Glaube, Liebe, Hamburg: Mietpreisbremse in Hamburg - geil oder nicht?

Die Mietpreisbremse in Hamburg ist seit dem 1. Juli da - aber: Nutzt sie uns eigentlich etwas? Und wie funktioniert sie?

Ja, du siehst richtig. Die Wohnung, die hier abgebildet ist, ist aus einem Inserat vom Wochenende, hat 46,15 qm und soll kalt 770 Euro kosten. Das macht 16,70 Euro pro qm. Das ist Wahnsinn. Nun ist es ja so, dass seit dem 01.07.2015 in Hamburg die Mietpreisbremse eingeführt wurde.

Mit diesem Instrument hofft die Koalition aus Union und SPD vor allem in Ballungszentren ein gutes Mittel zur Schaffung günstigen Wohnraums gefunden zu haben. Sie soll Mieter vor überteuerten Mieten und aufgezwungenen Maklerkosten schützen.


Was ist die Mietpreisbremse? Und welche Ausnahmen gibt es?

Die Regelung sieht vor, dass bei der Vermietung von Mietwohnungen die zulässige Miete in Gebieten mit „angespanntem“ Wohnungsmarkt - also in Ballungszentren und Unistädten - höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent angehoben werden darf.

So weit, so gut. Das Ganze klingt simpel und super. Wenn es da nicht den ein oder anderen Haken gäbe.
Viele Mieten in beliebten Stadtteilen sind schon so teuer, dass sie ohnehin nicht jeder bezahlen kann. Hinzu kommt: Das neue Gesetz ist durchlöchert mit Ausnahmen.

AUSNAHME #1 - NEUBAU
Um die Investitionsbereitschaft in nötigen Neubau aufrechtzuerhalten und Investoren und Eigentümer nicht abgeschreckt sind, sind solche von der Mietpreisbremse ausgeschlossen. So soll gewährleistet werden, dass weiterhin gebaut wird. Problem: Aber genau das ist der Punkt: um das eigentliche Problem zu lösen, müssten neue Wohnungen gebaut werden, die auch bezahlbar sind.

AUSNAHME #2 - MODERNISIERUNG
Außerdem von der Regelung ausgeschlossen sind bestehende Mietwohnungen, die umfangreich modernisiert werden und die Kosten 1/3 der Kosten eines Neubaus betragen würden. Die Idee: es wird ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen von Vermietern und Mietern geschaffen. Wer Geld investiert, soll damit weiterhin auch Geld verdienen. Problem: Wohnungen sind keine reine Ware, sie sind essentiell und Bleibe von Menschen. Da sollte es nicht um reine Profitmaximierung gehen, denn Wohneigentum verpflichtet.


DIE RECHTLICHE SEITE

 

mietpreisbremse-immonet

Vermieter, die sich an die Mietpreisbremse nicht halten, machen sich zwar strafbar, die Sanktionen sind jedoch marginal. Nun stellt sich bei mir natürlich die Frage, wie viel wohl der alte Mieter in der Augustenpassage zahlen musste, damit der neue Mietpreis im Rahmen der Mietpreisbremse rechtens wäre. Wenn ich mich nicht täusche, waren das 700€. Also 15 Euro/qm. Immer noch absurd.

Ganz interessant ist in dem Kontext allerdings, dass Mieter nun nach ihrem Einzug die zu viel gezahlte Miete zurückverlangen können, wenn sie feststellen, dass diese höher ist, als erlaubt. Der Vermieter ist in der Auskunftspflicht über vergangene Mieten. Jedoch ist dies erst möglich, wenn der Mieter den Vermieter rügt. Mal ganz ehrlich, wer will Streitereien von Anfang an? Zu einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt wird das auf der Ebene sicherlich auch nicht führen.

Maßstab für die Ermittlung der Miete ist im Übrigen der örtliche Mietspiegel, der die ortsübliche Vergleichsmiete dokumentiert. Da es an vielen Orten, auch innerhalb derselben Stadt, keine gibt oder manche zu veraltet sind, stellt sich die Frage, wie undurchsichtig das ist und die ganze Sache erschwert.

ALTERNATIVEN UND HILFE

Auf dieser Seite kann man sich über den aktuellen Mietspiegel informieren.

Im gezeigten Beispiel sieht das so aus:

hamburgde-mietpreisspiegel-rechner

Krass, nicht wahr? Beim oberen Spannwert von 8 Euro liegt der geforderte Preis bei der Wohnung in der Augustenpassage bei dem doppelten - 200 Prozent mal so viel, wie es der Mietspiegel angibt.
Das lasse ich jetzt erstmal so stehen.
Inwieweit man diese Mietspiegel-Angaben tatsächlich und realistisch in die Kalkulation einer Neuvermietung in bereits sehr beliebten Vierteln zur Rate ziehen kann und soll, ist fraglich.
Auch hier ist also sehr viel Spielraum gewährleistet.

Die Regelung unterstützt finanzstarke Suchende, die sich künftig mehr Wohnraum zu niedrigeren Mieten leisten können. Gerade wo die Nachfrage größer ist, als das Angebot, werden Vermieter trotzdem auf die Mieter mit stärkerer Bonität zurückgreifen. Beliebte Stadtteile werden dadurch noch attraktiver. Die Nachfrage explodiert, ohne dass gleichzeitig das Angebot im gleichen Umfang ausgeweitet wird. Wie auch?

Eigentümer werden Altbauten vermutlich nicht sanieren, da sich die Modernisierungen aus ihrer (finanziellen) Sicht kaum noch rechnen. Modernisierungskosten in kleinerem Umfang können nämlich nur noch bis zu zehn Prozent auf die Mieter umgelegt werden, allerdings nur so lange, bis der Vermieter seine Aufwendungen gedeckt hat. Bislang betrug die Umlage elf Prozent und die Mieten mussten nicht rückwirkend gesenkt werden.

NÜTZLICH ODER NICHT? MEIN FAZIT:

Zusammenfassend ist das große Aufgebot der Mietpreisbremse kritisch zu beäugen. Der Immobilienmarkt ist zu komplex für vermeintlich einfache Lösungen. Aufgrund der erhofften stabilen Mieten steigt die Nachfrage um ein Vielfaches. Vermieter wollen trotzdem die Mieter mit der stärkeren Zahlungskraft, sozial Schwächere bleiben womöglich auf der Strecke. (Der restriktive Mieterschutz hat bereits heute zur Konsequenz, dass zahlreiche leerstehende Wohnungen nicht mehr vermietet werden.) Eine künstlich herbeigeführte Mietobergrenze verschärft die angespannte Situation nochmals. Die Folge: Der Staat schafft ungewollt ein knappes, aber dennoch ausgesprochen günstiges Wohnangebot für Besserverdiener.

Die Mietpreisbremse ist ein guter Start in die eventuell richtige Richtung, aber die eierlegende Wollmilchsau kann sie nicht sein, da sie langfristig die Wohnmarkt-Situation nur etwas abdämpft. Um eine Nachfrage decken zu können, muss aber Angebot geschaffen werden. Investitionen in soziale Neubauwohnungen wären womöglich die bessere Lösung. Aber auch die schwierigere.

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Titelbild: Yelda Yilmaz

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