Eine Ode an deinen Lieblingsladen

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Es beginnt mit großen Plänen die du dir fürs Wochenende machst. Hier ein Konzert, da legt jemand auf und den neuen Ryan-Gosling-Film hast du auch noch nicht gesehen. Akribisch versuchst du alles unter einen Hut zu bekommen, meldest dich zu den passenden Facebook-Veranstaltungen an und kaufst dir Tickets. Und es kommt so, wie es jeden Freitag kommt. Mindestens die Hälfte deiner Pläne wirfst du wieder über Bord und du landest wieder in dem Laden, in dem du immer abhängst, trinkst dort das Gleiche was du immer trinkst mit den selben Leuten, mit denen du immer – naja – trinkst. Was dein ganz persönlicher wöchentlicher Selbstbetrug ist, ist auch eine Hymne an deinen Lieblingsladen.

"Einfach mal offen für Neues sein" – Bullshit!

Du dachtest, dass du eigentlich offen für Neues bist – ist ja nicht so, als hätte Hamburg nichts zu bieten. Du hast die Wahl zwischen 1500 Cafés und bestimmt ähnlich vielen Bars und dein Lieblingsgetränk gibt es nur in diesem einen Laden? Du machst es dir halt einfach und nimmst das, was du eh schon kennst. Dein Drink soll ja schließlich auch genau so schmecken wie du ihn kennst und wenn eine neue Tresenkraft sich in deinem Laden breit macht, wirst du sie freundlich darauf hinweisen, dass normal noch ein Fingerbreit mehr Gin reinkommt oder dir das jetzt zwei Eiswürfel zu viel sind. Immerhin hast du hier schon so viele potenzielle Monatsmieten versoffen, da kann man seinem Hoheitsanspruch auch mal Ausdruck verleihen.

Füge dich deinem Schicksal

Während du dich fragst, ob das schon der Anfang deiner Midlife-Crisis ist, fällt dir auf, dass du die gleichen Leute wie immer hier antriffst. Ein winziges Steinchen fällt dir vom Herzen – du bist somit schon mal nicht allein. Diese Woche noch hast du gesehen, dass die üblichen Verdächtigen sich bei Facebook für dieses und jenes Event heute Abend "interessieren". Genauer genommen sind diese daran interessiert, mit dir anzustoßen und über den selben Mist wie immer zu reden. Während die Crowd langsam anfängt zu Tanten, bist du mit deinen Tresen-Homies einer der Weirdos, die man kritisch anschaut und man fragt sich, was in dir so vorgehen mag. Du horchst in dich rein: Diese Gespräche haben irgendwie auch therapeutische Züge, denn du kannst dich über all die Nasen auslassen, die du werktags den ganzen Tag um dich hast.

"Kneipe und Familie unter einen Hut kriegen"

Der alberne Running Gag, den du und die Dame hinter dem Tresen jedes mal reißt, wird auch heute nicht ausgelassen. Nach einem kleinen Schnack fällt dir auf, dass du mit den Leuten auf der anderen Seite des Tresens mehr Umgang hast, als mit deinen Geschwistern oder deinen Großeltern. Aber eigentlich fungieren beide als moralische Instanz, denn früher oder später musst du dir von beiden anhören, dass du weniger trinken solltest. Du fasst dir ein Herz und bestellst nächstes mal ne Cola. Was du bestellst mag sich vielleicht ab und an mal ändern, wo du es tust aber nicht mehr.

Es ist ein schmaler Grat zwischen gastronomischer Engstirnigkeit und deinem heimeligen Gefühl zwischen Theke und Raucherbereich. Irgendwo da hast du dich mit vielleicht einer Handvoll Leuten eingenistet. Wenn du dich in deiner kleinen Welt am Wochenende wohlfühlst, dann hast du doch kein Grund dich auf zu neuen Ufern zu machen. Bleib wo du bist. Du kannst dich doch eh nicht wehren.

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