Es war einmal in Hamburg – 11 City-Schlösser & Burgen

Liebe Träumerinnen, liebe Hans-Guck-in-die-Lufts. Ihr da draußen, die an Stadtmärchen und Architektur-Abenteuer glaubt und deren Blick auch einmal eine Fassade entlangwandert – wir haben für Euch majestätische Herrenhäuser und urbane Palais gesucht. Und gefunden! Folgt uns, schwingt Euch auf Euer treues Fahrrad-Ross und zückt die Foto-Schwerter! Es waren einmal 10 City-Schlösschen und eine Burg in einem weit entfernten Bundesland an der Elbe.

© Alexandra Brucker

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Rapunzel, Rapunzel, lass Dein Haar herunter – in Burg Henneberg

Versteckt am Alsterwanderweg liegt Burg Henneberg. Mit ihrer rauen Fassade wirkt sie mittelalterlich. Dabei ist der Bau mit seinen 130 Jahren ein echter Jungspund. Das Exemplar in der Hansestadt ist ein Nachbau der Burg Henneberg in Thüringen im Maßstab 1:4. Ob sich Rapunzel auf so einen Fake-Turm eingelassen hätte? Wer weiß, vielleicht war an Rapunzel ja auch nicht alles echt (Stichwort: Extensions). In Burg Henneberg finden regelmäßig kleine, feine Veranstaltungen statt, bei denen das Gebäude öffentlich zugänglich ist. Neben den Konzerten stehen Lesungen, Märchenerzählungen, Theatervorführungen, Yogakurse und Seminare auf dem Kalender. Das ist doch mal was. Rapunzels Fazit: Alle Daumen hoch!

© Alexandra Brucker

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Feiern wie Aschenputtel anno dazumal - im Herrenhaus Wellingsbüttel

Wenn wir schon im schönen Alstertal sind, schlendern wir doch gleich einmal den Wanderweg entlang bis nach Wellingsbüttel. Oh la la, in diesem Herrenhaus muss einst la dolce vita getobt haben. Wie wahr. Im 19. Jahrhundert hätte selbst Aschenputtel im Hause Wellingsbüttel die Party ihrer Träume gefeiert. Die großbürgerlichen Jauchs hatten das Gut erworben. Im Gegensatz zu den bitterarmen DorfbewohnerInnen, lebte die Familie in Saus und Braus. Bis 1876 erwarben sie acht umliegende Ländereien, darunter das Landhaus „Grüner Jäger“. Wellingsbüttel wurde Schauplatz ausgedehnter Jagden und gesellschaftlicher Ereignisse. Hinter dem Herrenhaus legte die Familie einen Hirschpark an. Zur Erweiterung der Jagdmöglichkeiten pachtete sie den Duvenstedter Brook und setzte

© Alexandra Brucker

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Torhaus, Torhaus im Alsterland…

Jetzt heißt es: 180° Drehung. Wer nämlich dem Herrenhaus Wellingsbüttel den Rücken kehrt, steht in 3,2,1 Sekunden… vor dem Torhaus Wellingsbüttel. Ursprünglich wurde das Torhaus als Pferdestall des gegenüberliegenden Gutshofes genutzt. Seit 2005 wird der Fachwerkbau, der dem Stil des Backsteinbarocks zugerechnet wird, vom Kulturkreis Torhaus und vom Alstertal-Museum genutzt. Pro Jahr werden 50 bis 60 Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Vorträge, Kurse und Kinovorführungen angeboten. Nun verrate uns mal Einer: Torhaus, Torhaus, wir sind gespannt – wer ist Kulturkönig  im Alsterland?

© Alexandra Brucker

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Die Plangesche Villa – knapp dem Dornröschen-Schlaf entkommen

Wir verlassen die Alster und steuern die Elbe an. Hier, an der Elbchaussee, lebte Salomon Heine, Onkel des Dichters Heinrich Heine. Der Hamburger Bankier kaufte 1812 seinen Landsitz am Wasser und legte auf der Anlage einen englischen Landschaftsgarten an. Sein Neffe Heinrich war oft auf dem Anwesen an der Elbchaussee zu Besuch. Als Salomon starb, geriet das Gut in Vergessenheit und verfiel langsam. Dornröschen-Schloss-Schlaf-Alarm! Glücklicherweise kaufte der Mühlenbesitzer Georg Plange das Gelände und ließ dort 1913 für seinen Sohn Carl eine neue Villa errichten – die Plangesche Villa war geboren. Zwischen 1939 und 2000 nutzte die Hamburger Finanzverwaltung den Landsitz für den Ausbau der Seefahrtsschule.

© Alexandra Brucker

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Das Godeffroy-Haus im Hirschpark – wo der „Südseekönig“ regierte

Johan César VI. Godeffroy – mamma mia, was für ein Name! Der gute César wurde auch „Südseekönig“ genannt. Grund: Er verfügte nicht nur über 27 eigene, sondern zeitweise über 30 zusätzlich gecharterte Schiffe. Südamerika, Südostasien, Ostsibieren – César, der selbst Europa nie verließ, schickte seine Schiffe rund um den Globus. Er besaß zwei Werften, mit dem Clipper „Sovereign oft he Seas“ eines der schnellsten Segelschiffe der Welt, ein Kupferwerk auf der Elbinsel Steinwerder, mehr als 50 Handelsniederlassungen in der Südsee und riesige Kokosplantagen. In Blankenese zeugt der Hirschpark mit seinem Landhaus von 1789 heute noch vom Reichtum der Familie – und ihrem Fall während der Weltwirtschaftskrise…

© Alexandra Brucker

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Goldene Brüstungen & märchenhafter Park – willkommen im Jenisch-Haus

Wie im Wunderland: Alte Eichen, Kastanien, Ahornbäume, dazwischen saftig grüne Wiesen auf sanften Hügeln und immer wieder neue Blickachsen. Nur wenige Schritte von der Elbe entfernt liegt an einem Hang oberhalb von Teufelsbrück der märchenhafte Jenischpark. Wahrzeichen des Geländes ist das schneeweiße Jenisch-Haus mit seinen goldenen Brüstungen. 1834 ließ Senator Martin Johann Jenisch das klassizistische Herrenhaus für sich und seine Familie errichten. Erworben hatte er das Anwesen von dem Hamburger Kaufmann Caspar Voght, der dort bereits ab 1785 einen Landschaftsgarten im Stil einer „ornamented farm“ angelegt hatte, einer Mischung aus Nutzgarten und Parkanlage.

© Alexandra Brucker

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Die Slomanburg – ein urbanes Prinzenpalais à la Tudor-Style

Die hanseatischen Kaufleute fanden früh einen Weg, ihren Reichtum architektonisch und sich selbst als urbane Prinzen und Prinzessinnen zu präsentieren. Ein beliebtes Terrain dafür war der Harvestehuder Weg entlang der Alster. Hier entdecken wir - zumindest vom Namen her - auch eine Burg. Der Bau der Slomanburg am Harvestehuder Weg 5 war im Jahr 1848 eine Pioniertat. Während Rotherbaum nämlich bis dahin nur als bevorzugte Adresse für Sommerhäuser galt, entstand mit der Slomanburg die erste ständig bewohnte Villa am Alsterufer. Ein Jahrzehnt vor der Aufhebung der Torsperre war das noch mit einer Reihe Unannehmlichkeiten verbunden. Der Architekt  Jean David Jolasse entwickelte einen burgenartige Bau aus Türmen und Vorbauten im Tudor-Stil, die durch ein mächtiges Hauptgesims mit Zinnen verklammert wurden.

© Alexandra Brucker

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Das Budge-Palais – wo die Feen und Musen am Werke sind

Eine Klaviermelodie erklingt aus den geöffneten Fenstern, Arienfetzen durchdringen die Luft, Profs und Studis stehen im Hof – das Budge-Palais ist ein Hort der Musen. Fast scheint es so, als würden hier drei gute Feen ihre Gaben und Inspiration unter den studierenden KünstlerInnen verteilen. Heute wird das Gebäude von der Hochschule für Musik und Theater genutzt. Mit seinen 50 Zimmern, 20 Bädern und dem prunkvollen Spiegelsaal war das Budge-Palais um die Jahrhundertwende der wohl prächtigste Wohnsitz an der Alster. Sein Erbauer, Henry Budge hatte sein Vermögen als Bankier in den USA erlangt. 1903 zog er mit seiner Frau Emma in ihre Heimatstadt Hamburg. Vor allem Emma liebte die Kunst. Das jüdische Ehepaar spendete der Hansestadt ein Vermögen, unter anderem für die Universität. Nach dem Tod ihres Ehemannes verfügte Emma, dass das Palais in Hamburgischen Besitz übergehen sollte, für „mildtätige Zwecke“. Doch es kam anders. Die Nazis rissen sich das Palais für einen Spottpreis unter den Nagel…

© Alexandra Brucker

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Villa Beit – hier lebten die KönigInnen unter Hamburgs Mäzenen

Vom damaligen Star-Architekten Martin Haller gebaut, gelten Budge-Palais und Villa Beit mit ihren weiß verputzten Gebäuden als Inbegriff der Alsterarchitektur. Bemerkenswert an der Villa Beit sind insbesondere die Remise und die Wirtschaftsgebäude mit ihren Türmchen und Vorbauten im Hof des Eingangsbereichs an der Milchstraße. Die Beits gehörten bis zur Zeit des Nationalsozialismus zu den reichsten Familien Hamburgs. Sie galten - wie das Ehepaar Budge - als großzügige Mäzene und unterstützten unter anderem den Ausbau der Kunsthalle und der Universität. Nach der Machtübernahme griffen die Nationalsozialisten in die Vermögensverhältnisse ein - wie die Budge-Erben mussten auch die Erben Beits wegen ihres sephardischen Ursprungs ihre Grundstücke am Harvestehuder Weg an die Stadt Hamburg verkaufen. In die Villa zogen Angestellte der Reichsstatthalterei ein.

© Emma7stern by CC BY 3.0

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Die Sophienterrasse – Sesam, öffne Dich… nicht?

Kaufmann und Konsul Julius Friedrich Wilhelm Reimers kaufte 1860 die Grundstücke am Harvestehuder Weg 28 bis 36, legte dort eine Privatstraße an und benannte sie Sophienterrasse nach seiner Frau Maria Sophie Frederica Reimers. Auf dem Grundstück ließ er die Villa Sophia errichten. Während des Deutschen Reiches von der Wehrmacht genutzt, entstand hier ab 2007 nach einem Umbau eine Luxus-Wohnwelt für die Upper Class. Das „Sophienpalais“ verbirgt das ein oder andere Pöseldorfer Mysterium: Der ehemalige Tresorraum, in dem die Bundeswehr einst Waffen aufbewahrte, wird beispielsweise als Weinkeller genutzt - ein Quadratmeter kostet bis zu 15.000 Euro. Beim Blick auf das große Hauptportal mit den steinernen Adlern und der Muschelkalkfassade rätseln wir: Sesam, für wen öffnest Du dich wohl?

© Franzi Simon

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Es war einmal in Bergedorf… Hamburgs einziges Schloss

Ihre „Burg“ trägt Hamburg zumindest im Namen, Schlösser aber fehlen in der freien Stadtrepublik gänzlich. Oder? Auf hamburgischem Stadtgebiet steht nur noch ein „richtiges“, erhaltenes Schloss  – und zwar im Herzen von Bergedorf. Urkundliche Erwähnung fand das Schloss als „festes Haus“ erstmals im 14. Jahrhundert. Bis in das Jahr 1420 nutzten die Herzöge von Sachsen-Lauenburg es als ihre Residenz. Anschließend eroberten die Hansestädte Hamburg und Lübeck die Vierlande. Mehr als 400 Jahre war das Bergedorfer Schloss fortan der Verwaltungssitz zwischen diesen beiden Städten. 1867 zahlte Hamburg die Lübecker aus und beendete somit die Doppelherrschaft. Seit 1953 befindet sich im Schloss das Museum für Bergedorf und die Vierlande. Und wenn es nicht zerfällt, dann steht es da noch heute…

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