Singlelicious: Warum mir Freundschaften wichtiger als mein Partner sind
Zu Schulzeiten dachte ich: Wenn du in deinen Zwanzigern steckst, dann bist du erwachsen. Eigene Wohnung, geregelter Alltag und ein Freund, als potenziellen Ehemann. Pustekuchen. Aber auch halb so wild. Lieber stolpere ich durchs Singledasein. Wer meine Wege kreuzt und welche Geschichten mein Leben schreibt erzähle ich euch in meiner Kolumne „Singlelicious“.
Folge 14: Was macht Freundschaften wichtiger als den*die eigenen Partner*in?
Schon als ich ein kleines Mädchen war und meinem gerade Vater bis zum Bauchnabel reichte, predigte mir meine Mutter "Lenchen, man braucht keinen Mann um glücklich zu sein. Alles was du brauchst, ist eine Handvoll wirklich guter Freunde". Auch, wenn ich vieles, was meine Eltern mir an Ratschlägen serviert haben in Frage gestellt oder dagegen rebelliert habe – daran habe ich nie gezweifelt. Und das hat wirklich gute Gründe…
Du und Ich bis ans Ende dieser Welt – eine Bindung voller Freiheit
Freundschaften sind Bindungen voller Freiheit. Sie verpflichten euch zu nichts: keine Schuldgefühle wegen anderer Verbindungen, keine Familienessen in überheizten Räumen und am Ende des Weges steht kein Reihenhaus mit Goldenem Retriever im Sandkasten. Und selbst wenn all' diese Beziehungsdinge eine gewisse Sicherheit mit sich zu bringen scheinen, sind unsere Freund*innen doch die Menschen, die uns am nächsten stehen. Was stutzig machen sollte, ist das Wort "scheinen" – all' diese vermeintlichen Sicherheiten sind nämlich ein bloßer Schein. So schnell wie ein Reihenhaus bezogen und der Golden Retriever gekauft ist, ist beides auch wieder verkauft. Und der einstigen Liebes des Lebens mag man vorerst nicht mal mehr in die Augen schauen.
Freund*innen nehmen uns so, wie wir sind: Wir strengen uns nicht an, weil wir sehnsüchtig darauf warten endlich als der*die(!) feste Freund*in betitelt zu werden – wir sind einfach wir und werden so geliebt. Authentisch und bedingungslos. Während deine Freunde*innen dir an einem Abend noch heulend auf der Diskotoilette die Kotze aus dem Haar pulen, sitzt ihr am nächsten Tag zusammen beim Mittagessen und schmiedet Pläne, wie ihr es dem*der Ex heimzahlen könntet. Keine Scham, keine Konsequenzen – nur Liebe.
Freunde*innen sehen nur uns, den Menschen und das macht diese Verbindungen so wertvoll: Du wirst gesehen und nicht das Ich, was du mal wieder versucht zu präsentieren, während du die Bundesliga-Tabelle auswendig lernst, um dem neuen Schwarm zu gefallen.
Ein Ende ohne Schrecken
Ab und an kühlen Freundschaften ab – von Lebensphase zu Lebensphase sucht man unterschiedliches Glück. Ich weiß nicht, wie es bei euch aussieht: Doch habt ihr schon mal eine*n (alte*n) Freund*in getroffen und seid schlagartig umgekehrt, um euch hinter der nächsten Litfaßsäule zu verkriechen? Ich zumindest nicht. Im Normalfall fallen wir uns innig in die Arme, halten einen kurzen Plausch und gehen wieder unserer Wege. Nach der berühmten Nacht des drüber Schlafens bimmelt meist das Handy "Hey, lass uns doch nächste Woche mal einen Kaffee trinken gehen – hast mir gefehlt." Die erste Reaktion ist nicht etwa ein "Oh Gott, bitte nicht – wie komme ich da wieder raus?" sondern ein breites Grinsen, voller Vorfreude. Denn: Nichts hat sich geändert, wir sind die gleichen engen Freunde, die wir schon immer waren.
Freundschaften enden nicht, auch wenn sie mal abkühlen. Sie machen dir keinen Stress. Sie geben dir ein gutes Gefühl und helfen dir auf die Beine, sobald die negativen Gefühle dich zu Fall bringen. Ohne Fragen zu stellen.
I'm your BFF, Broke Friend for ever
Freundschaften sind einfach. Mal abgesehen davon, dass wir losgelöst und vollständig wir selbst sind, zweifeln wir nicht ständig. Beim Partner spuken uns ständig Fragen wie: "Will ich Kinder mit dir?", "Will ich mit dir zusammenleben?", "Kaufen wir einen Hund?" im Oberstübchen umher. Auf Beziehungen lastet ein enormer Druck, den wir uns selbst auferlegen (oder eben von der Gesellschaft auferlegt bekommen).
Bei Freundschaften ist das anders: Wir tun Dinge einfach und genau diese Erfahrungen des Einfachmachens lassen uns reifen und wachsen. Ohne Angst, ohne Druck. Und warum? Weil wir uns sicher sind, dass unsere Freunde*innen uns lieben werden – komme, was wolle.