Zwischen Omikron und Sperrstunde: Wie geht es der Hamburger Gastronomie gerade?

Die letzten zwei Jahre waren für uns alle keine leichte Zeit. Von einer Pandemie-Welle sind wir in die nächste gerutscht, dank Impfungen konnten wir kurz aufatmen, dann aber doch nicht, da sich noch immer zu viele Menschen nicht impfen lassen. Aktuell befinden wir uns inmitten der höchsten Infektionszahlen, die wir in Deutschland und Hamburg je hatten. Besonders für die Gastronomie war es in den letzten Monaten ein ständiges Bangen darum, die Türen offen halten zu dürfen, ihr Personal zu schützen und ihre Existenz nicht zu verlieren.

Wir dürfen nicht vergessen: Hinter unseren vielen Lieblingsläden stecken immer Menschen, die mit viel Herz und Leidenschaft bei der Sache sind. Wir haben mit ihnen gesprochen und sie gefragt, wie es ihnen gerade geht oder was ihnen in diesen Zeiten Hoffnung gibt. Dabei geht es um Müdigkeit und Unsicherheit, aber vor allem (und das ist das Schöne) um Hoffnung, tolle Gäste und Hamburger*innen, die füreinander da sind und ihre Lieblingsläden jetzt in der Krise unterstützen.

Katja und Jean-Baptiste vom The Special Connection berichten:

© Franzi Simon

"Genau vor zwei Jahren haben wir zum ersten Mal die The Special Connection-Tür für die ersten Gäste eröffnet. Extrem aufgeregt, voller Träume, Hoffnung und mit vielen spannenden Ideen und Rezepten in einer alten Mappe. Wussten wir, was uns erwartet? Nein.

Zwei Jahre voller Herausforderungen, Höhen und Tiefen, Begegnungen und Freundschaften fürs Leben. Das fantastischste Team der Welt, unsere kleine TSC-Family, starker Zusammenhalt und geteilte Freude. Wundervolle Gäste, ihre bedingungslose Unterstützung, ehrliche Aufmunterung und Loyalität. Es gab also neben permanentem Druck von außen, extremen Umsatzschwankungen, Existenzängsten und Unsicherheit auch immer etwas Positives.

Die Gastronomie als Branche wird heute mehr denn je herausgefordert: steigende Einkaufspreise und Energiekosten, Ressourcenknappheit, akuter Personalmangel und hohe Unsicherheit in einem volatilen Pandemieumfeld. Diese Situation sehen wir als Chance, etwas Neues zu kreieren, kritisch nachzudenken und sich Gedanken zu machen, wie die Gastronomie der Zukunft aussehen wird, denn wir formen sie jetzt mit unseren Entscheidungen und unserem Handeln.

Wir sind müde, aber immer noch voller Träume, Hoffnung und Pläne für die bessere Zukunft."

Wir sind müde, aber immer noch voller Träume, Hoffnung und Pläne für die bessere Zukunft.

Marie und Tristan vom Marshall Street Coffee erzählen:

© Talika Öztürk

"Seit zwei Jahren kämpfen wir uns durch diese Pandemie, wie so viele andere Gastronom*innen. Dass da das Energielevel manchmal auf dem Nullpunkt ist, ist natürlich klar. Aber eigentlich kennen wir es fast gar nicht anders, denn wir haben knapp zwei Wochen vor Pandemiebeginn geöffnet.

Die aktuelle Situation ist für uns erneut nicht einfach. Seit Januar merken wir es extrem. An manchen Tagen haben wir einen Umsatzeinbruch von 50 bis 70 Prozent. Wir glauben, dass das eine Mischung aus vielen Faktoren ist. Zum einen liegt es sicher an der 2G-Plus-Regelung, denn ab der Umsetzung dieser Regelung war deutlich ein Rückgang zu vermerken. Aber sicher sind zum anderen einfach auch super viele gerade erkrankt, Kontaktpersonen von Infizierten oder wollen sich wieder mehr zurückziehen, was wir absolut verstehen können.

Dennoch ist die Situation natürlich sehr frustrierend. Nun kommt bei uns noch hinzu, dass wir selbst einen positiven Coronafall in unserem Team hatten und daher das Café für einige Tage schließen mussten. Das hat uns erneut finanziell belastet. Aber wir versuchen trotzdem zuversichtlich zu bleiben und uns unseren Optimismus nicht nehmen zu lassen. Denn wir sind unheimlich dankbar für den tollen Austausch in der Hamburger Gastrowelt. Wir sind irgendwie alle füreinander da, können uns austauschen, uns gegenseitig Mut machen und das hilft enorm! Aber wir sind auch unglaublich dankbar für unsere Gäste. Wir bekommen so viele liebe Nachrichten und tolle Worte jeden Tag, dass uns das so viel Energie gibt, weiterzumachen. Das ist irgendwie das Schönste, wenn man merkt: Es gibt Menschen, die besuchen teilweise täglich dein Café, weil sie sich wohlfühlen, deine Produkte gut finden und weil sie die Menschen hinter dem Konzept mögen."

Tristan und Rosa aus der Katze sagen:

© Katze

"Wir als Team bleiben einfach positiv eingestellt. Am Wochenende ist die Katze weiterhin gut besucht, was uns motiviert weiterzumachen. Selbst draußen in der Kälte scheuen sich unsere Gäste nicht, ihren Caipi zu genießen. Teilweise sind die Außenplätze schon vor 20 Uhr belegt. Man merkt, dass unsere Gäste motiviert sind – sie kommen sogar früher, da sie wissen, dass wir um 23 Uhr unsere Schotten dichtmachen müssen.

Aus Mitarbeitersicht heißt die Sperrstunde weniger Stunden, also auch ein Drittel weniger Verdienst. Wir kommunizieren untereinander, sind füreinander da und sprechen uns gut ab. Unser Betriebsleiter Tristan versucht möglichst fair die Schichten so einzuteilen, dass jede*r zum Zuge kommt.

Zu dieser Jahreszeit ist auf dem Schulterblatt weniger los – es macht den Anschein, dass es komplett ausgestorben ist. Aktuell haben viele unserer Nachbar*innen nur sporadisch auf, teilweise erst ab Mittwoch. Wir wollen zurück zur Normalität, wollen für die Barkultur in der Schanze und besonders für unsere Gäste da sein.
Wir freuen uns über jeden Besuch und als kleines Goodie gilt aktuell unsere Caipi Happy Hour durchgehend bis 23 Uhr. Wir freuen uns, mit allen anzustoßen."

Vicky und Claudius vom Blackline erzählen:

© Franzi Simon

"Klar, sind auch wir mal genervt, aber jetzt mal Hand aufs Herz: uns geht es gut. Kann man ja mal sagen. Solange wir arbeiten können, die Miete zahlen und im Großen und Ganzen das machen können, worauf wir gerade Lust haben, zum Beispiel sich in einen Blaumann schmeißen und den Handwerker in sich ordentlich toben lassen, ist ziemlich vieles gut. Das ist auch ein Privileg, das sagen zu können, auch das wissen wir. Jetzt zu jammern, wäre nicht fair. Wir kennen Kolleg*innen und Freund*innen, denen geht es
wesentlich schlechter. Jetzt heißt es, den Allerwertesten zusammenkneifen und weitermachen. Beschissener geht es immer. Und nun genug aufbauende Worte, jetzt wird wieder Kaffee gemacht, Kuchen gebacken, Frühstück zubereitet und mit den Gästen geschnackt."

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