Liebes 2017, gib mir bitte mein 2012 zurück
Das neue Jahr ist gerade mal ein paar Tage alt – und schon wird uns bewusst: Es hat sich nichts verändert. Trump ist immer noch bald Präsident, Obama verabschiedet sich mit einer rührenden Geste nach der anderen und The xx haben ein neues Album rausgebracht, zu dem wir den Untergang beweinen können. Gut, dass es Menschen wie deine Verwandten gibt, die schon seit Jahren sagen: "Früher war alles besser". Doch welches Früher? 2012, natürlich!
Die Welt war unfassbar unkompliziert
Sebastian Vettel wurde Formel-1 Meister, Usain Bold gewann zwei Mal Olympia-Gold, Kurt Beck verabschiedete sich aus der Politik, Syrien steckte in einem "Konflikt" und die Queen feierte ihr diamantenes Thron-Jubiläum (wie viele Jahre sind das? 200? Diamant, WTF?).
Heute sieht die Welt anders aus (aka: alles scheiße): Nico Rosberg gewinnt die Formel-1, Sigmar Gabriel macht immer noch Politik, von einem "Konflikt" in Syrien zu sprechen wäre zynisch und die Queen ist krank. Lediglich Usain Bolt gewinnt immer noch Goldmedaillen bei Olympia (Danke, Usain, und Grüße an deine Eltern!).
Besinnen wir uns auf die alten Tage (Früher war alles besser)
Warum genau war es 2012 einfacher zu leben, immerhin hat Balotelli uns (also die deutsche Fußballnationalmannschaft der Männer) bei der EM ziemlich kahl rasiert. Es waren die kleinen Dinge, die unser jüngeres (Hipster-) Ich beschäftigt haben: Soll ich mir ein Dreieck tätowieren lassen? Wo bekomme ich einen Turnbeutel mit aufgedrucktem Anker her? Wie wird man freier Autor für die Vice? Soll ich nach Berlin ziehen? Ist Kunstgeschichte ein zukunftsorientiertes Studienfach?
Damals, als die Avocado noch ein Geheimtipp war
Klar, nicht jeder Mensch war 2012 vom aufkeimenden Hipster-Wahnsinn betroffen, doch selbst meine Mutter konnte man mit dem supergeilen Rezept "Avocado-Brot" für sich gewinnen. Einfaches Rezept für eine einfache Zeit. Einfach geil waren auch die neuen Burgerbuden, in denen man für 7,50 Euro ein Mittagsmenü (Cheeseburger, Pommer, Cola) bekommen konnte. Was daraus geworden ist, hat Benedikt vor kurzem für uns in einer standgerichtlichen Abrechnung aufgeschrieben.
Musik 2012: Soundcloud, Tomorrowland und Lila Wolken
Was heute auf Platz 1 der deutschen Charts ist und elektronisch klingt, nahm seinen Anfang in, Überraschung, 2012. Denn in diesem Jahr brach die Streaming-Plattform "Soundcloud" so richtig durch. Dort wurden Songs und Sets hochgeladen, die Namen wie "Lebenslänglich" oder "My Way" trugen. Genre: Tech House , Interpreten: Falscher Hase und Robin Schulz.
Wichtigste und größte Party des Jahres: das Tomorrowland. Heute lacht man ein bisschen darüber, denkt man an die 250 Euro Eintritt und David Guetta als Hauptact vor 150.000 Menschen. Doch 2012 hatte diese Aufmachung irgendetwas Magisches, weshalb jeder auf das Tomorrowland wollte.
2012 war auch das Jahr der Aftermovies, denn nachdem das YouTube-Video des Tomorrowlands 140 Millionen Abrufe hatte, wollte jedes Festival ein mindestens genauso geiles Recap-Video haben. "Techno am Sandplatz - Official Aftermovie", welcome to 2012.
Wer EDM und Tech House nichts abgewinnen konnte, aber trotzdem auf MDMA durch die Weltgeschichte hüpfen wollte, der schrie mit Tränen in den Augen "Lila Wolken" von Materia, Yasha und Miss Platnum mit. Was. Für. Ein. Jahr.
Die heile Welt hatte eine heile Welt-Politik
Obama: Wiedergewählt
AfD: Wurde erst 2013 gegründet
Gauck: Frischer Bundespräsident
Breivik: Verhaftet
Donald Trump: Unternehmer
Facebook: Soziales Netzwerk
Und 2017 so: "Ja, war schön früher"
"Früher war alles besser zu sagen bringt doch nichts" - fast richtig. Sich daran zu erinnern, was damals unsere Werte, Normen, Weltvorstellungen und Alltagsprobleme waren, könnte jedoch ein guter Denkanstoß für 2017 werden. Vielleicht, wird es ja dann ein gutes Jahr.