Gay Panic Alarm – Wie es sich anfühlt, das erste Mal queer zu daten

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"I’m on the right track, baby, I was born this way", singt Lady Gaga. Und Leute, diese Queen hat sowas von recht! Mensch wird nicht queer gemacht, nicht dahin erzogen oder irgendetwas anderes. Es ist in dir oder eben nicht, blüht, schlummert oder verwelkt. Mein Herz ist immer schon bunt gewesen. Das ist das eine. Die eigene Queerness in einer Welt, die vermeintlich zwischen richtig und falsch unterscheidet, zu begreifen aber noch einmal etwas ganz anderes.

I was f***ing born this way!

Im Kindergarten wollte ich immer den Prinzen spielen, weil der am Ende die Prinzessin bekommt. Ich war das Mädchen, das sich seinen Freundinnen freiwillig zum Küssen Üben anbot, weil sich das so schön kribbelig anfühlte. Als Teenie fand ich Brüste krass spannend − und damit meine ich jetzt nicht meine eigenen. Irgendwann bin ich auf "The L. Word" gestoßen, habe mir die ersten lesbischen Pornos angesehen (natürlich nur, weil die einfach ästhetischer waren).

Im Nachhinein bin ich beeindruckt davon, wie krass ein Mensch verdrängen kann, was er möchte. Wie viel Gründe mir eingefallen sind, um jeden Wunsch und jede Sehnsucht in einem anderen Licht dastehen zu lassen. Das Aufatmen, wenn mir doch einmal wieder ein Typ gefiel, weil mich das vielleicht ja doch hetero machen würde. Diese Art von Lieben und Begehren erschien mir damals so viel einfacher.

Das ist Sophie und die ist bi.

Und dann kamen die 2010er, für mich persönlich der Inbegriff von Cringe. Modisch eine Katastrophe, musikalisch irgendwie auch (Pitbull und Kesha, mein Tune beim ersten Clubbesuch. Kein weiterer Kommentar an dieser Stelle!). An den Knöcheln habe ich dauernd gefroren, aber Hauptsache monströse Teppich-Schals um den Hals geschlungen tragen. Aber es war auch die Zeit meines Abis, vom Abnabeln, von "I was born this way" und Lady Gaga, von einem übertriebenen Selbstfindungstrip. Vom Begreifen, dass ich mich unabhängig von Geschlecht zu Menschen hingezogen fühle. Mein queeres Baby-Ich war bereit, die Welt zu erobern – oder zumindest die Herzen schöner Menschen.

Hallo queeres Impostor-Syndrom!

Es hat nicht lang gedauert, da bekam mein Höhenflug den ersten Dämpfer. Ich hatte eine gute Freundin, die als Lesbe meine einzige Verbindung zur Community war. "Das ist Sophie und die ist bi", wurde ich ihren queeren Freundinnen immer vorgestellt und auch heute noch zieht sich bei dem Gedanken an diesen Satz alles in mir zusammen. Jedes Mal schwang mit, dass ich keine echte Lesbe wäre und mich bitte entscheiden solle. Daten wollte mich da ohnehin keine, weil ich am Ende wieder bei einem Typen gelandet wäre. Ich war diejenige, die in dieser Gruppe geduldet wurde, mehr aber auch nicht. Und in der Hetero-Welt? Da schien mir auch keine*r so richtig zu glauben. "Bist du dir sicher?", wurde ich gefragt, und: "Woher willst du das denn wissen? Hattest du denn schon einmal was mit einer Frau?"

Ein One Night Stand muss her!

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Ich war brutal verunsichert und diese Stimmen von außen entwickelten sich schnell zu meinen eigenen Glaubenssätzen. Ein One Night Stand muss her, entschied ich. Dann hätte ich den endgültigen Beweis für meine Queerness. Die Vorstellung von diesem ersten Mal hat sich beinah schon wie ein Ritus angefühlt, wie ein Aufnahmeritual, das ich bloß bestehen musste, um in diese queere Welt aufgenommen zu werden.

Schließlich habe ich, und das ist kein Witz, in ein Forum geschrieben. Es waren nur ein paar Zeilen. Dass ich das mit dem Sex mit einer Frau gern einmal ausprobieren würde, aber wahnsinnig unsicher wäre. Noch am selben Tag hatte ich eine Nachricht von Melina in meinem Posteingang. Bei ihr habe ich mich sofort sicher gefühlt, weil sie dieselben Ängste hatte wie ich. Wie geht das mit dem Sex? Was muss ich machen? Bin ich als polysexueller Mensch queer genug?

Bei Melina musste ich mich nicht queerer oder weniger queer geben, als ich war, sondern einfach nur Ich selbst sein. Sie machte es mir leicht, weil sie mir nichts "voraus" hatte, und wir all diese Dinge zusammen herausfinden konnten. Irgendwann waren da ständig neue Nachrichten auf WhatsApp und ein schnell schlagendes Herz, wann immer ich auf das Display sah – und das, obwohl ich Melina noch nie gesehen hatte.

Dass sich hinter ihrem Profil und den wenigen Fotos ein perverser, alter Mann verstecken könnte, dem ich einfach so meine Adresse gab, ist mir tatsächlich gar nicht in den Sinn gekommen vor lauter Aufregung. Von Vorsichtsmaßnahmen wie Lecktüchern hatte ich auch noch nie gehört. Aber ganz ehrlich? Das war dann halt auch mehr als egal, als ich diese hübsche Frau mit den langen Haaren am Bahnhof auf mich habe warten sehen. Mein erstes queeres Date.

Nach dem Sex kommt die Liebe

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Was damals das Überraschendste für mich war? Dass es einfach nur Sex war. Guter Sex, wirklich heißer Sex, aber eben Sex. Ich hatte mich so auf diese Geschlechtersache fixiert und habe erst Jahre später gemerkt, dass ich mit dieser Aktion gar nicht mir selbst, sondern anderen etwas hatte beweisen wollen.

Mit jedem Treffen haben Melina und ich zusammen gelernt. Dass Sex aus so viel mehr als Penetration besteht, wie schön es sich anfühlt, einfach nur zu streicheln, wie mensch leckt und wie egal diese Bin-ich-queer-genug-Frage am Ende doch ist. Wenn wir zusammen waren, dann gab es nur uns. Nicht zwei Frauen, nicht zwei Gays.

Ich habe mich ganz langsam und gleichzeitig Hals über Kopf in sie verliebt, habe tausend erste Male mit Melina erlebt: draußen Händchen halten und drauf scheißen, wie andere darauf reagieren. Küsse am Bahnhof, jedes Mal, wenn wir uns verabschieden mussten, Sexspielzeug ausprobieren, Treffen mit Freund*innen, die Eltern kennenlernen, Teil des Lebens der anderen werden, zusammenwachsen. Nicht alles davon war wirklich neu, aber trotzdem anders. Eben queere erste Male.

Out und sowas von Proud

Melina und ich hatten ein aufregendes Jahr zusammen, voller Auf und Abs, ein emotionaler Strudel, der mich komplett vereinnahmt hat. Wir waren beste Freundinnen und Geliebte, vielleicht auch auf eine ungesunde Art süchtig nacheinander, zumindest ein bisschen. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass ich zum allerersten Mal beim Lieben einfach alles gefühlt habe und das davor wohl eine andere Art von Zuneigung gewesen ist. Das mit ihr war echt.

Und auch wenn diese Beziehung nach einem Jahr endete und ich super schrecklichen Liebeskummer hatte, denke ich immer noch gern an sie. Melina hat mich wachsen und mich selbst erkennen lassen. Sie hat mir die Schönheit queerer Liebe gezeigt und das ist ja mal wohl eines der wertvollsten Geschenke, die mensch machen kann.

Don't be a Drag, just be a Queen

An alle Fragenden und Baby-Queers da draußen: Lasst euch nicht verbiegen, lasst euch nichts absprechen oder euch zu etwas drängen, das ihr in Wahrheit gar nicht wollt! Wenn ihr sagt, ihr seid queer, dann seid ihr das verdammt nochmal auch. Einen Hetero-Menschen würdest du auch niemals fragen: "Woher kannst du das wissen? Schon mal rumgemacht?" Oder, um es mit Lady Gagas Worten zu sagen: "Don't be a drag – just be a queen." Ihr habt es verdient, zu strahlen!

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