Glaube, Liebe, Hamburg: Olympia in Hamburg: gute Chance für gute Radwege.

Seit gestern ist es offiziell: Hamburg darf sich für Olympia 2024 bewerben. Sportlich möchte die Stadt sein und umweltbewusst. Neben großen infrastrukturellen Projekten sind es auch ganz alltägliche Veränderungen, mit denen die Stadt ihre Bereitschaft signalisieren kann. Etwa eine veränderte Mentalität gegenüber dem Fahrrad.

Als Radfahrer ist man in Hamburg so gut aufgehoben wie ein Eisbär in der Wüste Gobi. Das kann jeder bestätigen, der schon mal den kühnen Versuch unternommen hat, sich mit dem Rad durch das Stadtgebiet zu bewegen. Wenn es Radwege gibt, enden sie oft im Nichts oder auf Kopfsteinpflaster. Ein Belag, der ebenfalls gern verwendet wird, um bestehende Radwege mit Einfahrten für Anwohner zu durchziehen, damit die Baumwurzeln nicht allein als Hindernis dienen müssen. Nahe liegt da der Wechsel auf die Straße, doch das ist Fledermausland für den Radfahrer. Der Hamburger Autofahrer kennt wenig Gnade.

Es sind nämlich nicht nur bauliche Probleme, mit denen sich Radfahrer konfrontiert sehen. Das Kopfsteinpflaster ist auch in den Köpfen. Dem Hamburger ist das Zweirad fremd, er betrachtet es mit Argwohn. Ein Radweg ist immer ein willkommener Platz, um Autos oder Müllcontainer zu parken. Oder um der Enge des Fußweges zu entfliehen und einfach mal richtig gemütlich spazieren zu gehen. Wer es wirklich wissen möchte, möge sich an einem sonnigen Samstagnachmittag auf den Drahtesel schwingen und den Jungfernstieg entlang fahren.

Fahrrad-Fahrradvergnügen-Hamburg-Fahrradweg-Fahrradroute

 

Hamburg : Stadt der Autofahrer.

Dass Fahrräder sich nicht für den Stadtverkehr eignen, ist schlichtweg Unfug. Wer schon mal Amsterdam, Kopenhagen oder auch Münster besucht hat, weiß, wie bereichernd eine ausgeprägte Radkultur sein kann. Der Fahrradfahrer ist hier kein Aussätziger, sondern genießt Wertschätzung. Die Menschen sind mobil, ohne auf ihr Auto angewiesen zu sein. Als Ergänzung dient der öffentliche Nahverkehr. Das Autofahren wird reduziert, was für eine spürbare Entspannung sorgt. Das Fahrrad ist geradezu ideal für die Fortbewegung im urbanen Raum und im Sinne umweltbewussten Lebensstils mehr Lösung denn Alternative. Nur muss der Raum dem auch Rechnung tragen.

Hamburg wurde einmal baulich auf das Autofahren ausgelegt. Es war dem Zeitgeist geschuldet. Die Stadtplaner hatten den PKW im Kopf, als sie die Infrastruktur dieser Stadt entworfen haben. Wie schwer es dem Hamburger fällt, von dieser Idee zu lassen, zeigt sich in einem Gebiet jüngerer städtebaulicher Geschichte: der Hafencity. Fast noch stärker als das sonstige Stadtgebiet präsentiert sich dieser Nicht-Ort als fahrradfeindliches Gebiet. Ein Zustand, der wie vieles in der Hafencity schlicht grotesk ist. Und ein Zeichen für eine Politik, die nicht gerade am ökologischen und sportlichen Zeitgeist ausgerichtet ist.

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Ist eine Stadt, die das Fahrrad so gering schätzt, bereit für Olympia?

Bisher sicher nicht. Aber umso mehr kann sie die Bewerbung als Chance begreifen, Schwerpunkte neu zu definieren. Es sind nicht nur symbolkräftige Projekte, wie der Sprung über die Elbe, mit denen man die Bereitschaft unter Beweis stellt, olympischer Spiele würdig zu sein. Auch mit der Entscheidung für eine umweltfreundliche, sportlich ausgelegte Infrastruktur schafft man Argumente. Es gibt bereits viele Konzepte, die eher das Fahrrad als den Individualverkehr mit dem Auto im Sinn haben. Doch eine tatsächliche Umsetzung ist dringender denn je gefordert. Eine neue Fahrradkultur wäre eine dauerhafte Bereicherung für Hamburg. Selbst wenn es nicht klappen sollte mit Olympia 2024.

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Bilder: Ulrike Jäckel | Titelbild: Fahrrat Wandsbek

 

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