Filmvergnügen #6 - Who Am I?
Wer sagt, dass gute Kino-Thriller immer nur aus den USA kommen müssen — und nicht auch mal unseren deutschen Studios entspringen dürfen ? Richtig, niemand. Auch wenn die Realität oft leider genau so aussieht. Ob Regisseur Baran boOdar’s„Who Am I?“ mit Tom Schilling und ElyasM’Barek nun allerdings in diese Kategorie der lohnenden Streifen fällt, erzählen wir euch im neuen Filmvergnügen.
Die erste Szene: Hacker Benjamin (Tom Schilling) stellt sich der Cybercrime-Expertin Hanne Lindberg von Europol und schildert seinen Werdegang zu einem der meistgesuchten Hacker der Welt. Dabei fing alles so harmlos an: Außenseiter und „Hacker-Nerd“ Benjamin verknallt sich nämlich in seine ehemalige Schulkameradin und hackt die Server ihrer Uni, um ihr die Lösungen für die nächste Prüfung zukommen zu lassen. Leider wird er erwischt und lernt daraufhin den charismatischen Draufgänger Max bei den unausweichlichen Sozialstunden kennen. Beide teilen die Leidenschaft für Computer und Chaos und gründen zusammen mit Action-Junkie Stephan (dem wieder mal durchgeknallten Wotan Wilke-Möhring) und dem grummelig-bärtigen Paul (Antoine Monot jr. ; aka Saturns „Tech-Nick“) das Hacker-Kollektiv CLAY. Nach ersten harmloseren Aktionen — u.a. um Nazis zu bloß zu stellen oder dem Finanzsektor eins auszuwischen —, soll nun das nächste große Ding kommen: den BND hacken. Aber alles geht irgendwie schief, die russische Cybermafia mischt sich auch noch ein und Benjamin sitzt vor Expertin Lindberg. Was es genau damit auf sich hat, seht ihr am besten selbst. Wendungen garantiert.
„Who Am I“ ist einer dieser deutschen Filme die man nicht so richtig ernst nehmen kann, besonders das erste Drittel. Eine unrealistische Handlung (die so auch aus den 90ern kommen könnte), viel Cyber-Mythos und stereotype Hauptdarsteller, die man so oder so ähnlich schon woanders gesehen hat, runden das anfängliche fade Bild ab. Inspiriert ist „Who Am I?“ darüber hinaus ganz klar von mehreren großen Klassikern des amerikanischen Kinos, deren Bezug definitiv nicht verheimlicht werden — die an dieser Stelle aber auch nicht verraten werden sollen. Kenner wissen eh schnell Bescheid, wovon hier die Rede ist.
Dennoch: der Streifen fesselt, Spannung, Film und Darsteller brauchen etwas Zeit, kommen dann aber in Schwung; besonders nach dem Rahmenhandlung und Fahrtrichtung etabliert sind. Realismus spielt auch spätestens ab diesem Punkt nicht mehr die größte Rolle – gut so. Abschließend lässt sich nur noch sagen, dass der Film trotz nicht durchgängig überzeugender, wenn auch stylisher, Inszenierung durchaus sehenswert ist. Wendungsreicher, spannender Hacker-Thriller – Made in Germany.