Warum Hamburg das Zeug zur Gastro-Hochburg hat
Hamburgs Gastroszene wurde gerade mit elf Michelin-Sternen ausgezeichnet. Darunter haben drei Läden zwei Sterne erkocht und das „The Table“ in der Hafencity gehört mit seinen drei Sternen zu den besten Restaurants der Welt. Als ich den Guide zur Sterneküche in der Hansestadt letzte Woche schrieb, erwartete ich keine große Resonanz – und wurde von der Vielzahl an Leserinnen und Lesern überrascht, die das Thema doch so interessierte.
Kann Hamburg mehr?
Doch warum genau war ich überrascht? Vielleicht, weil die meisten bei Hamburg und Essen hauptsächlich an Franzbrötchen denken. Und Fisch. Und vielleicht noch Currywurst, aber da kommt dann wieder der Konflikt mit Berlin hoch.
Und vielleicht auch, weil "doch niemand mehr als 20 Euro für was zu Essen" ausgeben möchte. Weil jede Woche ein neues Restaurant eröffnet, das Hauptspeisen für unter 15 Euro anbietet und die Leute Schlange stehen. Und absolut zufrieden damit scheinen.
Gastronomie verlangt nach mehr als Schnitzel und Pizza
„Sterneküche“ – das klingt wiederum nach Gerichten, die sich der Normalo nicht leisten kann. Nach Gerichten, die aus Rauch und verrückten Gewürzen bestehen und die in lächerlich winzigen Portionen serviert werden. Die Worte beinhalten wie "blanchiert" und "fermentiert" und sehr viele "an"s. Wildschwein-Tartar an Trüffel-Babykarotten und so. Gerichte, "die kein Mensch braucht", wie viele behaupten.
Doch ich finde es braucht sie. Denn mit ihnen hat Hamburg endlich einen Titel, fernab der viel gepriesenen "Musical-Hauptstadt". Hamburg hat das Zeug zur Gastro-Hochburg! Die 120 Euro für ein König der Löwen-Ticket haben die Touristen schließlich auch. Warum dieses Geld nicht mal in ein kulinarisches Abenteuer stecken und mal über den Tellerrand hinaus essen?
Die Mischung macht's
Dazu braucht es natürlich nicht den Guide Michelin, um das zu beweisen. Es reicht ein Blick auf die Neueröffnungen jede Woche, die Gerichte aus aller Welt zubereiten und das in einigen Fällen wirklich grandios – ganz ohne Stern. Doch die Sterneküche gehört eben auch zu Hamburg – auch wenn natürlich niemand (also fast niemand) jeden Mittag im Canard Nouveau oder Jacobs zu Mittag essen gehen kann.
Dass es aber die Möglichkeit gibt, sich in einem Vier- bis Acht-Gang-Menü zeigen zu lassen, was es abseits der 20-Euro-Grenze zu schmecken gibt, das gehört zu einer Stadt dazu, die es weltweit an die Spitze bringen will. Machen wir es wie Paris – hier denkt jeder an köstliches Essen und guten Wein. Kein Wunder, bei fast hundert Restaurants, die mit einen Michelin-Stern gekrönt wurden.
Bring it on, Hamburg!
München hat 13 Sternerestaurants, Berlin kann mit 21 Läden angeben – und Hamburg hat mit seinen elf Restaurants dieses Jahr einen Stern mehr als im letzten Jahr dazu gewonnen. Das ist ein Anfang.
Es ist also an der Zeit, dass Hamburg das alte Klischee von Krabbenbrötchen und Finkenwerder Scholle abschüttelt. Und als ernstzunehmende Stadt von kulinarischer Größe anerkannt wird. Doch dazu muss die Stadt selbst ihren Teil dazu beitragen und die Sterneküche nicht als nettes Beiwerk ansehen.