Singlelicious: Kann aus Verliebtheit Freundschaft werden?
Zu Schulzeiten dachte ich: Wenn du in deinen Zwanzigern steckst, dann bist du erwachsen. Eigene Wohnung, geregelter Alltag und ein Freund, als potenziellen Ehemann. Pustekuchen. Aber auch halb so wild. Lieber stolpere ich mit meiner Freundin in der rechten Hand und einem Glas Prosecco in der linken durchs Singledasein. Wer meine Wege kreuzt und welche Geschichten mein Leben schreibt erzähle ich euch in meiner Kolumne „Singlelicious“.
Folge 11: Wenn's für eine Beziehung nicht reicht, kann man dann befreundet bleiben?
In einem meiner 24 Lebensjahre machte ich für mich – wiedererwartend – eine völlig neue Erfahrung: Ich traf einen Typen, der rein optisch so gar nicht mein Fall war. Auch sein Lifestyle passte überhaupt nicht zu dem, was sonst meinem Geschmack entsprach. Meine Freunde*innen fanden ihn alle grauenhaft, aber ich fand ihn toll. Denn: Auf einer ganz bestimmten, aber ausschlaggebenden Ebene passten wir perfekt zueinander. Er hat mich angespornt mir jeden Tag das Beste abzuverlangen und das schätze ich noch heute an ihm, denn: auch wenn es mit ihm und mir nicht geklappt hat, ist er heute ein wirklich guter Freund von mir. Aber alles auf Anfang…
Die richtige Person am falschen Ort
Ich lernte ihn über meine damalige Mitbewohnerin kennen – auch sie und ich hätten unterschiedlicher nicht sein können. Als eines frühlingshaften Abends ein neuer Club in Hamburg eröffnete, den ich sonst wahrscheinlich niemals betreten hätte, ließ ich mich breitschlagen mit zur Eröffnung zu kommen. Während ich an meinem Gin Tonic auf der Dachterasse des Clubs nippte, mir völlig verloren vorkam zwischen all den Pumps und Glitzerkleidern und bei den Gesprächen längst abgeschaltet hatte, schlug mir jemand von rechts meine Zigarette mit den Worten "Rauchen ist scheiße!" aus dem Mund. Er begrüßte die gesamte Gruppe, deren Namen ich schon wieder vergessen hatte und drehte sich dann weg von mir. Ich dachte bloß: Du arrogantes Arschloch.
Ich tippte ihn an und das nur, weil ich diese Arroganz nicht auf mir sitzen lassen konnte – er spielte mit einem Feuerzeug rum – steckte mir eine Zigarette in den Mund, nahm ihm das Feuer aus der Hand und stellte mich ihm vor. Und da war er dann auch schon: Der Vibe einer frühlingshaften Partynacht, in der die Zeit stillsteht und du denkst, die Welt gehöre bloß dir.
Wir tanzten bis acht Uhr morgens mit einer großen Gruppe von Club zu Club. Am nächsten Tag wachte ich von der Vibration meines Handys auf: "Gehen wir nächste Woche mal essen?" Na gut, ok.
Gegensätze ziehen sich eben doch an
Aus dem geplanten Essen wurde eine wilde Nacht zwischen Bars und Clubs – ich lag am nächsten Tag um sechs im Bett. Ich denke, dass ich für uns beide spreche, wenn ich sage, dass uns beiden von Anfang an bewusst war, dass es mit ihm und mir niemals etwas Festes werden konnte: Während er sich durch Hamburgs Modelriege schlief, war ich doch viel angetaner von tätowierten Jungs in lässigen Windbreakern. Doch selbst wenn es abgedroschen klingt: Unsere Gegensätze zogen sich an.
Wir sahen uns seit diesem Abend regelmäßig und trotzdem stand irgendwie unsere Freundschaft klar im Vordergrund. Er erzählte mir von anderen Mädchen und ich ihm von anderen Jungs. Er brachte wirklich das Beste in mir zum Vorschein und ich hatte keine Sekunde den geringsten Zweifel, dass er auch nur das Beste für mich wollte. So ist bis heute immer eine seiner ersten Fragen: "Lenchen, was macht die Karriere?", wenn wir miteinander sprechen. Selbst wenn ich so gar nicht in seiner Welt lebe, auf die garantiert jedes Mädchen, das zu viel Gossip Girl geguckt hat, unfassbar neidisch wäre, liebe ich es mir die Geschichten von Fashion Weeks, Models und der neuen Haute Couture anzuhören – vorausgesetzt er erzählt sie mir.
Ich liebe dich, aber bin nicht verliebt in dich
Im Sommer desselben Jahres, in dem er und ich uns kennenlernten, fanden wir klare Worte für einander: "Ich liebe dich. Aber ich bin leider einfach nicht verliebt in dich" – da waren wir uns einig. Seitdem sind wir gute Freunde. Bedeutend viel hat sich nicht verändert, ausser dass wir uns betrunkenes Geknutsche sparen. Natürlich läuft es so nicht in jeder Beziehung, Romanze oder Liebelei, die sich als Fehlgriff entpuppt, ab.
Bei ihm und mir hat der Übergang von Verliebtheit in Freundschaft funktioniert – und zwar, weil wir zum einen beide gleich empfunden haben und zum anderen klare Worte für einander gefunden haben. Kommunikation ist in solchen Momenten alles. Genauso, wie beidseitiges Einvernehmen, denn hängt der*die eine doch mehr als der*die andere im Sumpf der Gefühle fest, werden Herzen gebrochen und alles geht nach hinten los.