10.000 Schritte durch: Langenhorn
Die Smartwatch, der Fitnesstracker und sogar die Weltgesundheitsorganisation bestehen darauf: 10.000 Schritte am Tag sollen es sein, damit du dich ausreichend bewegt hast. Die Realität sieht da meist anders aus: Morgens zur nächsten Haltestelle hetzen, den ganzen Tag im Büro oder der Uni sitzen und auf dem Weg zurück vielleicht noch kurz beim nächsten Supermarkt vorbei. Am Wochenende findet der Schrittzähler dann seinen persönlichen Endgegner: an Sonntagen vom Bett zum Kühlschrank zur Couch — und wieder zurück. Damit ist jetzt Schluss!
In dieser Reihe zeigen wir euch in 10.000 Schritten die schönsten Ecken von Hamburgs Vierteln — ganz abseits von Planten un Blomen, der Alster oder Mönckebergstraße.
Grün, grüner, Langenhorn
Nur der kleine Fluss Tarpenbek trennt Langenhorn vom angrenzenden Norderstedt in Schleswig Holstein. Mit rund 45.000 Einwohnern auf 13,8 Quadratkilometern gehört Langenhorn eher zu den dünner besiedelten Stadtteilen des Bezirks Hamburg Nord. Leute, die im hippen Ottensen oder im schicken Eppendorf leben, verirren sich eher selten nach Langenhorn – dabei hat Hamburgs grüner Randbezirk viel mehr zu bieten, als die Nähe zu Schleswig-Holstein oder bezahlbare Mieten.
In der Fritz-Schumacher-Siedlung Hobby-Architekt spielen
Die Route beginnt an der U-Bahn-Station Langenhorn Markt und startet in Richtung Norden auf der Tangstedter Landstraße. Keine 15 Minuten später entlang der grünen Allee befindet man sich mitten in der Fritz-Schumacher Siedlung — benannt nach dem berühmten Architekten, der Anfang des 20. Jahrhunderts tätig war. Aus seiner Idee entstand 1919 die Siedlung aus 660 Wohnhäusern im typischen Stil des “Neuen Bauens”, die als Gartenstadtbeispiel dienen sollte.
Im Naturschutzgebiet Raakmoor Ruhe, Flora und Fauna genießen
Wer in der Fritz-Schumacher-Siedlung auf der Höhe der U-Bahn-Station Langenhorn Nord rechts abbiegt, findet sich plötzlich auf einer grünen Zunge wieder, die ins Naturschutzgebiet Raakmoor führt. Fast wäre das 18 Hektar große Gebiet durch die Abtorfung im letzten Jahrhundert komplett verschwunden, da das Land zum Ackerbau benötigt wurde. In den 70er Jahren startete eine Renaturierung, dass das Gebiet bald wieder zum Hochmoor werden lassen soll — und gestresste Hamburger*innen vom Trubel der Stadt abschalten lässt.
Bei der Helmut und Loki Schmidt Stiftung politische Zeitgeschichte erfahren
Weiter gehts in Richtung Norden auf der Tangstedter Landstraße, bevor diese Richtung Westen verlassen wird, um in den Neuberger Weg zu gelangen. Obwohl der Spaziergang durch Wohnsiedlungen und an Straßen entlang führt, ist in Langenhorn alles wunderbar grün. Genauso grün und ganz versteckt in der Hausnummer 80 befindet sich dann plötzlich politische Zeitgeschichte: Im ehemaligen Wohnhaus von Altkanzler Helmut Schmidt befindet sich heute die Helmut und Loki Schmidt Stiftung — wer online einen Termin bucht, bekommt sogar eine Führung durch das Anwesen und Archiv.
Auf dem Jüdtlandring das Gelände der ehemaligen Psychatrie erkunden
Auf dem Jüdtlandring, unweit vom Schmidt-Anwesen, befindet sich der Wasserturm der ehemaligen Ochsenzoll-Klinik. Der Wasserturm wurde 1913 errichtet, um die dort ansässige "Landesirrenanstalt" mit Wasser zu versorgen. Heute befindet sich auf dem kreisförmigen Areal die Askleipos-Klinik, nur noch der Wasserturm erinnert an die etwas verstörende Vergangenheit. Der Wasserturm ist seit 2012 nicht mehr in Betrieb und steht unter Denkmalschutz. Im Rahmen des Tags des offenen Denkmals kann er auch von innen besichtigt werden.
In der Schwarzwaldsiedlung das Fernweh nach Süddeutschland lindern
Das letzte Ziel der Tour lässt die Herzen aller Süddeutschen in Hamburg höher schlagen: heimische Fachwerkhäuser in der Essener Straße soweit das Auge reicht! Die Geschichte der Schwarzwaldsiedlung ist allerdings weniger schön: Während des Nationalsozialismus wurden die Häuser für leitende Mitarbeiter der süddeutschen Firma Junghans errichtet. In Hamburg war die Firma in der Rüstungsindustrie tätig und “beschäftigte” zahlreiche Zwangsarbeiter. Heute erinnert eine Gedenktafel an die Opfer — und die Häuser an den Schwarzwald mitten in Hamburg.