Glaube, Liebe, Hamburg: Station 17
Nein. Ich will nicht. Warum denn?! Na gut, okay, ich sag’s: Die sind behindert. So schreiben doch die meisten darüber: Bei Station 17 machen Musiker mit und ohne Handicap zusammen Musik. Klar, total integrativ. Vorbildlich. Gesellschaftlich wertvoll. Pah.
Es ist so: Mir ist das konzeptuell ziemlich egal, dass da Menschen mit und ohne Handicap spielen. Ich mag wirklich einfach die Musik und die Energie bei den Konzerten. Den Spaß an der Sache. Und deshalb will ich über Station 17 schreiben, über ihre Musik, das tolle neue Album „Alles für Alle“, für das die zehn erstmals richtige Popsongs aufgenommen haben. Aber ich tue mich wirklich schwer, da `ne große Kiste in Sachen "Inklusion" draus zu machen. Ich hab das Gefühl, das klingt nach Hippiescheiß und Weltverbesserung. "Schon toll, wie selbstverständlich da mit Behinderungen umgegangen wird..." Bla, bla, bla.
Dabei spielen die doch einfach als Band die Lieder, die sie zusammen schreiben, jeder mit eigenem Input - so wie jede andere Band auch. Nix mit Metaebene. Damit fehlt dann das Alleinstellungsmerkmal. Und das ist vermutlich genau richtig so. Dann ist Station 17 nämlich keine Band mit Behinderten, sondern einfach nur eine Band. Soll das dann doch jeder bitte finden, wie er will. Zur Not auch doof. Man muss auch Musik von Behinderten doof finden können.
Und mich als Erklärbär braucht man da schon mal gar nicht. Ich finde, Station 17 kriegt ein ganz normales Bandporträt, das nicht nach Unterschieden sucht, wo doch kaum welche sind, sondern das sie als Musiker wahrnimmt. Und bei den einzelnen Personen mag die Behinderung dann auch ganz individuell als Teil der Persönlichkeit und des kreativen Ausdrucks eine Rolle spielen. Das zu leugnen wäre absurd.
Also, Station 17, zehn Musiker, alle mit Herzblut bei der Sache. Seit über 25 Jahren gibt es die Formation in wechselnder Besetzung. Geprobt wird wochentags zwischen zehn und sechzehn Uhr in der barner 16 in Hamburg Altona. Barner 16, das ist ein inklusives Netzwerk von Kulturschaffenden mit Sitz – genau – in der Barnerstraße 16. Man ist Berufsmusiker, die Sessions sind professionell, die Aufnahmen auch. Immer wieder kommen neugierige neue Gesichter in den Raum. Und wie klingt das dann? Mal nach Kraut, mal nach Elektronik und neuerdings auch nach Pop. Und das ist eine Herausforderung, feste Songstrukturen und Akkordfolgen einzustudieren, die nicht nur auf Platte gepresst, sondern auch auf der Bühne abrufbar sein müssen. Das klappt ganz wunderbar. Kairo heißt die neue Single, und die schraubt sich im Ohr fest und will da bleiben. Parija Masoumi singt. Sie hat ein absolutes Gehör. Und sie ist blind.