Glaube, Liebe, Hamburg: Mit dem Rücken an der Wand

Mit dem Rücken an der Wand, keinen Schritt zurück und nicht fähig, auch nur einen nach vorn zu gehen. “Nicht fähig oder nicht willig”, sage ich mir leise, während ich das Schnapsglas hebe. Eine Zigarette mehr, ein Glas mehr, eine Nacht mehr, eine Stunde, eine Woche oder Monate. Ich kann nicht gehen, ich kann nicht bleiben, ich kann nicht stehen und nicht weiterziehen, nicht hinnehmen, nicht loslassen. Nicht entscheiden.

“Das $Einzige, das du tun kannst, ist aushalten” sagt sie. “Du kannst es nur annehmen und aussitzen, bis der Sturm vorbeizieht, bis es plötzlich wieder klar wird und du atmen kannst. Auf einmal wird es vorbei sein, ohne dass du verstehst warum, du wirst wieder lachen und du wirst wieder wissen, was richtig für dich ist. Bis dahin ergibst du dich und nimmst es an, das Unglück. Manchmal muss man nur atmen und leben können, hin und wieder etwas essen und das Haus verlassen. Manchmal muss das eben reichen.”

Ich schlucke, während sie spricht. Versuche den Schmerz runterzuschlucken, der meine Kehle hinaufkriecht. “Vielleicht lernst du jetzt, dass du nicht perfekt sein musst, dass du nicht lächeln musst und nicht alles kontrollieren kannst.” Ich lächle. “Aber ich hasse es, unglücklich zu sein, ich will glücklich und lebendig und mutig sein. Wo ist das alles nur hin und wann ist es gegangen? Ich weiß nicht einmal, wann es angefangen hat.” Wir sitzen und schweigen, während über uns das Feuerwerk des nahen Sommerdoms explodiert. “Weißt du, du kannst auch im Unglück glücklich sein. Nur eben anders.” Ich möchte das Feuerwerk sehen, will die bunten Farben und Lichter sehen, will, dass der Moment besonders ist. “Nein, ich finde allein den Klang des Feuerwerks so schön, lass uns einfach genau hier sitzen bleiben”, sagt sie und hat so Recht.

Vielleicht ist manchmal das Einzige, das wir tun können, um die dunklen Zeiten, schwere Stunden und härtesten Lebensphasen zu überstehen das: aushalten. Erkennen, dass es gerade einfach Scheiße ist, annehmen, dass es nicht zu ändern ist und dann hinnehmen, dass es keinen Weg gibt. Dass jedes Ankämpfen und Aufbäumen es eben nur schlimmer macht, als es über sich ergehen zu lassen. Eben so lang, bis das Herz geheilt ist und das Denken wieder funktioniert, bis wir wieder aufstehen und weiterlaufen können.

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