Mit Geflüchteten gemeinsam feiern: Volles Programm beim HP1-Festival in Harburg
Ein 30 Meter hoher, rotbrauner Klinkerbau und das Logo der Deutschen Post an der Fassade: In einem solchen Gebäude vermutet ihr sicherlich keine Erstaufnahmeeinrichtung. Und dennoch warten hier Menschen aus aller Welt während ihres laufenden Asylverfahrens auf die Weitervermittlung in Folgeunterkünfte. Die Harburger Poststraße 1 ist so etwas wie eine Transitzone – nicht nur für rund 260 Geflüchtete, sondern auch für die Einheimischen. Im selben Gebäudekomplex ist das Briefzentrum Hamburg-Süd untergebracht. Hier wird Post sortiert und verteilt, in unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich der Bahnhof Harburg, den täglich Tausende Hamburger auf dem Weg zur Arbeit und zurück passieren. Und trotzdem findet das wuselige Treiben unmittelbar am S-Bahn-Ausgang Neuländer Platz außerhalb unserer Wahrnehmung statt.
„Das ist auch der Grund, weswegen wir uns schon im Januar 2018 dafür entschieden haben, die Öffentlichkeit bei einer großen Veranstaltung mit Musik, Tanz und Unterhaltung für Kinder mit einzubeziehen“, so Marcus Wild, der seit drei Jahren bei f & w fördern und wohnen arbeitet, dem Betreiber der Erstaufnahmeeinrichtungen. „Naja, du hast nur vorsichtig gefragt ‚Wollen wir ein Konzert machen?‘ – und ich hab dir gesagt: Lass uns ein Festival draus machen!“, korrigiert die ehrenamtliche Helferin Helene Buchholz mit einem Augenzwinkern. Die Idee des „HP1-Festival“, das nun am 26. August von 14 bis 22 Uhr auf dem Neuländer Platz stattfindet, war geboren – und das Programm und die Angebote sollten immer mehr Konturen erhalten.
Kleine Kunstwerke für Pauli-Fans
Besonders die Iranerin Asrin Rajabi und die Georgierin Edith Kortua wurden durch den Tatendrang des siebenköpfigen Organisationsteams angesteckt. Ihnen gelang es, als Kontaktpersonen insgesamt 30 Bewohner für die Mitarbeit an einem Essensbazar oder auch bei Aktivitäten für Kinder zu begeistern. Edith Kortua fertigte aus Glasflaschen, Pappmaché und Kleber sogar kleine Kunsthandwerke, die sie zum Festtag gegen eine Spende zum Verkauf anbietet. Denn: Der Eintritt ist kostenfrei, die Veranstaltung wird weitgehend von Ehrenamtlichen organisiert.
Eine von ihnen ist Franziska Schubert, die sich noch an ihre Anfänge in der Arbeit mit Geflüchteten erinnert. „Im Winter 2015 war hier noch die Zentrale Erstaufnahmestelle untergebracht – und die Einrichtung war zeitweise so überfüllt, dass die Menschen auf den Treppen schlafen mussten. Aus dieser Notsituation heraus hat sich unsere Initiative Das Teemobil e.V. gegründet und wir haben zunächst heiße Getränke und Decken verteilt. Als sich die Zustände normalisiert haben, wurde aus dem Teemobil eine Institution, die durch das Ausschenken von Schwarztee und Kaffee sowie die Ausgabe von Gebäck und Kuchen wochentags in Unterkünften in ganz Hamburg und weiterhin jeden Freitag an der Erstaufnahmestelle in Harburg das soziale Miteinander fördert. Das kommt bei den Bewohnern immer noch gut an.“ Zum „HP1-Festival“ wird Das Teemobil e.V. folgerichtig auch wieder Heißgetränke ausschenken. Fürs leibliche Wohl sorgen mit ihren Kochkünsten Familien und Einzelpersonen, die das Organisationsteam tatkräftig unterstützen.
Multikulti wird gelebt – auch im musikalischen Programm
Das musikalische Programm reicht von Beatboxing über Pop bis zu traditioneller Musik. Die Hip Hop-Tanz-Formation Ausländer Tanzen Geil wird ebenso für Stimmung sorgen wie Téry Kafo mit westafrikanischer Musik. Ziel ist, dem breiten Musikgeschmack und auch den verschiedenen Sprachen und Kulturen der Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung gerecht zu werden. Als ein Unterstützer beim Bühnenprogramm konnte der Rap for Refugees e.V. gewonnen werden, der regelmäßig Workshops in verschiedenen musikalischen Stilrichtungen und Tanz anbietet. Der Verein hat Lia Sahin (Beatbox Entertainment) und das internationale Rap-Kollektiv Rapfugees aus Hamburg im Gepäck. „Es gibt viele Ursachen für Flucht – Krieg ebenso wie Probleme zuhause. Bei uns bekommen alle Geflüchteten, egal welcher Nation, die Möglichkeit, auf einer Bühne ihre Geschichte zu erzählen“, so Petra Kloock, die dem Rap for Refugees e.V. im Oktober 2017 beigetreten ist.
„Wir suchen auch am 26. August ab 12 Uhr noch tatkräftige Unterstützung beim Aufbau der Pavillons, Bänke und Zelte, aber auch etwas zu essen kann gern noch mitgebracht werden. Wer mit anpacken und sich einbringen möchte, kann gern zum Neuländer Platz in Harburg kommen“, so Marcus Wild. Der befindet sich übrigens genau an einem Ausgang der SBahn-Haltestelle Harburg – auch, wenn ihr das riesige Gebäude bisher eher mit der Deutschen Post in Verbindung bringt.