Glaube, Liebe, Hamburg: Tob' dich aus!
Das Schönste daran, sich zu verlieben, sind diese Stunden, in denen man nur für- und miteinander existiert. Tage, an denen sich auf Handy und Computer Notifications sammeln, weil man schlicht vergisst, sie zu checken. Momente, in denen man so versinkt in diesem kleinen, interpersonellen Mikrokosmos, dass die Außenwelt zu bloßem Dekor wird.
Ich sitze auf deinem Bett und schaue dir in die Augen. Nicht mal in dein Gesicht, nein, nur in deine Augen. Für mehr ist kein Platz in diesem winzigen, gerade erst entstehenden Mikrokosmos. Manchmal muss ich sogar die Augen schließen und mich nur auf einen meiner anderen Sinne konzentrieren, weil mehr gar nicht in diese kleine Blase passt, die ich mit dir fülle und mir ins Herz verpflanze. Deine Augen sind blau-grün-grau und dein Geruch ist warm und männlich. Deine Oberlippe kratzt wegen der Barthaare auf meiner Haut und ich versuche, mir deinen Geschmack einzuprägen, weil ich ihn so gerne mag. Alles schön separat und nacheinander, denn auf einmal würde es mich wahrscheinlich komplett überfordern. Ich mag diese Momente, in denen das kleinste Detail wie das achte Weltwunder erscheint und wir uns gegenseitig mit den Augen eines Neugeborenen sehen. Wenn die kleinsten neu entdeckten Eigenschaften so spannend sind, dass die Außenwelt zu bloßem Dekor wird.
Du gehst neben mir die Straße entlang und erzählst mir von Dingen, die du spannend findest. Ein bisschen ist es so, als würde ich die Welt durch deine Augen sehen - und da sind so viele Facetten, die meine eigenen gar nicht wahrgenommen hätten. Häuserfassaden, Straßenecken und diese eine Reflektion auf dem Wasser, die mir vielleicht ohne dich entgangen wären. Wir setzen uns in ein Café, um zu verschnaufen und theoretisch weiß ich, dass wir nicht die einzigen Menschen dort sind. Aber es ist, als säßen wir in einer Blase, die sich langsam mit Gesprächsfetzen und Augenkontakt und unseren verschränkten Fingern füllt. Alles drum herum ist wie immer, aber das zwischen uns ist so neu, so schillernd, faszinierend, dass alles andere zwangsläufig zu bloßem Dekor wird.
Wir sitzen nebeneinander in einer dunklen Ecke eines Clubs. Um uns herum Bässe, Strobo, Eskalation. Die Musik ist so laut, dass ich fast nicht hören kann, was du sagst, aber es ist egal. Ich bin glücklich. Ich bin so voll mit kleinen Fetzen dessen, was da zwischen uns passiert, dass ich fast nicht mehr weiß, wohin mit mir. Deine Arme sind die einzig logische Lösung und irgendwo tief drin weiß ich, wie sehr wir mit unserer leuchtenden Blase aus Glück wohl alle um uns herum nerven müssen. Aber es ist mir egal.
Die Welt ist zur Kulisse für diese Liebesgeschichte geworden und manchmal bemerke ich es nicht, manchmal ist es mir auch egal. Aber immer, immer ist es das Schönste, das Allerschönste, das ich mir vorstellen, erdenken, in meinen kühnsten Träumen ausmalen kann. Surreal schillernd wie eine riesige, leuchtende Seifenblase ist um uns herum diese Sphäre aus unfassbarem, unrealistisch scheinendem Glück und ich möchte nie wieder irgendwo anders sein. Die Außenwelt ist bloßes Dekor - und doch so viel schöner, wenn man sie aus dieser Perspektive betrachtet.
Bilder: Luca Smoydzin