11 Dinge, die eine Hannoveranerin über Hamburg denkt
Die meisten von euch kennen Hannover wahrscheinlich nur durch das verschmierte ICE-Fenster auf dem Weg in die Heimat. Im Idealfall seid ihr mal von Zuggleis zu Zuggleis gerannt. Ich komme aus Hannover, um genau zu sein aus Kirchrode. Ein kleiner, dorfähnlicher Stadtteil am Stadtrand. Vor ungefähr zweieinhalb Jahren zog es mich dann in die große weite Welt – nach Hamburg. Hier angekommen habe ich noch manchmal an Hannover zurückgedacht:
1. "Ein Glück, Hamburg ist doch nicht so konservativ wie alle versuchen dir einzureden."
Während mein halber Freundeskreis heute in Berlin lebt und feiert, musste ich mich anfangs ständig der Frage stellen warum ich denn bloß nach Hamburg gezogen bin. Pelzkragen, UGG Boots, Prada, unverschämt teuren Kaffee am Jungfernstieg oder Alster trinken, sehen und gesehen werden – was kostet die Welt? Dieses Bild hatten viele meiner Freunde bevor sie zu Besuch waren. Das Hamburg multikulturell, laut, bunt und freiheitsliebend ist, dass wissen sie jetzt auch. Auf lange Sicht nochmal Berlin gegen Hamburg tauschen?; diese Frage stellen sich jetzt wohl einige von ihnen. Entscheidet weise!
2. "Was – nicht jeder hier hasst die städtischen Verkehrsbetriebe?"
Vor nicht allzu langer Zeit fragte mich eine Hamburgerin, die grad einige Zeit in Hannover verbracht hatte, wer eigentlich diese Üstra sei und warum sie in Hannover so verhasst ist.
Ich erklärte ihr, dass so die städtischen Verkehrsbetriebe bei uns heißen und es zum guten Ton gehört sie zu hassen und das auch gern laut kundzutun. Ganz anders in Hamburg, hier beleidigt niemand die HVV – man kann sogar sein Handy in der Bahn laden! Sehr angenehm.
3. "Wie überwinde ich den großen Teich in der Mitte und wo kommt eigentlich das ganze Wasser her?"
Hannover hat den Maschsee und die Leine, aber die beachtet eigentlich keiner. Hamburg hat die Binnenalster, die Außenalster und natürlich die Elbe. Das habe ich anfangs unterschätzt. Jedes Mal an dem großen Teich in der Mitte vorbei, einmal rum und wieder zurück. Für Fahrradfahrer gibt es wohl kaum eine schönere Strecke, trotzdem zeitraubend ist es allemal.
4. "So viele Läden, so viele Viertel, so viel Kunst, so viele Möglichkeiten."
Bergfest Leute, was machen wir heute? Trinken auf’m Kiez? Tanzen gehen am Hafen oder im schicken Winterhude? Rotwein schlürfen auf einer angesagten Vernissage? Auf ein Konzert gehen? Aber welches denn bloß?
Ich wünschte ich hätte während meiner Schulzeit die kulturellen Möglichkeiten in Hannover gehabt, die ich heute in Hamburg habe. Meine Wochen wären weniger langweilig gewesen und ich hätte vielleicht andere Ziele als die nächste Party am Wochenende gehabt.
5. "Ah ok, um 01:00 Uhr nachts ist werktags Betriebsschluss – wo ist der Großstadtflair?"
„The city never sleeps“, stimmt hier nicht so ganz. Ab 01:00 Uhr nachts herrscht unter der Woche auf dem Schienennetz Stillstand. Komisch, genauso ist es in Hannover auch. Hannover ist ein Dorf, Hamburg eben auch – irgendwie.
6. "Außen kalt, innen warm – Wenn Freunde, dann richtig."
Ich haderte anfangs ziemlich mit der norddeutschen Kühle. Die Begegnungen waren schnelllebig und unverbindlich. Anfangs schien es mir, als könnte man nur durch ein Geburtsrecht in den Kreis der coolen Kids aufgenommen werden. Das stimmt zwar nicht ganz, aber ein bisschen. Das weiß ich heute. Doch: Hast du erstmal deine Bekanntschaften zu Freunden gemacht, dann bist du nie wieder alleine – versprochen! Anders läuft das in Hannover. Du wirst schnell aufgenommen. Im Club werden Handynummer ausgetauscht, du verabredest dich und findest deinen Platz in einer Clique. Doch so schnell wie du hier aufgenommen wirst, so schnell kannst du auch wieder verbannt werden.
7. "Bitte wie viel Miete für welches Zimmer soll ich zahlen?"
In den sozialen Medien gehen die WG-Angebote der übergebliebenen Hannoveraner natürlich nicht an mir vorbei. Und ja, ich bin neidisch auf eure Mietpreise in begehrten Lagen. Von Jahr zu Jahr lockert sich meine finanzielle Schmerzgrenze für ein vernünftiges WG-Zimmer, aber es ist ja schließlich auch ein Stück Lebensqualität für das man in Hamburg zahlt.
8. "Hannover ist nur eine Vorstadt von Hamburg."
Früher war es das Vapiano oder Jim Block, heute versucht man Hannover krampfhaft aufzuwerten durch moderne Neubauten. Hannover orientiert sich an Hamburg – das war so, das ist so und wird immer so bleiben. Das ist auch überhaupt nicht schlimm. Nur: Bitte liebes Hannover orientier dich an Vierteln wie der Schanze, dem Karoviertel oder Ottensen und nicht an Flaniermeilen wie dem Jungfernstieg. Das ruiniert dir nur deinen Charme.
9. "Oh, ok das ist also der Hauptbahnhof. In Hannover sieht der aber ein bisschen schöner aus."
Schaut man mal genauer am Hamburger Hauptbahnhof hin, dann kann er schnell zum ungeliebten Ort werden. Das geht nicht nur mir, sondern so gut wie all meinen Freunden so. Den Hauptbahnhof meidest du, außer es führt absolut kein Weg dran vorbei. Die Hannoveraner haben da ein ganz anderes Verständnis von ihrem Stadtkern. Sich unterm Schwanz zu treffen, klingt für Fremde komisch für Hannoveraner ganz alltäglich. Hannovers Hauptbahnhof ist einer der Dreh- und Angelpunkte der Stadt. Hier findet Leben statt. Das fehlt mir manchmal.
10. "Die können alle trinken hier, hoch die Tassen!"
Ich habe in Hamburg eine komplett neue Trinkkultur kennengelernt. Neben dem sehr wichtigen Feierabendbier, wird auch am Wochenende in Bars, Kneipen oder am Kiosk gepichelt und das ausgiebig. Und trotzdem wird am nächsten Tag um die Alster gejoggt. Eine Einstellung die ich mir noch aneignen will. Bei uns Hannoveranern schnurrt der Kater am nächsten Tag wohl immer ein bisschen lauter.
11. "Die Heimat ist nur eine Stunde entfernt – Das reicht!"
Liebeskummer, Grippe oder Weltschmerz – wer kennt das nicht? Ich bin froh von meiner Wohnungstür in Hamburg bis zur Tür meines Elternhauses nur knapp zwei Stunden zu brauchen. Das hat mir schon manch grauen Tage gerettet. Genauso froh bin ich schnell wieder in Hamburg zu sein. Denn kaum setze ich am Hauptbahnhof in Hannover einen Fuß aus dem Zug, fehlt mir mein Zuhause. Mir fehlt Hamburg. Aber genauso so soll es sein wenn man in einer Stadt angekommen ist, oder?