Moin Jörn Woisin – Wieso sollten wir alle mehr ins Theater gehen?

© Lisa Greis

Hamburg ist eine der schönsten Städte auf der Welt und hat einfach das gewisse Extra. Und nein, damit meinen wir nicht nur den reichhaltigen Niederschlag. Aber was macht Hamburg eigentlich so besonders? Natürlich die Menschen, die hier leben. Und genau die wollen wir näher kennenlernen. Deshalb treffen wir uns als Redaktion mit Hamburger*innen und sprechen mit ihnen über unsere Hansestadt, ihren Alltag und ihre Wünsche und Ziele im Leben.

Die Magie auf der Bühen – dank der Requisite

Am Deutschen Schauspielhaus kommt man in Hamburgs Theaterszene nicht vorbei und das ist auch gut so. Eröffnet wurde das wunderschöne Haus, das 1200 Menschen fasst, bereits im Jahr 1900. Damals besuchte Kaiser Wilhelm II das Theater gern, natürlich seiner eigenen Loge. Diese kann man auch heute noch besuchen. Sie ist die Einzige im Deutschen Schauspielhaus, die über eine eigene Toilette verfügt. Sehr schick! Solche interessanten Geschichten und Fakten kommen zutage, wenn man sich mit Jörn Woisin unterhält.

Und weil Jörn, der seit einigen Jahr Chef der Requisite am Deutschen Schauspielhaus ist, noch so viel mehr zu erzählen hat, haben wir uns im Rahmen des Welttheatertags am 27. März über Theater und allem was dazu gehört, unterhalten. Dass das Interview in der kaiserlichen Loge stattfand, versteht sich von selbst, oder?

© Katrin Trautner

Was bedeutet Theater für dich in drei Worten?

"Ich.liebe.Theater!"

Warum arbeitest du im Theater? Hat sich damit ein Kindheitswunsch für dich erfüllt?

"Ich wollte schon immer zum Theater. Meine Mutter hatte ein Abo für das Lübecker Stadttheater und da durfte ich manchmal mit. Für mich war es erstmal nur interessant, lange aufbleiben zu dürfen. Das Beste war aber, dass es in der Pause Fanta und Eiskonfekt gab – das war das Lockmittel. Ich weiß noch, eines der ersten Stücke, das ich damals gesehen habe war "Hamlet". Ich hab nichts verstanden, aber ich war fasziniert von der Atmosphäre."

Und damit hat es sich festgesetzt, dass Theater so richtig was für dich ist? 

"Und wo es bei mir Klick gemacht hat, war in "Die Fledermaus". Im zweiten Akt (das Stück spielt in einem Ballsaal) ging der Vorhang auf und es knallten so Pyroeffekte und Konfettikanonen herum und da war's um mich geschehen! Da war 14 Jahre oder 15 alt."

Aber du wolltest jetzt nicht selber Schauspieler werden, sondern es haben dich direkt diese verrückten Effekte auf der Bühne verzaubert?

"Ich wollte Regisseur werden und einen Oscar bekommen. Also bewarb ich mich am Theater und bekam einen Hospitantenvertrag am Lübecker Stadttheater, als Regiehospitant. Hieß also Kaffeekochen und Kopieren. Gleich im ersten Stück wurde ich als Statist gebraucht. Da gab es eine Tür, die ich auf- und zumachen musste, hinter der wurden Leute erschossen. Während der Proben wurde der Requisiteur krank und ich wurde gebeten, ihn zu ersetzen. Heißt: Ich war dann Regieassistenz UND Requisite – quasi Multitasking! Der Requisiteur kam leider nicht mehr wieder und deshalb bekam ich diese Stelle, mit 19 Jahren. Vorher hatte ich vom Theater ein Taschengeld von 150 Mark bekommen und dann plötzlich 2000 Mark, was damals richtig viel Geld war.

1995 konnte ich dann Lübeck nicht mehr sehen, da war alles so klein und ich beschloss, diese langweilige Stadt zu verlassen. Dann bin ich aber erstmal durch die Provinz getingelt und habe für viele kleine Open-Air-Festivals gearbeitet. Dort habe ich aber total viel gelernt. Das Tolle an kleinen Veranstaltungen ist nämlich: Du bist direkt Chef, weil es nur dich gibt. Drei Jahre später bin ich dann zum Altonaer Theater gekommen, ich habe aber schon immer in St. Georg gewohnt und sbin tändig am Schauspielhaus vorbeigelaufen und habe gedacht: Ach, da würde ich so gerne arbeiten! Aber irgendwie habe mich nie so wirklich getraut." 

Wie hast du denn dann doch den Weg ans Schauspielhaus gefunden?

"Nach einer Produktion mit Dieter Wedel, bei der viele während den Proben krank waren und am Ende trotzdem neben Wedel im Blitzlichtgewitter standen, hab ich mich total geärgert! Da bin ich am nächsten Tag hier am Schauspielhaus zum Pförtner gegangen und habe gesagt: Ich brauche jemanden von der Requisite, gibt's hier eine freie Stelle? Zwei Wochen später hatte ich das Vorstellungsgespräch, habe zur Aushilfe hier gearbeitet und wurde dann fest eingestellt. Mittlerweile mache ich seit sieben Jahren die Leitung. Mittlerweile kriege ich auch Angebote aus der ganzen Welt, von der Metropolitan Opera in New York City zum Beispiel, aber das sag ich alles ab. Ich bin hier am Schauspielhaus am Ende meiner Karriere angelangt – nächstes Jahr habe ich 40-jähriges Jubiläum! 50 Jahre schaffe ich aber glaube ich nicht."

Empfohlener redaktioneller inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt, mit dem wir den Artikel bereichern.
Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden.
Beim Laden des Inhalts akzeptierst du die Datenschutzerklärung.

Was ist die außergewöhnlichste Requisite im Fundus des Schauspielhauses?

"Ein Holzbrett mit einem schweren, rund geformten Metallbügel. Das wurde lange vor meiner Zeit für eine Produktion von "Romeo und Julia" verwendet. Wenn Romeo bei Julia an die Balkontür klopft, hat der Requisiteur hinter Bühne mit diesem Bügel ein Geräusch erzeugt, das klang, als würde man an an einer Burg an einem riesigen Schloß klopfen."

Und was ist deine liebste Requisite? Was verwendest du sehr gerne?

"Etwas, das man aufessen kann. Beim Stück "Der lange Schlaf" haben wir so vegane Cordon Blues verwendet und ich habe immer ein paar mehr für das Team gemacht."

Rauchen die Schauspieler*innen echte Zigaretten auf der Bühne?

"Teils, teils. Es kommt darauf an, was sie rauchen möchten – das bekommen sie. aber alle Zigaretten, die wir haben, sind auf eine Art schädlich. In der Regel verwenden wir aber die Marke, die am wenigsten Schadstoffe beinhaltet. Mit den E-Zigaretten gab es leider immer Dramen, weil sie zum Beispiel nicht geladen haben oder dann auf der Bühne ein Licht aufgeleuchtet hat. Deswegen ja, wir nehmen wieder echte Zigaretten. Wer aber nicht rauchen will, raucht eben nicht."

Warum sollte man ins Theater gehen?

*Entrüstet* "Hallo?! Ich möchte im Theater berührt werden. Es ist ein Kunstprojekt, so ein Theaterabend. Es ist nicht das echte Leben, aber es wird mit echten Menschen und Emotionen gespielt und das ist das Faszinierende. Wenn man wütend oder traurig rausgeht, vielleicht am nächsten Tag noch drüber nachdenkt, war das Stück ein Erfolg, Theater soll berühren."

Die Welt ist eine Bühne

11 schöne Theater, die ihr in Hamburg kennen solltet
Ein bisschen Kultur hat noch niemanden geschadet, deswegen ist an der Zeit ins Theater zu gehen und die grauen Gehirnzellen anzuregen.
Weiterlesen
Vorhang auf: Kleine Theater in Hamburg
Ab ins Theater mit euch, denn die Kunst auf der Bühne ist etwas so besonderes. Kennt ihr diese kleinen Theater Bühnen in Hamburg?
Weiterlesen
Zurück zur Startseite