Hamburg hakt nach: Was wird nun aus dem Elbtower?

© SIGNA Real Estate

Auf der Website wird der Elbtower als "faszinierendes Bauprojekt" angepriesen. Faszinierend sind die Pläne allemal, zu fantastisch anscheinend, weil der Bau vergangene Woche zum abrupten Stopp gekommen ist. Die Investoren haben den Geldhahn zugedreht, genaugenommen ist die Signa-Holding in Zahlungsrückstand bei der Baugesellschaft, der Gründer steht kurz vor dem Zwangs-Rücktritt. Jetzt droht der ganze Deal zu platzen, Hamburg soll jedoch laut Bürgermeister Peter Tschentscher "keine finanziellen Belastungen übernehmen", sagt er gegenüber dem Spiegel. Na, immerhin!

Wie es genau mit dem geplanten neuen Luxustower der Hamburger Skyline weitergehen soll, steht aktuell in den Sternen. Fertig werden soll er aber, heißt es in der Presse. Deswegen haben wir uns das Mammut-Projekt einmal genauer angeschaut und uns gefragt, was genau in den 245 Meter hohen Koloss aus Glas und Metall an den Elbbrücken rein soll? Bezahlbarer Wohnraum ist es zumindest nicht. Wir haken für euch nach!

Tahsin fragt: Was können wir vom Elbtower erwarten?

Eines von Hamburgs größten Bauprojekten, der Elbtower, nahm vor dem Desaster vergangene Woche langsam Gestalt an. Laut des NDRs wuchs der Turm wöchentlich rund vier Meter in die Höhe und sollte in diesem Tempo voraussichtlich im Jahr 2026 fertiggestellt werden. Mindestens zwei Jahre lang (jetzt wohl um ein Vielfaches länger) wird die Baustelle in der Zweibrückenstraße also noch gehen und dennoch kann man der chicen Website bereits viele Informationen entnehmen und sich sogar schon als interessierte*r Mieter*in für Gewerbeflächen anmelden.

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Was außer Luxusbüros mit zugegeben grandioser Aussicht über die ganze Hansestadt noch darin zu finden sein wird, wird ebenfalls verraten: eine Aussichtsplattform und drei weitere, öffentlich zugängliche Etagen mit Feinkostgeschäften, Galerien, Cafés und Bistros sowie Fitnessstudios und Wellnesscentern sollen Platz in dem 950 Mio. Euro teuren Bauvorhaben finden. Das schafft in den Augen jener, die seit Jahren um bezahlbaren Wohnraum in der Stadt kämpfen, nicht unbedingt lachende Gesichter, aber immerhin knapp 3000 Arbeitsplätze. Die meisten davon in der seit Corona struggelnden Service- und Tourismus-Branche. Wobei es in dem Sektor nicht an guten Arbeitnehmer*innen fehlt, sondern gute Konditionen und eine faire Bezahlung Mangelware sind. Aber man kann sich auch bei bereits feststehenden Mietern wie der Hamburg Commercial Bank, dem Versicherungsmakler AON oder dem Medizindienstleister Eterno bewerben – die zahlen sicher mehr als Mindestlohn.

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Agnieszka fragt: Was hat Robert DeNiro mit dem Elbtower zu tun?

Auch ein Hotel wird es im Luxustower geben und dies, beziehungsweise dessen Mitgründer, haben in den vergangenen Monaten Schlagzeilen gemacht, denn was Agnieszka uns per Instagram-DM fragt, irritiert viele. Ja, niemand geringeres als Hollywoood-Legende Robert De Niro hat seine Fingerchen mit im hanseatischen Spiel. Sein Hotel und das zugehörige Restaurant Nobu eröffnet eine seiner über 60 Filialen im Elbtower. Wem der Name bekannt vorkommt, liest wahrscheinlich gern Promi-News, denn vor allem die Standorte in New York und Los Angeles werden von De Niros Kolleg*innen aus dem Movie-Business gern und häufig besucht. Da freut sich doch die Hamburger Schickeria!

200 Sitzplätze soll es geben, an denen die japanischen Köstlichkeiten genossen werden können und eine Rooftop-Bar mit Blick auf die Elbe darf natürlich auch nicht fehlen. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich sehr auf die Eröffnung des Nobu, weiß aber leider nicht, ob ich mir dort ein ganzes Dinner leisten werden kann. Kernzielgruppe bin ich mit meinem mittelständischen Gehalt auf jeden Fall nicht. Im Münchener Pendant kosten allein die Edamame zwischen acht und 14 Euro. Moin!

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Der Elbtower: Nichts als eine Spielwiese für Ultrareiche?

Das ist die Frage, die ich mir stelle. Was genau haben Ottonormal-Hamburger*innen vom Elbtower außer einen neuen Koloss in der HafenCity aus Tausenden Fenstern in der Ferne, der die historisch hanseatische Skyline stört? Ein Wahrzeichen wird der Turm allemal, schließlich ist er nur knapp 40 Meter kleiner als der Fernsehturm. Aber ein schönes? Darüber muss jede*r für sich entscheiden. Als Arbeitsplatz kann er für viele sicherlich dienen, das ist wahrscheinlich sein größter Pluspunkt. Aber für welche Branchen? Bankenwesen, Versicherungen und die Serviceindustrie, okay. Sexy ist das nicht.

Doch nachhaltig soll er sein, dafür gibt es auf der Website sogar einen eigenen Reiter. Damit ist aber eher das Material und die Bauweise gemeint und weniger sein nachhaltiger Nutzen. Schöner wären meiner Meinung nach mehr gewerbliche Mieter*innen, die der Welt und Hamburg etwas Gutes tun und weniger Hollywood-Glitzer an und in die Elbe bringen.

*Dieser Artikel ist ursprünglich am 18. Oktober veröffentlicht und am 3. November aktualisiert worden.

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