Singlelicious: Als von der ersten großen Liebe nur noch "Liebe Grüße" übrig waren

© Franzi simon

Zu Schulzeiten dachte ich: Wenn du in deinen Zwanzigern steckst, dann bist du erwachsen. Eigene Wohnung, geregelter Alltag und ein Freund, als potenziellen Ehemann. Pustekuchen. Aber auch halb so wild. Lieber stolpere ich mit meiner Freundin in der rechten Hand und einem Glas Prosecco in der linken durchs Singledasein. Wer meine Wege kreuzt und welche Geschichten mein Leben schreibt erzähle ich euch in meiner Kolumne „Singlelicious“.

Folge 13: Wenn die erste große Liebe praktisch zu einem Fremden wird

"Hey Lena, sag mal hast du den Vertrag unserer alten Wohnung noch? Ich brauche den. Lg D." Ich rieb mir die Augen, rümpfte die Nase. Lg – Liebe Grüße? Ich wusste nicht ob ich lachen oder weinen sollte. Ich lachte. Nachdem D. und ich gefühlt unsere halbe Jugend miteinander verbracht hatten, in guten wie in schlechten Zeiten zusammen hielten (irgendwie…), unsere erste gemeinsame Wohnung bezogen und ich, als es vorbei war, dachte, ich würde in meinem ganzen Leben nie wieder glücklich sein können, war es nun also so weit: wir waren bei "Lg" angekommen.

Auch in Serien findet die Liebe einmal ihr Ende

Die Liebesgeschichte von D. und mir gleicht dem Drehbuch einer Staffel "Gossip Girl". Weil ihr das alle auf Netflix angucken könnte, erspare ich euch die Geschichte. Viel wichtiger: Wie können sich zwei Menschen, die sich mal so, so, so sehr geliebt haben,  so egal werden, dass es gerade noch so für ein "Lg" reicht?

Als ich die Wohnung von D. und mir ausräumte, besser gesagt mein Vater, war dieser Tag das Ende einer Welt für mich – für ihn irgendwie auch. Ich traf danach Mädchen auf Partys, die sich ihm anbiederten, die er aber abblitzen lies – für mich, obwohl sie doch alles für eine Nacht gegeben hätten. Ich bekam dann heulende Entschuldigungen auf verdreckten Diskotoiletten von ihnen. Rückblickend habe ich in dieser Zeit so viel über Menschen gelernt, wie ich es sonst wohl zu keiner anderen Zeit habe. Auch wenn es, als ich schon in Hamburg lebte, schon einige Jahre vorbei war, hielten D. und ich Kontakt – riefen uns an, wenn im Leben des anderen mal Land unter war (zugegebenermaßen meist in meinem), er lieh sich mein Auto für seinen Umzug nach Berlin, wir gingen an Weihnachten essen.

Hört sich erstmal nach einer Liebesgeschichte à la O.C, Gossip Girl oder How I Met your Mother an. Doch anstatt des dramatischen Happy Ends ging er seine Wege, ich meiner und die Erinnerung und die Verbindung zum anderen verblassten.

Es war eher ein schleichender Prozess der Entfremdung, den ich anfangs nicht wirklich zulassen konnte. Doch: D. ging ins Ausland, lernte neue Mädchen kennen und ich war in Hamburg und verhielt mich natürlich wie Mutter Theresa – logisch. Irgendwann traf ich D. wieder, ich sah ihn an und dachte bloß "Wo ist der Typ hin, in den ich so lange verliebt war?" – er war ein anderer Mensch geworden und ich auch. Er und ich? Das passte vorne und hinten nicht mehr. Ich war keine 16 mehr und er keine 19 mehr. Mal ehrlich: Ich machte mir schon Gedanken über die Liebe, ihre Vergänglichkeit und über das, was wirklich im Leben zu zählen scheint.

Alles bleibt in Bewegung, geh mit

Jetzt waren wir also bei "Lg" angekommen und ich finde es gut. Es beruhigt mich, auch wenn es komisch ist. Ich empfinde das Gefühl von Bewegung und Veränderung als befriedigend. Stellt euch mal vor, ihr würdet ab euren 20ern nur noch auf einer Stelle trippeln. Das wäre nichts für mich. Menschen kommen und Menschen gehen, man lernt von ihnen und reift an ihnen.

Wenn mir meine Mutter heulend im Bett den Kopf streichelte und mir predigte "Lenchen, das geht vorbei" habe ich ihr nicht geglaubt, aber es geht vorbei und das ist gut so. Manche Wunden heilen schneller, andere langsamer – es ist wichtig das zu akzeptieren. Und für alle, die sich die Tür zur ersten großen Liebe noch offen halten wollen: Erst, wenn ihr mit euch zufrieden seid und eurer eigenen Entwicklung freien Lauf lassen könnt, ohne sie abhängig von jemandem zu machen, seid ihr bereit für eine neue Beziehung. Wenn das Leben ein Film wäre, solltet ihr die Hauptrolle spielen, niemand anders sonst.

Und was mich betrifft: D. wird bis ans Ende meines Lebens meine ganz, ganz, ganz, große Liebe bleiben, auch wenn er es heute nicht mehr ist und wir uns jetzt "Liebe Grüße" senden.

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