Auf einen Sekt mit... Romano
Alter. Was ein Typ! Romano: Der Rapper mit der Metalkutte hat letzte Woche im Mojo gespielt und sich vorher netterweise Zeit für uns genommen. Nachdem wir ihm die Zöpfe geflochten haben, hat er vorgeschlagen, das Bier durch einen Sekt auszutauschen... Gangbang-Parties in Techno-Clubs, Drum'n'bass im Ostblock und Pfandflaschensammeln in Köpenik. Was das mit Romano zu tun hat und mit wem er gerne Mal Möwen füttern, Haare schneiden und in den Strip-Club gehen würde, hat er uns bei einem Sekt erzählt.
Glaubst du, du bist ein Internet-Phänomen?
Romano: Ich würde mich grundsätzlich erstmal als Menschen einschätzen, der Musik macht. Ich verstehe aber, was du meinst, dass beispielsweise meine erste Single vor einem Jahr relativ schnell im Internet abgegangen ist. In der Hinsicht ist es natürlich schon so, dass das Internet mir behilflich ist, meine Musik an den Mann, an die Frau, ans Kind zu bringen.
Unten war es dann wie Maschinen-Lärm [...] In der ersten Etage lief dann Gabba und ganz Oben waren Gangbang-Parties.
Das was bei Metalkutte passiert ist, nennt man ja so Neu-Deutsch "viral"...
Romano: Das Internet ist ja auch eine tolle Sache. Man ist nicht mehr auf die Gunst der Medien angewiesen, was damals vom Musikfernsehen ausgegangen ist, sondern kann selber die Sachen veröffentlichen.
Vermisst du eigentlich MTV? Vermisst du persönlich das Musikfernsehen, als jemand, der so krass über die Videos kommt?
Romano: Ich bin ja auch Teil der Generation MTV. Ich hab Ende der 80er schon MTV geguckt. Es gab früher zwei Sendungen, die mich begeistert haben: Kurz nach der Wende gab es "Yo! MTV Raps", das war die Hip Hop-Sendung, und die Sendung "Headbangers Ball". "Headbangers Ball" hat auch eine sehr schöne Moderatorin gehabt und da war man natürlich auch immer gefesselt. Ich hatte dort damals das Video "God of Emptiness" von Morbid Angel gesehen und war total geflasht und bin dadurch immer weiter in die Metal-Szene reingerutscht.
20 Girls, vier geleaste Wagen, dann irgendwie nochmal Kohle abgeholt, ständig damit rumwerfen...
Und im Hip Hop!
Romano: Ja, ich hatte auch einen guten Freund, der vor der Wende aus der DDR ausgereist ist und den ich dann Anfang der 90er wieder getroffen habe, der plötzlich total im Techno-Ding drin war. Und bin dann direkt in den ersten Berliner Techno-Clubs gelandet, das heißt Tresor... Berliner Bunker... Und ich war damals 14 oder 15 und renne durch die Clubs und es war dort unten wie Maschinen-Lärm - es hatte was Bedrohliches im Bunker. In der ersten Etage lief dann Gabba und ganz oben waren Gangbang-Parties. Dieses neue Berlin, dieses Chaos, diese Anarchie... das hat mich begeistert.
Anarchie ist bei dir auch so ein Thema, oder? Du hast viele sehr verschiedene Dinge gemacht. Von der Rockband über Schlager zum Rapper...
Romano: Zur gleichen Zeit, als ich damals die Band hatte, hatte ich auch Drum'n'Bass entdeckt und war dann Drum'n'Bass MC und im Ostblock unterwegs. Tschechei, Polen... ganz großartige Auftritte gehabt. Dann habe ich Siriusmo kennengelernt, der auch mein jetziges Album produziert hat und über den habe ich Jan Driver, einen Berliner Technoproduzenten, kennengelernt. Er sollte einen Remix machen - ihm ist aber nichts eingefallen. Als er mich dann dazu hat Blödsinn singen hören: "Es sind die Worte der Liebe, die nicht vergehen...", da hat er uns einen Sekt aufgemacht und gesagt: "Wir nehmen das jetzt genauso auf!" Und dann haben wir eine Schlager-Platte gemacht. Zu der Zeit war ich dann als Schlagersänger und Drum'n'Bass MC auf Tour - durfte das aber nicht durcheinander bringen, was doch schon schwierig war ab und an.
Der Song war wie so ein Pickel, der ausgedrückt werden musste.
Worum geht's dir bei deiner Musik?
Romano: Wer das Album durchhört, der wird mich hautnah erleben, der wird mich spüren. Es gibt auch Künstler, die machen 13 Songs mit einem Thema. Weißt du: 20 Girls, vier geleaste Wagen, dann irgendwie nochmal Kohle abgeholt, ständig damit rumwerfen. Ich finds schön, wenn's die Abwechslung ist und die Leute mich kennenlernen und sagen: So ist er, das interessiert ihn.
In wieweit bist du da bei deinen Videos auch kreativ involviert?
Romano: Also, wenn mir was nicht gefällt, dann sag ich's natürlich auch. Moritz bringt sich sehr ein, Jakob bringt sich sehr als Visionär ein, trotzdem habe ich dann ein bisschen gestaunt bei "Klaps auf den Po", als dann auf einmal ein Pferd vor mir stand.
Ihr habt ja nicht wirklich ein Problem mit mir, sondern ihr habt ein Problem mit euch!
"Brenn' die Bank ab" ist ja ein ziemlich politischer Song. Ist dir das wichtig? Nimmst du dir mehr in dieser Richtung für die Zukunft vor?
Romano: Ich sage mal so: Das Thema für "Brenn die Bank ab" lag mir einfach auf dem Herzen.. Ich bin durch Köpenik gelaufen und sehe vor meiner Haustür Omis mit ihren Enkeln Abends im Müll mit einer Taschenlampe nach Pfandflaschen suchen. Das Bild kannte ich in meinem Köpenik einfach nicht. Da habe ich gedacht: "Das kann doch einfach nicht sein. Frauen, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben, vielleicht auch noch Trümmerfrauen waren, eine Familie aufgebaut haben, die können nicht von ihrer Rente leben? Jetzt reicht's!"
Das war so 2007/2008, als das mit der großen Krise war. Wo es um Geld ging, das nicht erwirtschaftet wurde, das nicht von der Erde getragen wurde, sozusagen. Ich dachte da nur: "Brenn. Die. Bank. Ab." Der Song war wie so ein Pickel, der ausgedrückt werden musste. Viele haben dann gedacht: "Jetzt kommt der Polit-Rapper, mal gucken, was als nächstes abgebrannt werden muss!" Aber ich war damit erstmal durch.
Liest du Youtube- oder Facebook-Kommentare?
Romano: Ab und zu mal, wenn ich mir das nochmal ansehe. Es gibt ja so Leute, die sagen: "Ich höre meine eigene Musik nicht!" - Finde ich totalen Quatsch! Bevor Köpenik erschienen ist, hab ich's schon im Auto angemacht und bin durch Köpenik gefahren und hab's gefeiert. Es muss mir doch auch gefallen!
Ich wusste nicht genau worum es geht, aber ich habe gemerkt: Es prickelt!
Es gibt da viel Positives, aber auch Negatives. Ist dir etwas sehr in Erinnerung geblieben? Irgendwas, was du gelesen hast und gedacht hast: "Eigentlich sollte mir das total scheiß egal sein, aber das vergesse ich nicht!"
Romano: Das Ding ist ja: Oft können es 1000 positive Nachrichten sein, dann schreibt einer negativ und das bleibt dann hängen. Es stand zum Beispiel einmal da: "Auf Duisburgs Straßen wirst du nieder geschossen!" oder "Den Typen sollte man abstechen!" Da denk' ich mir dann: "Wirklich Leute! Echt?" Aber ihr habt ja nicht wirklich ein Problem mit mir, sondern ihr habt ein Problem mit euch! Aber ich sage auch: "Wenn man das nicht ertragen kann, dann sollte man aufhören!" Ich mache grundlegend erstmal Kunst für mich und dann kommt halt irgendwann als Rattenschwanz hinten dran, dass es ein paar Leuten nicht gefällt. Okay! Augen zu und durch! Der Typ wird älter werden und sich fangen oder selber auf Duisburgs Straßen niedergeschossen.
Welches Lied würdest du singen, wenn wir jetzt in einer Karaoke-Bar wären?
Romano: Ich würde "I want your Sex" von George Michael singen. 1987 kam das Ding raus und ich wusste nicht genau worum es geht, aber ich habe gemerkt: Es prickelt!
Wir sitzen ja jetzt so schön zusammen und trinken Sekt. Mit wem würdest du dich gern mal auf ein Sektchen treffen?
Romano: Ich würde gerne mit Snoop Dogg Sekt trinken, dann würde ich gerne mit ihm hier zum Wasser raus, vielleicht auf die Elbe, dann ein paar Möwen füttern, dann gehen wir zum Frisör und dann gehen wir hier in eine Strip-Bar und feiern. Ein gelungener Abend in Hamburg!
Du und Snoop D-O-Double G machen die Elbe unsicher!
Romano: So sieht's aus!
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Bilder: © Maria Kotylevskaja