Kleine, geile Firmen: Lycka
Mit Buntstück und Lokaldesign hab ich in den letzten Wochen für euch zwei spannende Unternehmen kennengelernt, die ziemlich tolle Sachen mit Einrichtung machen. Dass heute jedoch alles nur um ein Möbelstück ging – nämlich die Tiefkühltruhe und ihre Eisabteilung – hat für mich ungefähr alles geschlagen. Vormittags gegen elf sitze ich in netter Gesellschaft an einem ovalen Tisch, darauf in unmittelbarer Löffelweite sieben bunte Papptöpfe, randvoll mit purer Liebe.
Das perfekte Breakfast!
Lycka, das ist Frozen Yogurt aus Hamburg. Der nicht nur ausschließlich gute Sachen enthält und noch besser schmeckt, sondern vor allem auch mit einer starken sozialen Mission um die Ecke kommt. Das Ganze geht auf die Kappe der drei Gründer und Geschäftsführer Sven, Felix und Johannes. Sie lernten sich während des Studiums an der Nordakademie Elmshorn kennen und sind gerade mal Mitte zwanzig. Mit Sven und Felix schnabuliere ich nun an der reich gedeckten Eistafel – da Johannes gerade noch seinen Master macht, ist er heute bei der Spezialausgabe von „Das perfekte Breakfast“ leider nicht dabei.
Jungs, wie seid ihr denn von Kommilitonen zu Geschäftspartnern geworden?
Felix: Schon ganz am Anfang in der Uni haben wir darüber nachgedacht, zusammen zu gründen – allerdings war das noch nicht so konkret. Dazu muss man sagen, dass wir dual studiert haben und dadurch früh die Frustration erfahren haben, die mit der Arbeit in großen Firmen einhergeht. Wir waren alle drei bei großen Traditionsunternehmen, wo man mit seinen neuen Ideen immer wieder gegen Wände gelaufen ist. Das war eigentlich so der Ursprung der ganzen Gründungsidee.
Was treibt uns an, was wollen wir mit einer Gründung eigentlich bewirken?
Sven: 2011 haben wir dann alle ein Auslandssemester gemacht. Felix hat Frozen Yogurt in Boston so richtig kennengelernt und war ziemlich begeistert. Dann sind wir wiedergekommen und haben erstmal zusammen mit einem kleinen Café in Uni-Nähe ein Shop-in-Shop-Modell gestartet, wo wir unseren selbstgemachen Frozen Yogurt hinter einer kleinen Theke aus der Maschine gepumpt haben. Da haben wir aber relativ schnell gemerkt, dass das so nicht unseren Vorstellungen entspricht. Weil es zum einen mit dem Café nicht sonderlich gut funktioniert hat und wir zum anderen das Gefühl hatten, uns damit nicht in dem Maße selbstverwirklichen zu können, wie wir eigentlich wollten. Deshalb haben wir uns dann eine längere Auszeit genommen und darüber nachgedacht, wie wir das Ganze richtig angehen. Also: Was treibt uns an, was wollen wir mit einer Gründung eigentlich bewirken?
Zu welchem Schluss seid ihr da gekommen?
Sven: Zunächst mal war unser Ansatz, dass wir mehr tun wollten, als nur Geld zu verdienen. Das war von Anfang an ein treibender Gedanke: Den Konsum von guten Lebensmitteln damit zu verbinden, etwas Gutes zu tun. Als dieser Entschluss stand, war das quasi die Geburtsstunde von Lycka. Und bevor wir dann überhaupt Namen, Design oder Joghurt hatten, haben wir uns verschiedene Hilfsorganisationen angeguckt und schließlich mit der Welthungerhilfe einen Kooperationspartner gefunden. Zum Glück waren die sofort dabei, ohne dass wir groß was vorweisen konnten. Was wohl daran lag, dass wir das Thema Entwicklungshilfe ein bisschen aus seiner schwierigen Ecke rausholen und in einen eher positiven Lifestyle-Bereich heben wollten, um so auch junge Leute zu erreichen.
Und dann habt ihr euch den Namen überlegt?
Felix: Genau. Wir wollten mit dem Produkt Lebensfreude transportieren und auf Schwedisch bedeutet Lycka ganz einfach Glück. Zufällig arbeiten wir aber auch mit einer extrem guten schwedischen Designagentur zusammen, in deren Signatur steht zum Beispiel „Lycka till!“ – viel Glück weiterhin.
Dann fehlte ja nur noch die richtige Umsetzung des Produkts.
Felix: Wir hatten die Idee und dann brauchten wir natürlich ein Rezept. Da haben wir relativ schnell mehrere Eismanufakturen kontaktiert und gefragt, ob die uns irgendwie helfen können. Wir haben gesagt, folgendes wär unser Rezept: möglichst viel Joghurt, möglichst viel Frucht, ein bisschen natürliche Süßungsmittel. Und damit man am Ende nicht eine Schicht Joghurt, eine Schicht Frucht hat usw., braucht man außerdem irgendeine Form von Bindemittel, das das Ganze cremig hält. Dafür benutzen wir natürliche Wurzeln, also Guarkernmehrl und Johannisbrotkernmehl. Am Ende wurde es ein kleines Familienunternehmen in Wales, das mit einem eigenen Bauernhof angefangen hat und mittlerweile eigentlich nur noch Joghurt und Eis produziert. Ich bin dann dahin geflogen und die haben uns Proben hingestellt, die einfach so lecker waren, dass die Entscheidung eigentlich direkt klar war. Da haben wir als Laien jemanden gefunden, der uns mit seiner Erfahrung wirklich geholfen hat.
Und nun mal ganz konkret: Was ist heute drin in Lycka – und was nicht?
Felix: Ein sehr hoher Anteil an Joghurt, zwischen 50 und 80 %. Der wird in Wales direkt lokal produziert. Jetzt haben wir ja aber auch noch unsere neuen veganen Produkte auf Soja-Basis, die produzieren wir hier in Hamburg. Und weil für Lycka keine Regenwälder sterben sollen, beziehen wir Bio-Soja aus Österreich. Je nach Sorte haben wir einen leicht schwankenden Fruchtanteil, bei Soja-Blaubeere liegt er zum Beispiel bei 21 %. Dazu kommt dann eben noch das jeweilige Süßungsmittel, also Rohrzucker oder Agavendicksaft. Und weil wir eben auch keine Sahne reintun, hat das Ergebnis dann je nach Sorte weniger Kalorien als ein durchschnittlicher Frühstücksjoghurt. Bei vielen anderen populären Marken lohnt es sich, mal genau zu gucken: Wenn da jemand 1 % Frucht hat, ist das schon viel. Manche arbeiten auch nur mit Aromen und Farbstoffen. Wir kommen komplett ohne Chemie aus und schleusen auch keine Luft ins Eis wie die meisten Hersteller. Wir finden, das geht einfach besser.
Und weil für Lycka keine Regenwälder sterben sollen, beziehen wir Bio-Soja aus Österreich.
Welche Sorten gibt es im Handel und wie teuer ist so ein Topf voll Glück?
Sven: Aktuell haben wir im Handel sieben Sorten, drei davon vegan. Also: Vanille, Mango, Erdbeer und Zitrone auf Joghurt-Basis, außerdem Soja-Schoko, -Blaubeer und -Himbeer. Die „normalen“ Varianten gibt es in zwei Größen, 210 oder 550 Milliliter. Die veganen Sorten bieten wir bisher nur in groß an. Was den Preis angeht, können wir natürlich nur eine Empfehlung abgeben, die großen kosten im Schnitt aber zwischen fünf und sechs Euro, die kleinen etwa 2,50 Euro. Wir haben aber ein kleines Geheimnis: Da wir per Hand abfüllen, sind die Becher meist ein wenig voller, als sie sollten.
Wie genau unterstütze ich denn mit dem Kauf eure soziale Mission?
Sven: Von jedem Becher geht ein fester Betrag direkt an die Welthungerhilfe, beim großen sind es elf Cent, beim kleinen sechs. Also nicht von unserem Gewinn, sondern direkt vom Umsatz. Wir wollten gern ganz konkret ein Projekt unterstützen und das auch kommunizieren, daher haben wir im letzten Jahr ein Schulspeisungsprojekt in Mali ausgewählt. Und die Entwicklung dort lief so positiv, dass der malische Staat das nun selbst übernommen hat. Jetzt machen wir das Gleiche in Burundi an etwa 60 Schulen. Das läuft so, dass eine Gruppe aus Freiwilligen und Mitarbeitern der Welthungerhilfe für jeden verkauften Becher eine kostenlose Schulmahlzeit zur Verfügung stellt. Bis heute haben wir so etwa 142.000 Essen ermöglicht.
Uns ist dabei wichtig, nachhaltig Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, und nicht einfach so Essen anzuschiffen und zu verteilen.
Man kann sich das hier gar nicht vorstellen, aber dort ist das ein unglaublicher Anreiz, die Kinder überhaupt zur Schule zu schicken. Besonders Mädchen bekommen so viel eher Zugang zu Bildung. Uns ist dabei wichtig, nachhaltig Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, und nicht einfach so Essen anzuschiffen und zu verteilen. Das Ganze ist eingebettet in die sozialen Systeme, die Nahrungsmittel kommen also zum Beispiel aus lokalen Schulgärten. Und selbst wenn das Projekt enden würde, wäre da einfach ein Know-how aufgebaut, mit dem es weitergehen könnte. Es läuft also auf Augenhöhe und das ist für uns die schönste Form der Entwicklungszusammenarbeit.
Und wo finde ich als Leckerschnute Lycka in Hamburg?
Sven: Anfang 2014 gab es die erste Listung, was bedeutet, dass die Zentralen einiger deutscher Supermarkt-Ketten uns in bestimmten Regionen aufgenommen haben, sodass ihre Märkte Lycka theoretisch bestellen konnten. Im letzten Jahr waren wir dann deutschlandweit in etwa 300 bis 400 Läden vertreten. Hier in Hamburg führt uns beispielsweise EDEKA Niemerszein, bei REWE gibt’s jetzt auch immer häufiger die veganen Sorten. Zum Beispiel bei dem in der Schanze. Das ist echt ein Wahnsinnsgefühl, das eigene Produkt da so auf dem Markt zu sehen. Gestern hab ich mich so gefreut, dass ich direkt eins kaufen musste. Außerdem gibt’s uns hier im Café Fillet of Soul und auch oft bei Budni.
Plant ihr denn aktuell, die Produktpalette noch weiter auszubauen?
Sven: Was den Frozen Yogurt angeht, haben wir noch ein paar Ideen. Lycka wird aber langfristig keine reine Eismarke bleiben, wir arbeiten zum Beispiel gerade an einem gesunden Snack-Riegel und auch ein Frühstücksdrink ist in Planung.
Das war unheimlich nett und irre lecker, danke euch!
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