Wem gehört Hamburg?
Wem eine Stadt gehört, ist rein rechtlich betrachtet unzweifelhaft: allen. Und zwar ungeachtet ihres Geldbeutels, ungeachtet ihrer Herkunft, ungeachtet von Geschlecht, Einstellung, Status, ja ungeachtet sogar vom Wohnort. Die Stadt, jede Stadt ist demnach Gemeinschaftseigentum. Klingt sozialistisch, ist aber real. Einerseits. Denn andererseits gehört die Stadt einzelnen, also beileibe nicht allen.
Straßen, Plätze, Parks, Gewässer, die gute Luft ebenso wie die schlechte sind zwar öffentlich, also jedermanns, jederfraus Sache. Fast alles dazwischen aber, die meisten Gebäude, Gärten, ja selbst ein paar Straßen, Plätze, Parks und Gewässer sind Privateigentum, ergo: alles andere als öffentlich.
Im Gegenteil.
Wer unbefugt eintritt, begeht darin schnell Hausfriedensbruch, wer es befugt tut, zahlt Miete, Pacht oder Eintritt. Wem also gehört sie wirklich, die Stadt? Das versucht eine Initiative der Recherche-Gemeinschaft CORRECTIV! gemeinsam mit dem örtlichen Mieterverein und dem „Hamburger Abendblatt“ gerade herauszufinden.
Unter dem Titel Wem gehört Hamburg läuft noch bis nächsten Samstag eine Erhebung, bei der Wohnraumnutzer herausfinden können, wer ihren Wohnraum besitzt. Besser noch: auf der sie die Besitzer ihres genutzten Wohnraumes benennen. Denn hier, meinen die Correctiv!isten, besteht extremer Handlungsbedarf. Investoren, heißt es auf der Homepage angesichts rasant steigender Mieten „fahren hohe Renditen ein“, der Immobilienmarkt aber „ist intransparent“.
Wer zahlt die Miete – und wer steckt sie ein?
In der Tat. Dass von der knappen Million Wohnungen fast drei Viertel in Privateigentum sind und ungefähr ebenso viele vermietet, ist seit dem bislang letzten Zensus von 2011 – nach dem die Bevölkerung um weitere 100.000 Bewohner angewachsen ist – zwar einigermaßen bekannt. Wer genau da jedoch monatlich die Miete kassiert, darüber hingegen lässt sich allenfalls spekulieren. Dabei ist es aus Sicht der Mietervereins-Vorsitzenden Siegmund Chychla „nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die politischen Entscheidungsträger wichtig zu wissen, wem auf dem Wohnungsmarkt was gehört und wie sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt entwickelt“.
Mehr Transparenz für Mieter und Fairmieter
Die Initiative will aber nicht nur dem Statistischen Landesamt ein paar frische Daten liefern, die dort bislang nur unzureichend erhoben sind. Es geht auch darum, der grassierenden Spekulation mit diesem Grundnahrungsmittel des Sozialwesens ein Gesicht zu geben, also die vielfach unmenschlichen Motive hinterm Mietenspiegel kenntlicher zu machen. Das ist besonders im Falle auslaufender Sozialbindungen oder der massenhaften Veräußerung staatlicher Immobilien an internationale Investoren bedeutsam.
Das Ziel ist dennoch kein Pranger, sondern ein wenig mehr Wissen darüber, welche Zahl schwarzer Schafe in der großen Herde seriöser Vermieter steht. Letztere nämlich dürften ein ebenso großes Interesse an Transparenz haben wie die Mieter selbst.
Wem das Ergebnis der Erhebung weniger gefallen dürfte, sind indes jene Ausbeuter, die ihre Immobilien durch Vernachlässigung entvölkern, jede Reparatur als Aufwertung in Rechnung stellen, jahrzehntelang Staffelmieten erheben oder aus Lebensräumen Reichenghettos machen, die nicht mehr nur für sozial Schwächere oder Studierende unerschwinglich sind, sondern längst auch für den berufstätigen Mittelstand.
Sicher: Nicht alle Vermieter sind Spekulanten, aber es werden immer mehr. Noch bis zum 12.5. kann man dabei helfen, dass es irgendwann auch wieder weniger werden.