Glaube, Liebe, Hamburg: Ein Abschiedsbrief

Ich packe meine Koffer und nehme mit: mich. Nichts außer mir, weil ich schon außer mir bin, verstehst du den Witz? Nein? Dann eben nicht.

Ich ziehe mir den Mantel aus Schweigen an, eine Metapher, natürlich, wie der Schnaps und die Kippen nachts um vier, das ist alles nicht echt, das waren ja nur wir. Ich sitze schon lange nicht mehr an Theken und hänge nicht mehr an Lippen, ich küsse nur noch Asphaltromantik und Betonherzen, ich will keine Wärme, ich will kein Hoffen, Herr Doktor, geben Sie mir etwas gegen die Schmerzen.

Da ist kein Jetzt im Sehnen nach Tagen, die vergangen, verlaufen, zerfasert sind in Momentaufnahmen, ein Blitzlicht hier, eines da, eine ewige Erinnerung an alles, was war.

Ich bin die mit gesenktem Kopf und abgebranntem Herzen, ich hab mich verschwendet, ich hab mich vertan, ich meinte das alles gar nicht so, was gelogen ist: ich meinte alles genau so, ich meinte genau das, ich meinte, ich hätte etwas Wertvolles gefunden, dabei hielt ich in meinen schweren Händen nur Luft, nur Worte aus Sand und Schmirgelpapier, nur die Ahnung von etwas, das ich mir selber erzählte: Du bist es wert, du bist es wert, du bist es wert, egal, wie kompliziert, egal, wie schwer.

Ich packe meine Koffer, ich ziehe aus diesem Land jetzt aus, hier ist alles so hässlich und keiner wird schlau daraus. Ich gehe hier weg, ich will hier nicht sein, ich hisse weiße Fahnen an jeder Ecke, ich schreie die Nacht an, in der ich mich verstecke. Ich vergesse jetzt, dass es das hier mal gab, ich schaue dir nicht mehr zu, ich lasse das jetzt, ich ziehe hier aus, ich gehe hier endlich weg.

Zurück lasse ich einen Zettel auf dem Tisch, auf den wir uns all die schmutzigen Wahrheiten legten, ich gehe noch mal hin, ich sehe: nur meine eigenen Notizen. Ich nicke, ich verstehe, du warst eigentlich nie da, deine Fratze nur Schatten, dein Mögen nur Langeweile, ich mache Feuer aus meinen Bekundungen, ich lasse das Land niederbrennen, zurück bleibt in Sand geschrieben:

Es nicht fassen können, es lassen wollen, es loslassen, es hassen, es lieben.

Und dann kommt der Sturm.

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