Kleine, geile Firma: Chef.One

© Maria Kotylevskaja

Wenn ihr es liebt, Abend für Abend einsam vor eurem Rechner zu sitzen und mit der Gabel in ein semigenießbares Fertiggericht zu pieksen, dann lest lieber gar nicht erst weiter. Gründer Eddi ging dieser Zustand so sehr auf die Nerven, dass er irgendwann seine geballte IT-Power aktiviert hat, um unter dem Motto „Zusammen isst man nicht allein“ das Social-Dining-Projekt Chef.One auf die Beine zu stellen. So bringt er seit Mitte des Jahres Menschen zusammen, die auf gutes, hausgemachtes Essen stehen und neue Bekanntschaften suchen – in einer manchmal doch sehr anonymen Stadt.

Was genau ist Chef.One?

Chef.One ist eine Plattform, über die man bei fremden Leuten zuhause essen kann. Also ein bisschen angelehnt an die Urban Dinners oder Supper Clubs – es kommen Menschen zusammen, die Leute kennenlernen möchten. Dazu wollen sie aber nicht in eine laute Bar oder einen Club, wo man eher auf Distanz bleibt, sondern lieber face to face und bei gutem Essen mit anderen an einem Tisch sitzen. Vielleicht hat man auch schon alle Restaurants in Hamburg durch und möchte einfach mal in privater Atmosphäre Köche kennenlernen, die sich abseits des Jobs ausprobieren wollen und etwas super Cooles bereitstellen. Wir haben also einmal den kulinarischen und einmal den sozialen Faktor.

Chef One Hamburg StartUp
© Maria Kotylevskaja

Und wie finden Köche und Gäste genau zueinander?

Wenn du jetzt zum Beispiel Hobby-Köchin bist und gern Dinner-Gäste in eine private Location einladen willst, kannst du dich bei uns registrieren und dein Menü online stellen – mit Titel, drei Bildern, einer Beschreibung, der Gästezahl und dem Preis pro Person. Also eigentlich das gleiche System wie beispielsweise bei Airbnb, wo du erstmal ein Profil erstellst, bevor du eine Wohnung inserierst. Wir checken den Eintrag dann einmal auf Vollständigkeit bzw. Fake-Inhalte und Spam und stellen ihn online. Dann entscheidet sich ein Gast für dein Menü und bucht sich in dein Dinner ein.

Das hört sich nach einem simplen Konzept an, aber wie funktioniert das technisch?

Also, man loggt sich einfach online oder über die App ein, wählt sein Dinner und zahlt direkt bei der Buchung. Wenn man bis spätestens 48 Stunden vor dem Termin absagt, bekommt man sein Geld ganz regulär zurück. Das ist natürlich eine Sicherheit für den Koch, so bleibt er nicht auf den Kosten sitzen, falls jemand mal nicht erscheint. Wo das Essen genau stattfindet, erfährst du dann erst nach der Buchung. So vermeidet man, dass plötzlich 200 Leute aufkreuzen – oder auch nur ein komischer Typ, der die Köchin stalken will.

Chef One Hamburg StartUp
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Außerdem bauen wir gerade an einem Feature, mit dem die Köche selbst entscheiden können, wer bei ihrem Essen dabei ist und wer nicht. Wenn bei einer 18-jährigen zum Beispiel plötzlich acht alte Männer vor der Tür stehen, könnte sie das nervös machen. Diese Sicherheit wollen wir also genauso geben, wie die Gäste sich wiederum an den vorherigen Bewertungen des Kochs orientieren können. Wenn die Reviews zu negativ sind, dann ist der Koch auch raus.

Muss ich als Koch also zwingend Vollprofi am Herd sein?

Jetzt am Anfang schauen wir natürlich noch auf die Qualität, später soll das Ganze aber  eine gewisse Eigendynamik entwickeln. Bei Airbnb findet man ja auch alles - von der spärlich möblierten Hütte bis zum Luxus-Apartment. Dieses Spektrum wollen wir mit den Menüs eigentlich auch abdecken, deshalb kann im Grunde jeder machen, was er will. Manche Leute drehen auch komplett durch und machen dann ein Acht-Gänge-Menü.

Wir weisen die Leute aber auf jeden Fall deutlich darauf hin, frische Produkte zu verwenden und die Hygiene-Richtlinien einzuhalten. Da vertrauen wir natürlich auch ein Stück weit auf die Community. In jedem Fall sehe ich aber hier ganz genau, wer der Koch ist und was er macht. Diese persönliche Ebene, dieses Vertrauen aufzubauen, das ist unser Ziel.

Chef One Hamburg StartUp
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Und wer kommt bisher als Gast?

Aktuell haben wir einen leichten Frauenüberschuss – der Mann will meist lieber zuhause sitzen, während Frauen sich eher für den sozialen Aspekt begeistern. Es gab auch schon eine Teilnehmerin, die wollte ihren Geburtstag nicht allein verbringen, hatte aber ihre Freunde nicht in Hamburg. Für die gab’s dann sogar einen Geburtstagskuchen.

Durch diese Dinner entstehen manchmal echte Freundschaften. Es kann natürlich wie überall im Leben sein, dass man den einen oder anderen nicht ganz so gut riechen kann, aber wenn man sich darauf einlässt, ist das eine tolle Sache. Besonders, wenn man beispielsweise für den Job in die Stadt kommt und abseits von Firma oder WG Anschluss sucht.

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Ist das nicht auch eine super Dating-Börse?

Eigentlich wollten wir da überhaupt nicht hin, aber der Faktor ist natürlich da, ja. Die meisten nehmen zwar völlig unabhängig von irgendwelchen Liebesgeschichten teil und viele haben auch Freund oder Freundin zuhause – natürlich kann es aber sein, dass du beim Essen plötzlich jemandem gegenüber sitzt und sich das Ganze zu ‘ner Art Blind Date entwickelt. Nur, dass du eben auch noch mit allen anderen am Tisch reden kannst, wenn dir dein Gegenüber nicht gefällt. Denkbar wäre aber zum Beispiel, dass ein Koch jetzt ein Blind-Date-Dinner einstellt, für das man sich gezielt anmelden kann.

Chef One Hamburg StartUp
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Was steckt hinter dem Namen Chef.One?

Unser Ziel ist, von jeder Transaktion ein Prozent an lokale Projekte zu spenden, die hungernde Menschen unterstützen. Diese Art des Essens ist ja schon Luxus. Deshalb soll jede Teilnahme auch jemandem zugutekommen, der sich nicht mal das Grundlegendste leisten kann. Gerade schauen wir uns da verschiedene Projekte an – bis zur endgültigen Entscheidung wird das Geld natürlich gesammelt.

Wie kamst du als Tekkie ausgerechnet auf diese Idee?

Die konkrete Idee hatte ich eigentlich seit 2014, hab sie aber erstmal auf Eis gelegt. Ich habe damals in Hamburg-Hamm gelebt und dort fiel es mir echt schwer, gutes Essen zu bekommen. Ich bin da aber auch pingelig. Irgendwann hatte ich alle Pizza-Lieferanten durch, der Inder war immer eine Lotterie, der Asiate hat mir eine schlaflose Nacht bereitet. Und da dachte ich: In all diesen privaten Küchen hier würde es mir wahrscheinlich viel besser schmecken.

Dann hab ich für eine Weile in den USA gearbeitet und auch da war gesundes Essen kaum zu finden. Danach war ich zwei Monate in Costa Rica, wo ich eine Woche mit ‘ner richtig krassen Lebensmittelvergiftung flach lag. Dabei gab es auch da die Mamacitas, die zuhause richtig geiles Essen gemacht haben.

Chef One Hamburg StartUp
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Und ich dachte immerzu: Ey, warum kann ich das nicht einfach abholen und mit nach Hause nehmen? Nach zwei Monaten dort bin ich dann nach Kolumbien gegangen und hab in Medellín in einem riesigen Block gewohnt. Im zweiten Stock lebte ein Italiener, der mich jeden Tag zur Mittagszeit anrief und meinte: Komm runter, ich hab schon wieder zu viel gekocht. Nach drei Monaten bin ich zurück nach Hamburg und hab’s angepackt.

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Wie denn genau?

Durch einen Bekannten hab ich erstmal einen Koch kennengelernt, der Lust hatte, bei mir zuhause ein Essen zu kochen. Dann hab ich ein paar Freunde eingeladen und gesagt: Hey, ich hab einen Sternekoch bei mir, der kocht ein Drei-Gänge-Menü – hast du Bock, zu kommen? Am Ende war es ein fantastisches Essen, obwohl sich die Gäste vorher nicht wirklich kannten.

Das hat mir dann so den letzten Tritt gegeben, die Plattform tatsächlich auf die Beine zu stellen. Im März dieses Jahres haben wir dann richtig mit der Arbeit losgelegt und jetzt ist die Plattform seit zwei Monaten online.

Danke, Eddi, und viel Erfolg!

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