Ausflugsvergnügen: Zum Wandern nach Ilsenburg im Harz

Wenn man von Hamburg aus Kurzurlaub macht, dann natürlich an der Nord- oder Ostsee. Nicht, dass das jemals langweilig wird, aber es wird Zeit, mal die andere Richtung auszukundschaften: südlich von Elbe, Franzbrötchen und Co. Und statt ans Wasser geht es diesmal in die Berge: Hallo, Harz! Genauer gesagt: in das klitzekleine Städtchen Ilsenburg am Rande des Brockens, wohl einem der deutschesten Berge überhaupt, mythenumrankt und von Dichtern umfänglich beschrieben.

Erstmal eine Ortsbegehung. Ilsenburg ist eine Nationalparkgemeinde und ein super Ausgangspunkt, den Harz kennen zu lernen. Es gibt nicht nur ziemlich romantische kleine Gassen und bunte Fachwerkhäuschen, sondern überall kleine Teiche und Wasserläufe, die mit ihrem Plätschern den Soundtrack der Stadt ausmachen. Das sind  Überbleibsel von früher, denn hier wurde bereits im Mittelalter die Eisenerzeugung groß geschrieben, deshalb gibt es auch noch überall in der Stadt Wasserläufe. Sehr zu empfehlen für eine Pause ist das Café im Kloster. Wenn man in Ilsenburg unterwegs ist, fällt einem sofort auf, mit wie viel Mühen und Herzblut die Fachwerkhäuschen hier gepflegt werden! 

Urlaub machen wie George Clooney?

Der so genannte Harzer Verschlag, eine gerne mal bunte Holzvertäfelung der Hausfront, wirkt fast schon ein bisschen kitschig, aber das möchte man doch auch vom Harz oder? Auch im Spätsommer ist das Städtchen wie ausgeflogen, was es natürlich reizvoll für diejenigen macht, die ihre Ruhe haben möchten. Super für das erste Kaltgetränk: Das „Landhaus zu den Rothen Forellen“ – auf der Sonnenterrasse des Sternehotels saßen auch schon George Clooney, Cate Blanchett und Matt Damon über einem Rosé zusammen, als 2013 Clooneys Kunstraub-Abenteuer „Monuments Men“ gedreht wurde und die Crew das gesamte Gebäude für mehrere Wochen angemietet hatte. Es gibt noch die Clooney-Suite hier, ansonsten ist Ilsenburg gefühlte Lichtjahre von Hollywood entfernt – und das ist vollständig als Kompliment gemeint! 

Abends gibt es einen gemütlichen Spaziergang zum Ilsetal (wir befinden uns übrigens hier am so genannten Harzfuß), vorbei an dem echt beeindruckenden, zweigeschossigen Kletterpark und dem Ursprung des Flüsschens Ilse. Nehmt Euch unbedingt eine Trinkflasche mit, das Wasser schmeckt 1A und ist lupenrein. Mitten im Wald liegt das Kurpark-Hotel – dass es hier eher zünftig zugeht, sieht man bereits an der Dienstuniform des superfröhlichen Servicepersonals, die aus Trachten besteht. Sie servieren Wildschweinmedaillons im Haselnussmantel, dazu Muskatnuss-Wirsinggemüse und Kartoffelstampf, danach Blaubeer-Crème Brûlée und Waldmeister-Consomé – regional, nachhaltig und auch preislich lecker.

Mal den Brocken rocken! Aber erstmal auf Schmalspur

Am nächsten Morgen geht es ab Wernigerode mit einem der Dampflook-Züge der Harzer Schmalspurbahn auf den Brocken. Jetzt weiß man auch, wo die ganzen anderen Touristen stecken! Es ist bumsvoll und die Fahrt dauert fast 2 Stunden. Immerhin: Ich habe einen Platz auf einer Plattform ergattert und kann auf die Wipfel der Fichten schauen. Leider ist das Waldsterben ein ziemliches Thema im Harz, Borkenkäfer und Klimawandel setzen den Bäumen seit Jahrzehnten zu, denn er frühere Erzanbau ließ keinen Mischwald zu, die robusteren Buchen wurden gekillt und bei den weitaus empfindlicheren Fichten herrscht stellenweise Kahlschlag. Um herauszufinden, ob und wie die vereinzelten Methoden anschlagen, dem Waldsterben ein Ende zu bereiten, braucht es einen sehr langen Atem. Es gibt aber zum Glück noch sehr viel satte, grüne Natur hier.

Auf der Brockenspitze bekommt man neben Panorama-Ausblick allerhand Entertainment-Programm: Das drei Stockwerke hohe Brockenhaus fährt eine umfangreiche Ausstellung zur Geschichte und Natur des Berges, zum Beispiel zu Goethes Walpurgisnacht aus dem „Faust“ oder zum kargen Alltag in den Militär-, Sende- und Abhöranlagen aus der DDR-Zeit. Da, wo früher Spionage betrieben wurde, kann man jetzt übrigens schlafen: Im Brockenhotel.

Von da an geht’s bergab…

Die Brockenwanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg zurück ins knapp 11 Kilometer gelegene Ilsenburg steht an – hello, Kniescheiben! Nach Goethe wanderte „Doppel-H“ 1824 auf den Brocken. Etwas enttäuscht soll er angeblich ins Gipfelbuch geschrieben haben: „Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine, Heinrich Heine“. Zunächst ist der Weg noch asphaltiert, dann geht es durch den Wald und dabei werden die Pfade immer schmaler. Das ist schon ganz schön romantisch hier! Sobald ihr ungefähr nach vier Kilometern zum ersten Mal ein leises Plätschern vernehmt: Geht ihm nach, im Dickicht ein paar Meter weiter gibt es einen tollen kleinen Bach, in dem man seine dampfenden Wanderfüße kühlen kann. Schließlich passiert Ihr im letzten Drittel des Weges die tosenden Ilse-Fälle – am liebsten will man alle 100 Meter anhalten und darin baden (Achtung: Naturschutzgebiet!) 

Am nächsten Morgen gibt es eine E-Biketour zum Ilsenstein, einer spektakulären Granitfels-Ansammlung, die längst nicht so viele Touristen kennen wie den Brocken, weshalb wir die einzigen sind, die zum Gipfelkreuz klettern. Tino von Biketours Harz ist ein super Guide, der auch so ziemlich alles über das Waldsterben und die verschiedenen Arten der Aufforstung weiß. Man merkt, dass hier jemand seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat! Und auch wenn man bisher nicht so viel übrig hatte für E-Bikes: Die sind in dieser Hügellandschaft ECHT praktisch… ein bisschen wie schnelles Wandern ohne Anstrengung fühlt es sich an. Man kann übrigens auch mit so einem Gefährt auf den Brocken! Eine Halbtagestour mit dem Bike gibt es hier ab 39 Euro.

Essen aus der Schmiede

Waldluft macht hungrig, auch wenn man nicht in die Pedale treten musste. Die „Nagelschmiede by Christian Meyerding Schmidt ist hier im Ilsetal die Anlaufstelle für gehobenere aber trotzdem noch entspannte Küche. In der einstigen Nagelhütte (nein, nicht was Ihr jetzt denkt…) von 1725 bieten der Inhaber Christian und sein Mann Mario einen kreativen und ziemlich leckeren Mix aus Tradition und Moderne an – das gebratene Wolfsbarschfilet mit Pfifferling-Linsensalat und Wildkräutern ist jedenfalls 1A. Bis Oktober kann man noch draußen auf der Terrasse direkt am Teich essen– und ich trinke den letzten Rest Grauburgunder seeehr langsam, um noch bis fast in die Nacht hier draußen zu sitzen. Im Harz schläft man übrigens wie ein Stein, fast den ganzen Tag mitten in der Natur zu sein, macht angenehm müde. 

Am nächsten Morgen ziehe ich weiter – ins Kloster Drübeck. Das ehemalige Benediktinerinnenkloster wurde 960 (!) erbaut; im 17. Jahrhundert wurde es zu einem Damenstift umfunktioniert  und heute ist es ein wunderschönes Erholungs- und Tagungszentrum – alles hier hat eine ziemlich beruhigende Ausstrahlung, für mich ist es eine Art spiritueller Abenteuerspielplatz und absoluter Zen-Ort: Es gibt eine wuchtige Sommerlinde im Hof, bei der man einfach nur sitzen und lesen kann, ich schlendere durch die unzähligen Gärten der Klosteranlage und darf sogar die Glocke auf dem Turm läuten (okay, das war vermutlich eine Ausnahme). Im Klostercafé gibt es selbstgebackenen Kuchen und daneben eine Streuobstwiese mit lauter Hängematten. Need I say more?

Wer Berührungsängste vor einem Kloster hat: Man muss nicht an Gottesdiensten oder Gebeten teilnehmen und kann hier wohnen wie in einem Hotel (49 bzw 39 Euro pro Person im Einzel- bzw Doppelzimmer), das Kloster liegt strategisch günstig für Wanderungen – und es ist, wie der gesamte Harz oder sagen wir der Teil, den ich jetzt kenne, ein perfekter Ort zum Runterkommen – und Checken, dass man auch südlich von Hamburg prima Heimaturlaub machen kann! 

Info: Mit dem Auto seid Ihr etwa 3 Stunden unterwegs, mit dem Zug braucht Ihr je nach Verbindun dreieinhalb Stunden. Es fährt auch ein FlixBus von Hamburg direkt nach Wernigerode (ca. 5,5 Stunden), dort könnt Ihr den Regionalbus nehmen, der etwa eine halbe Stunde nach Ilsenburg braucht.

Für diesen Heimaturlaub wurden wir freundlichst eingeladen von: Ilsenburg Tourismus

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