen, charmanten Inns, die wenig kosten.
Voll gut Essen: Die Küche in Nova Scotia überragt einige der benachbarten States, vor allem wenn man über die Landesgrenze schaut.
Veiern: Wird hier nicht so groß geschrieben, kann man aber in Halifax oder besser mit den Nachbarn.
Viel zu sehen: Gibt es auf Cape Breton, unser Highlight der Reise.
Voll der Insider: Bei Bären nicht weglaufen, sondern stehen bleiben.
„For your safety there has been a sighting of a bear on the Liscomb Trail.“
Der Jetlag holt uns bereits um 06:00 Uhr aus unseren Betten. Die Welt vor den großen Glasfenstern des Hotels schläft noch, als wir hellwach und aufgeregt unsere Taschen packen und auf die Küstenstraße, die an der Ostküste Nova Scotias entlangführt, einbiegen. Halifax, Hauptstadt der Provinz, liegt noch nicht ganz hinter uns, als wir durch die Windschutzscheibe schon das Meer sehen können.
Immer an der Küstenstraße entlang geht es vorbei an Wäldern, weißen Stränden, rauen Klippen und kleinen Orten, bis wir am Liscomb Trail anhalten. Hier soll man eine der schönsten Wanderungen am Liscomb River erleben können. Begrüßt werden wir von einem großen Hinweisschild: „For your safety there has been a sighting of a bear on the Liscomb Trail.“
„Weißt du, was man macht, wenn man einen Bären sieht?“
„Weißt du, was man macht, wenn man einen Bären sieht?“, fragt mein Kameramann Candy. Ich zucke mit den Schultern. „Wegrennen? In den Fluss springen? Auf den Baum klettern?“, entgegne ich und wir müssen beide lachen. Ohne Plan, aber mit klopfendem Herzen machen wir uns auf den Weg. Im Wald ist es still, nur das Rauschen des Flusses ist in der Ferne zu hören. Unsere Ohren nehmen jedes Geräusch wahr, unsere Körpersprache signalisiert nur eins: Angst.
Zwei Angsthasen schleichen sich so leise wie möglich durch den Wald, um bloß keine Bären zu stören oder anzulocken. Als wir nach einem Drittel der Strecke den riesigen Abdruck einer Bärenpfote im Schlamm sehen, kennt unsere Angst keine Grenzen mehr. Ich bin froh, dass Candy zuerst ausspricht, was ich denke: „Also, wollen wir wirklich weiter laufen? Vielleicht sollten wir einfach umdrehen, bevor einer von uns panisch und grundlos in den Fluss springt?“
Ich nicke und wir machen uns eilig auf den Rückweg. Wieder am Auto angekommen, müssen wir über uns selbst lachen. „Gut, dass ihr keinen Bären gesehen habt, ihr habt einfach alles falsch gemacht.“, erklärt uns ein Kanadier mit einem Schmunzeln: „Ihr müsst laut sein, damit der Bär sich nicht erschreckt und wenn ihr doch mal einen Bären zu sehen bekommt, freut euch - aber leise. Selbst die meisten Kanadier haben noch keinen Bären gesehen.“
So einfach ist das in Kanada, dem Land, in dem einfach immer alle nett sind.
Wir fahren weiter nach Cape Breton, in den nördlichen Teil Nova Scotias, wo auch der Cape Breton Highland National Park liegt. Unseren ersten Stop machen wir am North River, wo wir mit Angelo Spinazzola zum Kajaken verabredet sind. Angelo hat sich sein eigenes kleines Paradies am North River eingerichtet: Zwischen Hängematten und Kajaks lebt er in einem Holzhaus, genießt seinen morgendlichen Kaffee auf seiner selbst in den Hang gebauten Holzterrasse mit Blick auf den Fluss.
Nach unserer Tour über den windigen North River setzen wir uns mit ihm und Tall Boy, mit dem er heute seine neuen Ferienhäuser fertig gestellt hat, zu einer spontanen Einweihungsfeier zusammen. Wir schmeißen eine Runde Sandwiches und Bier, Angelo und Tall Boy geben ein Spontankonzert, zu dem immer mehr Nachbarn dazu stoßen. So einfach ist das in Kanada, dem Land, in dem einfach immer alle nett sind.
Nicht ganz seefest mache ich mir gerade noch Gedanken, wie ich die zwei Stunden auf dem Boot überstehe, als die ersten Grindwale nach wenigen Minuten direkt neben unserem Boot auftauchen.
Völlig überwältigt von Eindrücken und Emotionen steigen wir am nächsten Nachmittag auf ein kleines Boot in Pleasant Bay, die Adresse für Walsichtungen. Nicht ganz seefest mache ich mir gerade noch Gedanken, wie ich die zwei Stunden auf dem Boot überstehe, als die ersten Grindwale nach wenigen Minuten direkt neben unserem Boot auftauchen.
Es ist das erste Mal, dass ich Wale sehe und die Schönheit der Meeressäuger lässt mich mit offenem Mund schweigend dastehen. Schon sind die Wale wieder weg, dabei kann ich es noch gar nicht glauben, echte Wale gesehen zu haben. „Hier, hier drüben sind sie wieder“, ruft ein Crewmitglied und alle stürzen auf die andere Bootsseite zu. Immer wieder tauchen die Wale neben unserem Boot auf, ziehen vorbei und kehren zurück, lassen uns stauen und die Kameras klicken.
Mir gehen die Superlative aus, um diesen Blick zu beschreiben und so sitzend wir schweigend zusammen, bis der Sternenhimmel über uns aufzieht.
Glücklich und schwankend am Auto angekommen machen wir uns weiter auf den Weg zum Skyline Trail, dem beliebteste Wanderweg im Cape Breton National Park. Der Wanderweg soll im Sonnenuntergang am imposantesten wirken und so brechen wir in der untergehenden Sonne auf, um den 10 Kilometer Loop zu wandern.
Die Landschaft, durch die wir wandern, ist märchenhaft. Unser Weg führt durch rot leuchtende Farne, weiße Blütenmeere, baumlose und dann wieder dicht bewachsene Ebenen. Wir halten Ausschau nach Bären und Elchen, wollen am liebsten beides sichten und fotografieren. Von einem leicht hysterischen Eichhörnchen abgelenkt, übersehen wir fast den Elch, der nur wenige Meter entfernt von uns am Wegesrand steht.
Minutenlang sehen wir dem stillen Riesen beim Fressen zu und vergessen völlig die Zeit. Bis zur Aussichtsplattform des Skyline Trails sind es noch einige Kilometer und wir erhöhen das Tempo, um pünktlich zum Sonnenuntergang dort anzukommen. Mir gehen die Superlative aus, um diesen Ausblick zu beschreiben und so sitzend wir schweigend zusammen, bis der Sternenhimmel über uns, dem Meer und den Wäldern aufzieht.
Mit gefülltem Abenteuertank machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg in den Süden.
Mit gefülltem Abenteuertank machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg in den Süden, der wieder anders anmutet als der Norden Nova Scotias. Statt Wäldern und endloser Weite mit nur wenigen Menschen sehen wir hier Felder, Farmen und kleine, charmante Ortschaften mit Bauernmärkten, halten an Häfen ohne Wasser. Die Landwirtschaft prägt das Bild, Kürbisse und Strohpuppen, verkleidete Kinder und Werbetafeln für Dinnerpartys erinnern uns daran, dass Halloween vor der Tür steht. Und damit auch unsere Abreise aus dem Abenteuerland Kanada.