Glaube, Liebe, Hamburg: Raus dam(n)it

Hach, es könnte so schön sein: Da ist dieser wunderbare Mensch. Alles an ihm ist zum Tollfinden, Heiraten, Kinderkriegen, Doppelhaushälfte beziehen / Bauernhof gemeinsam sanieren, alles ist einfach so, dass du es am liebsten in eine Vitrine stellen möchtest, damit es immer so bleibt wie es ist. Du siehst diesen Menschen und weißt: Ich glaube ab heute wieder an die Kugelmenschentheorie, ich glaube, ich werde nie, nie, nie (niemals nicht!) wieder jemanden (keinen!) so toll (am tollsten!) finden. Herzlichen Glückwunsch: Du hast dich verliebt. Passiert ja nicht so oft, da kann man sich ja eigentlich freuen, meine Güte, was für ein Glück du hast. Oder?

Herz auf, Mund auf und los!

Du zweifelst ein bisschen, ob das jetzt wirklich so ein Glück ist. Denn während dein Herzschlag in der Nähe des absolut besten Menschens der Welt (des Universums, seit dem Urknall, besser als ALLES) ein Fall für den Kardiologen und eine Packung Beta-Blocker ist, spricht eine leise Stimme Folgendes zu dir: Mein liebes Gehirn, sehr verehrtes Herz. Ich weiß, dass ihr gerade ganz wahnsinnig werdet vor Glück und Euphorie, aber vielleicht solltet ihr dem Menschen auch mal sagen, was ihr da so empfindet. Denn heimliche Liebe ist ja ganz, ganz toll (Ganze Romane wurden darüber geschrieben! Und all die Filme, Lieder und Bilder!), aber leider führt apathische Abwartungshaltung nicht dazu, dass ihr am Ende Händchenhaltend in den Sonnenuntergang reitet. Es führt eher zu Schnaps, Kopf auf Tresen, endlos gelangweilten Freunden ob der immergleichen Jammerei, dass doch alles endlich perfekt sein könnte, wenn der andere doch nur endlich euren Liebreiz für sich entdeckte. Und dieser Konjunktiv nervt ohnehin ziemlich (sehr), also: Herz auf, Mund auf und sagen, was Sache ist. Oder?

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Bin ich gerade wirklich so rot geworden, wie ich denke?

Heimlich verliebt sein bedeutet in den meisten Fällen eine Dosis Stresshormone pro Aufeinandertreffen mit dem Objekt der heimlichen Begierde, die in der Regel für ein Jahr / einen Fallschirmsprung reichen würde. Jedes „zufällige“ Treffen ist Kopfterror und Angst, Anspannung und Idiotie. Du wirst dich nicht entspannt verhalten sondern wie ein Seefahrer, der von einem achtzehnköpfigen Kraken umarmt wird. Du wirst zum ständigen Beobachter jeder Geste deinerselbst: Sehe ich gerade gut aus? Hat er/sie gemerkt, dass ich jetzt zum fünfundzwanzigsten Mal rübergeschaut habe? Wenn ich über diesen Witz jetzt lache, denkt er/sie dann, dass ich ein bisschen dumm bin? Und wenn ich frage, ob er/sie noch etwas trinkengehen möchte – hört er dann eigentlich „Willst du mich heiraten“? Und bin ich schon wieder rot geworden? War der Blick zu intensiv, zu lang, zu bedürftig? Wirke ich bedürftig? Oh mein Gott, wirke ich etwa wie jemand, der nicht alleine sein kann? Bin ich wieder sechzehn? Soll ich vielleicht einfach sagen, dass...? Oder doch nicht? Oder?

Trau dich. Oder doch nicht?

Die Antwort auf alle Fragen ist: Ja. Mach. Mach und trau dich. Raus damit. Damn it. Denn: Heimlich verliebt sein bedeutet auch, eine Chance zu verpassen, die vielleicht da wäre, würdest du deinen hübschen Mund aufmachen. Heimlich verliebt zu sein kann natürlich auch sinnvoll sein: Wenn du eine Freundschaft nicht kaputtmachen möchtest. Wenn die Angebetete die Frau deines besten Freundes ist. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, einfach den Mund zu halten, sehr lange die Schiffe im Hafen zu beobachten und zu hoffen, dass das einfach vorbeigeht: das Sehnen und das Lieben, die Gier und das Gefühl, es kaum noch auszuhalten. Manchmal muss man (ich) dann vielleicht ganz viel White Russian trinken oder das Kopfkissen vollweinen. Oder die Freunde, Gott, einen Baum. Manchmal muss man einfach mal die Fresse halten. Aber meistens sollte man das nicht tun, denn:

Es ist eine ganz wundervolle Sache, das mit dem Verliebtsein. Es bedeutet: Du hast Gefühle, ein schlagendes Herz, einen Kopf, der sich an die Schulter eines anderen lehnen möchte. Es bedeutet, dass du fühlst und liebst und bebst und brennst. Es ist ein Kompliment für jeden, wenn du ihn wirklich richtig magst. Denn Gemochtwerden ist schön und es ist ein bisschen schade, dass die meisten Menschen so selten zu jemandem sagen, dass sie ihn mögen, dass sie ihn lieben, dass es wichtig ist, dass er da ist.
Also: Schluss mit dem Anhimmeln und Schluss mit der Angst. Schluss mit verpassten Chancen und Schluss mit der Heimlichkeit. Gehet raus und liebet euch, seid mutig, seid verliebt, seid ehrlich und traut euch. Und ja: eine Abfuhr tut weh und eine Abfuhr brennt lange und fühlt sich erst einmal schlimmer an, als das heimliche Lieben. Aber sie schafft auch Klarheit. Und im besten Fall Platz für jemanden, der alles erwidert, was da so in deinem Kopf seit Wochen vor sich geht. Und seien wir mal ehrlich: Jeder Mensch freut sich doch über ein Liebesgeständnis. Und vielleicht ist die Chance ja gar nicht so klein wie du denkst, dass deine Gefühle erwidert werden. Und vielleicht ist das einfach mal das verdammt Mutigste, Schönste und Lässigste der Welt: zu den eigenen Gefühlen zu stehen und zu sagen „Bei allem: Ich finde dich so unfassbar toll“. Oder?

Bild via 9gag

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