Servus Hamburg: Zugezogene raus!

© Franzi Simon

15 Jahre in Süddeutschland hinterlassen Spuren. Sei es in der Sprache (Oine Semmel, bidde!), im Verhalten (Nicht geschimpft ist genug gelobt) oder allein in den Essensvorlieben (Kässpatzen/Käsespätzle ftw!). In Hamburg läuft es eben ein bisschen anders als in Bayern oder Baden-Württemberg. WIE anders es hier im Gegensatz zum Süden Deutschlands ist, erzählt euch Anna in ihrer Kolumne: „Servus Hamburg!“. Diese Woche geht es um die Abneigung von geborenen Hamburger*innen gegenüber zugezogenen Hamburger*innen.

Mittlerweile bin ich bei der zehnten Folge dieser Kolumne angekommen, umgerechnet bedeutet das, dass ich seit 20 Wochen meine Höhen und Tiefen des neuen Lebens hier in Hamburg mit euch teile. Diese Woche beschäftigt mich ein Thema, worüber ich mir nie groß Gedanken gemacht habe, das in der Hansestadt aber besonders kontrovers diskutiert wird. Es geht um die „furchtbaren Zugezogenen", die anscheinend das Stadtbild, die Kultur und generell alles hier in Hamburg zerstören.

Eine scharfe Brise zieht durch die sozialen Medien

Der Sommer ist endgültig vorbei und auch der wunderbare Herbst hat sich nun von uns verabschiedet. Das merkt man auch auf den sozialen Medien. Die Leute sind nicht mehr so viel draußen, verabreden sich und sind unterwegs, sondern bleiben lieber zuhause vor dem Laptop und Smartphone und werden im Umgangston ganz schön rau und kalt. In „Servus Hamburg“ geht es um meinen Umzug nach Hamburg, dass mich das zugleich zu einer „Zugezogenen“ macht ist offensichtlich. Dass das bedeutet, für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Hansestadt-Bewohner*innen ein ziemlich großer Dorn im Auge zu sein, wird mir gerade bewusst.

Mein ganzes Leben lang bin ich schon von einer Stadt in die nächste umgezogen. Immer war ich irgendwo „die Neue“, aber hatte nie das Gefühl unerwünscht zu sein. Die Leute in meinem Umfeld haben mich sehr herzlich aufgenommen und es gab nie Probleme mich zu integrieren. Auch hier gab es keine Komplikationen. Die Hamburger*innen waren und sind bei direkten Kontakt immer noch sehr gut zu mir. Im indirekten Kontakt, besser gesagt online, sieht das ein bisschen anders aus.

Wenn man mit den Leuten aus anderen Teilen Deutschlands schon nicht zurecht kommt, wie soll man dann andere, echte Probleme in Griff bekommen?

„Quiddjes“ nennt man wohl die Plage, die sich immer mehr verbreitet und die tolle Stadt mit Neugier, kultureller und sozialer Vielfalt verpestet. Die Zugezogenen sind Teil des Problems, dass Orte ihren Charakter verlieren, mainstream werden und die ganze Stadt sich verändert. Dazu sage ich nur: Stillstand ist der Tod. Ist es denn so schlimm, wenn Menschen hierher ziehen, weil sie ihre Träume verwirklichen wollen? Hat mal jemand daran gedacht, dass es auch für die Zugezogenen schwer war die Heimat, Freunde und Familie zurückzulassen? Umzüge sind keine leichte Entscheidung und anstatt die Neuankömmlingen anzufeinden und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie hier unerwünscht sind, würde es doch Sinn machen, seinen Blick etwas zu erweitern, Verständnis auf zu bringen und – vielleicht sogar etwas neues zu erfahren.

Ich verstehe, dass es schwer sein muss, wenn sich die Stadt so rasant verändert. Sich allerdings die ganze Zeit nur darüber aufzuregen und sich quer zu stellen, bringt nur Falten, Frust und verlorene Lebensjahre. Liebe gebürtige Hamburger*innen, seid doch froh, dass sich so viele von eurer Stadt angezogen fühlen! Was für ein größeres Kompliment kann denn eine Stadt bekommen? Neue Menschen heißt, dass es neue Ideen gibt, dass frischer Wind in die Stadt kommt und dass es vorangeht.

Kritik ja, beschimpfen nein

Ihr Hamburger*innen seid doch mehr als maulige Miesepeter. Kritik äußern ist immer gut solange sie nicht verletzend und abwertend wird. Weitet doch einfach mal euer Sichtfeld und euren Horizont. Ich bezweifle, dass es in eurem Umfeld nur Zugezogene gibt, die für euch belastend sind. Kann es nicht sein, dass die nette Verkäuferin an der Kasse, die Pizzeria eures Vertrauens oder gar ein enger Freund*in gar nicht gebürtig aus Hamburg kommt? Ich schwöre euch, auch wenn wir zugezogen sind, sind wir keine schlechteren Menschen.

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