Warum schickt ihr uns eigentlich immer eure Pimmelbilder?!

© Roman Prishenko via Shutterstock

„Liebe Männer, hört doch bitte endlich auf, mir unaufgefordert Bilder von euren Penissen zu verschicken.“ Diese offene Botschaft stand vor nicht allzu langer Zeit, in der Facebook-Timeline einer meiner Freundinnen und sie sprach mir damit so was von aus der Seele. Wann hat es eigentlich angefangen, dass Männer, kurz nachdem man über „Hallo“ und „Wie geht’s?“ hinausgegangen ist, nicht anders können, als random-mäßig an alle Kontakte ihrer WhatsApp-Chatliste, Bilder ihres, ähm, „Schniepis“ zu schicken? Oder anders gesprochen: Wäre besagte Facebook-Freundin keine Frau, sondern einer dieser Pimmel-Männer, wäre ihr Status mit einem Schwarz-Weiß-ohne-Pants-Foto untermalt gewesen. Das man sich dann wehrlos angucken muss, ob man will oder nicht, ähnlich wie die Problemzonen in der H&M-Umkleidekabine. Nur dass es sich da, wenigstens um die eigenen handelt.

Don't get me wrong!

Ich will damit nicht prüde klingen. Das bin ich absolut nicht. Als ich mit 17 Jahren mit meinen besten Freundinnen auf Usedom einen FKK-Strand entdeckt habe, war ich gleich mit dabei, als meine Mädels sich dort nach den hiesigen Regeln gesonnt haben. Das stört mich nicht und je nach Kontext finde ich Nacktsein und Genitalien absolut okay, nicht weiter erwähnens- oder sogar wünschenswert. In der Umkleide, in der Sauna, beim Sex. Mir alles egal und wäre ich ein Mann, würde es mich auch nicht stören, mich mit anderen Männern in die Reihe zu stellen und auf  "1...2....3" schön synchron ins Pissoir zu pinkeln. Was mich dagegen stört, ist, wenn wir Frauen jemanden kennenlernen, harmlos hin und her schreiben und plötzlich ohne Vorwarnung ein Foto von so einem bläulich-lila Teil bekommen. Und das soll uns jetzt anmachen, oder was?

Wenns nicht nur um die Wurst geht

Ich schätze die Chancen, dass auch nur IRGENDEINE Frau, die ein solches Bild unaufgefordert bekommt, sich sofort auf den Weg macht, um den Besitzer des Penis-Selfie zu treffen, sind ähnlich hoch, wie die Wahrscheinlichkeit, die Beatles alle vereint beim Feiern im Bunker zu treffen, aber man kann es ja mal versuchen. Dumm nur, dass bei den meisten weiblichen Wesen das Interesse, sollte es überhaupt jemals da gewesen sein, nach so einer Aktion mit absoluter Sicherheit dahin ist.

Wir sind nun mal nicht gern unfreiwillig unangenehmen Situationen ausgeliefert und überhaupt reicht es uns nicht, uns einen nackten Männerkörper zu zeigen, um in Stimmung zu kommen. (Und bevor jetzt jemand anfängt von wegen 'gendern' und das sei zu sehr 'Schublade': Es gibt Studien, die belegen, dass Männer beim Sex mehr auf optische Reize anspringen als Frauen! Außer vielleicht, ihr schickt uns ein Nacktfoto von Ryan Reynolds, aber selbst bei dem würde uns nicht die 'Fleischeinlage' allein reichen und wir hätten doch bitte gern auch den Rest!

Ein wissenschaftlich-soziologische Erklärungsversuch

Warum also zum Teufel, liebe Männer, zeigt ihr in einer Konversation, die meilenweit von Sex entfernt ist, solche intimen Details?

Ich habe da verschiedene Erklärungen und schwanke ja ein bisschen hin und her:

Wir sind heutzutage so was von durchsichtig für andere Menschen geworden, dass manche Männer einfach nicht mehr auf die Reihe bekommen, was jetzt angemessen und was dagegen völlig daneben ist. Man denke nur an Instagram: Unter Hashtags wie #beauty, #fitgirl, #love findet man nicht selten Bilder, die vor einigen Jahren noch kostenpflichtig auf ganz anderen Portalen zu finden gewesen wären. Da kommen einem Penis-Selfies möglicherweise plötzlich auch gar nicht mehr so intim vor. Auch Pornos tragen sicherlich ihren Teil dazu bei, dass wir, was Nacktbilder angehen, schon fast „immun“ sind und die lieben Kerle manchmal etwas zu, ähm, offenherzig mit Bildern umgehen. Es gibt ja grundsätzlich kaum noch etwas, was wir noch nicht gesehen hätte.

Der psychologische Erklärungsansatz

Vielleicht ist es aber nicht allein unsere von Pornos und sozialen Netzwerken übersättigte Welt, die Männer dazu bringt, Nacktbilder inflationär umherzuschicken, sondern dieser gleichzeitige Verlust der Kommunikation. Psychologin Carola Benn sagt dazu: „Nacktfotos erscheinen auf den ersten Blick sehr intim, aber sind heutzutage nicht annähernd so intim wie unsere emotionale Innenwelt.“

Über die redet man nämlich leider immer weniger. Falls eure Pimmelbilder also der Versuch sind, uns zu sagen, dass ihr uns nah sein wollt, macht doch lieber mal den Mund auf – und sagt uns, dass ihr uns näher kennenlernen wollt. Wenn ihr Glück habt und es gut läuft, folgt euch irgendwann auch eure Intimzone und schließt später noch Bekanntschaft mit uns. Persönlich, live, von Angesicht zu Angesicht und ganz ohne beschämendes Foto.

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