11 tolle Plattenläden in Hamburg

Am 18. April ist wieder Record Store Day – für die einen ein Vehikel zur Förderung unabhängiger Plattenläden, für die anderen ein obskures Spektakel, bei dem sich Musiknerds um überteuerte Sonderpressungen prügeln. Ich sage: Wer Musik liebt und das Privileg genießt, in der Nähe eines Plattenladens zu wohnen, hat die verdammte Pflicht, diesen auch zu supporten – nicht nur am Record Store Day. Weil gepresstes Vinyl ein High-Five für die Seele ist und eine Datei nicht. Weil 30 Minuten Stöbern in Plattenkisten fünf Stunden Meditieren ersetzt. Und weil folgende Läden alles haben, was du brauchst.

© Philipp Jung

1
Freiheit & Roosen

Bei Freiheit & Roosen wird man als Neuankömmling mit der Frage begrüßt, ob man eine Erklärung für den Laden haben möchte. In der Tat befindet man sich in einem charmanten Labyrinth, dessen Logik sich in dem Moment erschließt, in dem man entscheidet, ein wenig zu verweilen. Als Belohnung winkt ein Reise durch die Zeit und durch Musikstile, von denen man vielleicht noch nie gehört hat. Das kreative Chaos im Laden, gepaart mit der verdammt guten Auswahl und der konsequenten Mainstreamverweigerung, macht Freiheit & Roosen zum Glanzlicht in der Hamburger Plattenladenlandschaft.

© Groove City

2
Platten shoppen im Groove City Recordstore

Groove ist der kleinste gemeinsame Nenner aller Platten im Laden von Marga Glanz, egal ob gerade A Tribe Called Quest die Bassbox sprengen oder Aretha Franklin ihre Seele ausschüttet. Wenn ihr Plattensammler*innen und/oder Musiknerds in eurem Bekanntenkreis habt, kauft egal welche Geschenke hier im Groove City Recordstore!

© Philipp Jung

3
Platten kaufen im Smallville

Die dünnen Buben von Smallville verkaufen nicht nur House-Musik aus dem Untergrund, sie mischen auch selbst kräftig darin mit. Ihr gleichnamiges Plattenlabel genießt internationales Renommee, ihre Designs prägen den Stil einer ganzen Szene und ihre Parties sind sowieso die besten. Wenn du also mit den coolen Jungs rumhängen willst, geh zu Smallville. Gibt auch Platten.

© eigener Fundus

4
Vinyl kaufen in der Hanseplatte

Die Idee, ausschließlich Musik aus einer bestimmten Stadt zu verkaufen, muss nicht zwangsläufig eine gute Idee sein. Im Falle von Hamburg natürlich schon. Denn hier protestieren die Goldenen Zitronen, schwadroniert Heinz Strunk, brüllt Jens Rachut, tanzt der Pudel, schwärmt Markus Wiebusch, rappen die Beginner, diskutieren Tocotronic, brilliert DJ Koze, schwärmen Blumfeld und lieben sich alle, irgendwie. Außerdem schreibt Gereon Klug den besten Newsletter der Welt.

Auswahl: Alles, was nach Elbe riecht
Stöberfaktor: 4/10
Wer sich hier wohl fühlt, fühlt sich auch da wohl: Hamburg

© Philipp Jung

5
Fischkopp Plattenshop

Klar, die Punks vom Fischkopp Plattenshop sehen vielleicht nicht aus wie aus dem Ei gepellt. Aber sie sind in jedem Fall netter als das distinguierte Marktstraßen-Flaniervolk, in deren Mitte sie ihren Laden aufgeschlagen haben. Dort geht alles über den Tresen, was mit Krachgitarren zu tun hat – von preisgünstigen Hardcorepunk-Klassikern aus den Second Hand-Boxen bis zu raren Sammlerstücken, für die man schon eine Menge Flaschenpfand wegbringen muss. Fischkopp ist die Perle im Matsch.

Auswahl: Punk, Wave, Hardcore, Metal, Doom
Stöberfaktor: 6/10
Wer sich hier wohl fühlt, fühlt sich auch da wohl: Størte, Flora, vor’m Penny

©Frank Egel

6
Entspannt shoppen bei Selekta

Lass dich bloß nicht stressen. Ernsthaft jetzt. Atme kurz durch, betrete den Laden und spüre, wie der Off-Beat langsam in den Organismus übergeht. Wie du langsam anfängst zu wippen und überlegst, ob es dir jemand übel nähme, wenn du direkt anfangen würdest zu dancen. Es gibt Reggaeplatten und super Klamotten fernab rot-gelb-grüner Rastamann-Klischees. Du bist in einem der beiden Selekta-Läden und alles ist gut.

Auswahl: Reggae, Dub, Ska, R&B
Stöberfaktor: 6/10
Wer sich hier wohl fühlt, fühlt sich auch da wohl: Elbstrand, Park, Hauptsache draußen.

© Philipp Jung

7
Platten ohne Ende bei Minigroove

Minigroove muss man einfach lieben. Weil der kleine Laden derart aus den Nähten platzt, dass man zunächst stapelweise Platten wegräumen muss, um zum Blättern an die Plattenkisten zu kommen. Weil die weggeräumten Stapel ebenso gut sind wie das Zeug in den Kisten. Weil man manche Platten mehrmals, aber zu unterschiedlichen Preisen findet (Nein, die 150 Euro sind kein Druckfehler, sondern der angemessene Preis für eine Erstpressung!). Und vor allem, weil man wirklich jedes Mal auf Gold stößt, wenn man nur lange genug gräbt.

© Benedikt Ernst

8
Durch Oldschool-Platten stöbern bei Crypt Records / Cool and Crazy

Hast du noch nie eine komplette Nacht im Komet verbracht, holst du das erstmal nach. Danach fragst du dich, wo du mehr von dieser wahnsinnig tanzbaren Art von Musik herbekommst. Die Antwort liegt in einem Keller zwischen Max-Brauer-Allee und Lessingtunnel, bitte an der Tür klingeln. Hier findest du einen grandiosen Fundus an Musik, die zwischen 1950 und 1979 erschienen ist oder zumindest so klingt. Falls du kein ausgewiesener Connaisseur der Szene bist, bring Zeit zum Probehören mit: Die Wahrscheinlichkeit, dass du nur einen Bruchteil der Künstler kennst, ist groß.

© Philipp Jung

9
Heißen Gitarrenkram kaufen bei Burnout Records

Lang gesagt: Wenn du dich in der Indie-, Punk- oder Hardcore-Szene bewegst und zu der Sorte Fan gehörst, die jede noch so winzige Information aus obskuren Musikblogs in sich aufsaugt, wird dir Burnout als Dealer immer beiseite stehen. Kurz gesagt: Bei Burnout gibt’s den heißen Gitarrenscheiß zwischen asozialem Geschrei und Skinny-Jeans-Pop. Charmant: Wo früher die CDs standen, werden heute Skateboards verkauft – nach der fragwürdigen Kündigung ihres Mietvertrags fand der Subvert Store bei Burnout Obdach.

© eigener Fundus

10
Geiler kleiner Plattenladen: Remedy Records

Das ist ja alles ganz hübsch mit diesen Indie-Plattenläden auf St. Pauli. Aber wenn man mal wieder Musik braucht, zu der man anständig dem Satan huldigen kann, führt der Weg nach Stellingen. Remedy Records hält die Fahne des Metal hoch – und zwar mit einer Hingabe, die man so in keinem anderen Genre finden kann. Im Gegensatz zu anderen sind sie dabei nie in der Zeit stehen geblieben. Außer natürlich in Sachen Mode. Aber hey: Nichts ist sexier als eine amtlich mit Patches zugepflasterte Jeanskutte.

Auswahl: Heavy-/Death-/Thrash-/Doom-/Black Metal, Gothic, Hardrock
Stöberfaktor: 8/10
Wer sich hier wohl fühlt, fühlt sich auch da wohl: Hell Over Hammaburg, Night Light, Walhalla

© Philipp Jung

11
Baller-Musik bei Otaku

„Smallville gehen bis 125 bpm, da fängt Otaku erst an“, sagte mal einer. Tatsächlich findet man hier eine Menge Techno von der ballernden Sorte, aber auch reichlich Drum’n’Bass, House, Dubstep und nicht zuletzt eine feine Auswahl an Rap-Klassikern. Wenn du also am Samstagmittag aus dem Club stolperst, schau auf dem Heimweg nochmal bei Otaku vorbei und nehm dir Nachschub für zuhause mit. Und eine Flasche Wasser vom Kiosk, bitte.

Auswahl: Drum’n’Bass, Techno, Minimal, House
Stöberfaktor: 6/10
Wer sich hier wohl fühlt, fühlt sich auch da wohl: Sternbrücke, Vila Nova, im Tunnel

PS: Natürlich ist diese Liste genauso subjektiv wie unvollständig. Die anderen Plattenläden – von Pure Soul und Michelle über Zardoz und Slam bis zu Ruff Trade, Championship und Rekord stehen den Genannten in nichts nach. Haltet sie am Leben. Lest ihre Geschichten im grandiosen Band „Recorded„. Und lasst das mit Amazon bleiben.

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