Hamburg hakt nach: Warum gibt es so viel Kritik am Umbau des Feldstraßenbunkers?
"Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm!": Die Sesamstraßen-Fans unter uns haben diese lebenswichtige Weisheit natürlich längst verinnerlicht. Trotzdem traut man sich bei der ein oder anderen Frage dann doch nicht, sie zu stellen. Weil sie zu banal erscheint – oder man schlichtweg nicht weiß, wer die Antwort kennen könnte. Hier kommen wir ins Spiel! Wir haken für euch nach. Denn wir finden: Fragen – seien sie noch so simpel – sind nicht nur was für Kinder. Schließlich begegnen wir in Hamburg immer wieder kuriosen Dingen, die uns staunend oder fragend zurücklassen. Geht euch genauso? Dann schickt uns eure Fragen – wir beantworten sie oder suchen jemanden, der das kann.
Ceyda fragt: Warum gibt es so viel Kritik am Umbau des Feldstraßenbunkers?
Mittlerweile ist es nicht mehr zu übersehen: Der Feldstraßenbunker auf dem Heiligengeistfeld verändert sich. In 40 Metern Höhe sieht man jetzt hellgrüne Außenwände und einige Pflanzen. Der Flakbunker IV, wie er offiziell heißt, wird begrünt und erhält fünf zusätzliche Stockwerke – so weit der Plan des "Projekts Hildegard", das 2019 in die Bauphase gegangen ist. Kritik gibt es schon, seit die Idee des Umbaus noch in den Anfängen stand.
Denn eine Bürger*innenbeteiligung gab es nicht wirklich. Es konnten zwar in der Planungsphase schriftlich Kritik und Meinungen eingereicht werden – offiziell wurden diese aber nicht berücksichtigt. Dabei gibt es seitens der Anwohner*innen herbe Kritik, der neue Bunker würde zur weiteren Eventisierung des Stadtteils führen und das Gebäude stark in das Stadtbild eingreifen. 18 Meter höher wird der Bunker – schon ordentlich.
Neben einer Mehrzweckhalle für Konzerte und andere Kulturveranstaltungen soll der Feldstraßenbunker bald auch ein Hotel beherbergen. Ausgerechnet von der US-amerikanischen Hard Rock-Marke, die in den Landungsbrücken das Hard Rock Café betreibt – wo wohl nur selten echte Hamburger*innen zu finden sind. Das Reverb by Hard Rock sollte eigentlich schon im ersten Halbjahr 2022 eröffnen, jetzt ist Ende 2023 geplant. Zimmer buchen können soll man ab Spätsommer, einen Hotelmanager gibt es schon – Stand August 2023 gibt es allerdings nicht einmal eine Website, von Buchungen der geplanten 134 Zimmer mal abgesehen. Günstig wird der Spaß wohl nicht, auf der Seite des Reverb Hotels in Atlanta kosten Zimmer zwischen 120 und 750 Dollar. Luxusurlaub im ehemaligen Luftschutzbunker? Viele finden das pietätlos, bemängeln, dass der Bunker seinen Charakter als Kriegsmahnmal verlieren würde.
Die Begrünung war als Befriedung des Mahnmals angedacht, doch statt wuchernden Grüns sieht man bisher nur mintfarbene Terrassen. Die Bepflanzung ist aufwendig, schließlich müssen die Pflanzen in bis zu 58 Metern Höhe Stürmen, Hitze, Regen und Frost aushalten und die Jungpflanzen erstmal wachsen. Bis 2028 soll dann alles überwuchert sein, so plant es das beauftragte Landschaftsarchitekturbüro. Der Garten soll später einmal mit dem "Bergpfad", der entlang des Gebäudes führt, für alle frei begehbar sein. Klingt eigentlich super, aus einem Betonklotz eine grüne Oase zu machen. Naherholung für gestresste Hamburger*innen und Tummelwiese für Insekten und Vögel.
Doch auch aus ökologischer Sicht sei das Projekt fragwürdig, kritisiert der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Damit die jungen Pflanzen wachsen können, müssen Substrate verwendet werden – dafür braucht es wiederum Beton zur Befestigung. Und das ruiniert die CO2-Bilanz, denn Beton ist ein ganz schöner Klimakiller. Einige sprechen deswegen von Greenwashing des Bauvorhabens.
Selbst der Architekt des grünen Bunkers, Michael Kuhn, äußert dem Abendblatt gegenüber Kritik: "Der Baustand zeigt klar, dass der Entwurf offensichtlich nicht so umgesetzt wird wie verabredet." Der Berliner Architekt hat für die Agentur Interpol bis zum Baubeginn 2019 das Projekt drei Jahre geleitet – dann kam es zum Streit zwischen Interpol und Bauherr Thomas Matzen, der fortan in Eigenregie übernahm. Und anscheinend nicht den ursprünglichen Plänen folgt: "Ich empfinde es als meine Verantwortung, den Entwurf, wie wir ihn der Öffentlichkeit vorgestellt haben, und wie er verabschiedet wurde, bis zu Ende einzufordern", betont der Architekt, der sich nun per Anwalt eingemischt hat.
Ein weiteres Großbauprojekt ohne absehbares Ende?
Knapp 50 Millionen soll der Umbau kosten, nun verzögert sich die Fertigstellung bereits seit mehr als anderthalb Jahren und auch auf Updates auf der Webseite des Projekts wartet man seit fast einem Jahr – am 10. November gingen die letzten News zur beginnenden Bepflanzung online. Seitdem herrscht Stille. Wir können also gespannt bleiben, ob der Feldstraßenbunker zur Elphi 2.0 mutiert.