Das erste Mal Pub Crawl in Hamburg: Zwischen Flatrate-Saufen und Klassenfahrt

© Nina Ponath

Sechs Jahre ist es her, da waren meine Freundin Annjana und ich zusammen in London. Weil wir uns überhaupt nicht auskannten, was die Londoner Clubkultur anging, möglichst viele Menschen in unserem Alter kennen lernen wollten und mit Anfang zwanzig noch sehr, wirklich sehr, durstig waren, meldeten wir uns für ein paar Pfund beim Pub-crawl an.

Wem das nichts sagt: Beim Pub Crawl melden sich Touristen aus anderen Städten zu einer Kneipentour an. Man bezahlt vorher einen Festpreis für die Führung mit Guide und geht dann in verschiedene Clubs, wo man gratis Kurze oder Longdrinks bekommt. Pub Crawls sind in Großbritannien recht häufig und setzen sich allmählich auch in anderen europäischen Großstädten immer mehr durch. Hamburg als Touristik-Perle des Nordens bietet inzwischen natürlich auch verschiedene Sauf…, ähm, Kneipentouren. Einer der bekanntesten Anbieter ist „Abenteuer Hamburg“. Der Anbieter für Städtetouren aller Art führt trinkfreudige Touristen an drei Tagen die Woche aus. Annjana und ich haben – in Erinnerung an die gute alte Zeit und so – uns einen solchen Pub Crawl angeschaut.

© Nina Ponath

Punkt 11 soll es an einem Samstag an der U-Bahn St. Pauli losgehen. Im Gewusel schauen wir uns nach unserer Gruppe um. „Sucht ihr was Bestimmtes?“, fragt uns ein Mädchen die dort mit einer Truppe von fünf Leuten steht. „Wir wollen beim Pub Crawl mitmachen“, antworte ich. Jackpot, das Mädchen ist Nina, unsere Führerin. „Perfekt, dann sind wir ja komplett“, antwortet Nina und erzählt, dass sich heute Abend insgesamt sieben Leute angemeldet haben. Üblich seien 15 Personen aber im März sei nun mal nicht die typische Touri-Saison.

Los geht die Sauferei in der Großen Freiheit

Anders als in London, wo früher Teilnehmer aus der ganzen Welt mitmachten, die sich untereinander nicht kannten, werden die Touren in Hamburg von Reisegruppen, die sich untereinander schon kennen, gebucht. „Ganz häufig sind das natürlich Junggesellenabschiede“, sagt Nina. Die heutige Truppe ist aus Hannover; Jura-Student Carl hat vor zwei Monaten ein Praktikum in Hamburg begonnen und sich für das Wochenende Besuch eingeladen. „Nach der Tour weiß ich dann auch gleich, wo ich die nächsten Wochenende feiern gehen kann“, sagt er.

Damit er auch wirklich die richtigen Bars kennenlernt, fragt Nina am Anfang der Tour ab, welche Musikrichtung die Teilnehmer mögen. (Unser Wunsch nach billigem Mädchen-R&B wird leider ignoriert.) Carl und seine Truppe wollen sich Clubs zeigen lassen, in denen Pop und Co. gespielt wird, deshalb geht’s jetzt los Richtung „Große Freiheit“.

Während wir gehen, erzählt mir Nina, dass sie die Touren schon seit zwei Jahren macht. „Damals bin ich selbst gerade für meine Ausbildung neu nach Hamburg gekommen“, erzählt sie. Eigentlich sollte das Ganze nur ein Sommerjob sein, um die Zeit ein bisschen zu überbrücken, aber dann hatte Nina so viel Spaß an den Touren, dass sie dageblieben ist. Einmal die Woche verdient sie sich so noch ein Taschengeld neben der Ausbildung. Anstrengend findet sie das Pflicht-Feiern nicht, sagt sie –vielleicht, weil sie erst 20 Jahre alt ist.

© NIna Ponath

Unser erster Stopp ist der Kiosk. Nina schmeißt eine Runde Astra für jeden. „Ihr müsst euch das Bier unbedingt umfüllen lassen“, sagt sie, „sonst kann das, wenn ihr Pech habt, mal eben 5.000 Euro kosten.“ Während wir alle Richtung Reeperbahn schlendern hat Nina die Truppe komplett im Griff. Ich finde das ziemlich beachtlich, weil der Kiez wie immer komplett überfüllt ist und wir ähnlich aufmerksam wie eine Truppe Kindergartenkinder sind. Irgendwie kommen wir trotzdem alle gemeinsam und heil an unserem nächsten Stopp, dem ‚Herz Hamburg‘ an. Hier gibt’s gleich mehreren Runden Kurzen und so halten wir es hier ziemlich lange aus. Vielleicht fällt es uns aber auch so leicht, weil hier so alte Klassiker wie „Wannabe“ von den Spice Girls und die Backstreet Boys gespielt werden. Irgendwann reicht’s dann aber doch mit 90s und wir ziehen weiter in die „Große Freiheit“.

Und nochmal eine Runde Kurze für alle

Nina führt uns ins ‚Shooters‘, das schon rammelnd voll ist. Obwohl vor dem Club eine ziemlich lange Schlange ist, kommen wir sofort rein. Die Clubbesitzer kennen die Pub-crawl-Touren. Wir verziehen uns in eine Ecke nach hinten, wo es noch nicht ganz so verraucht ist und bekommen zur Begrüßung erst mal – richtig – eine Runde Kurze. Runde pro Runde werden alle Teilnehmer dann endlich etwas ausgelassener und tanzfreudiger, sodass die Zeit wirklich schnell vergeht. Zwei Uhr ist es, als die Tour als offiziell beendet gilt, ich auf meine Uhr gucke und Annjana und ich beschließen, dass eine dreistündige Kieztour dann auch genug ist. Wir sind müde, unsere Füße tun weh und die Tour hat uns wirklich ziemlich an unseren London-Trip und die gute alte Zeit erinnert. Nur leider halt auch daran, dass die inzwischen sechs Jahre her und wir nicht mehr ganz so belastbar sind.

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