Kleine, geile Firma: On The Rugs

© Maria Kotylevskaja

Teppiche sind nicht erst seit „Alladin“ wieder cool. Die Hamburger Speicherstadt ist seit Längerem schon einer der größten Umschlagplätze für Teppichware in ganz Europa. Viele Händler haben hier ihre Lager und einer davon ist der Vater von Anna Wahdat. Wie sich der Teppich einen Platz in Annas Herz eroberte, sie ihr Label „On The Rugs“ gründete und was ein Leben auf dem Teppich mit sich bringt, erzählt die 34-Jährige uns in ihrem Showroom und dem Lager ihres Vaters in der schönen Speicherstadt am Sandtorkai.

Wie kamst du dazu, mit Teppichen zu arbeiten?

Ich bin zwischen ihnen groß geworden, da mein Vater seit über 30 Jahren Orientteppichhändler in der Speicherstadt ist. Er hat sich immer gewünscht, dass ich mit ins Geschäft einsteige, aber ich wollte lieber Journalismus studieren. Ich musste mich erstmal frei boxen von meiner Familie und etwas völlig Anderes machen. Vor ein paar Jahren dann wurde meine Liebe zu Interior und besonders eben zum Teppich neu entfacht. Gerade in Momenten, wo ich keine Aufträge hatte habe ich öfter überlegt, ob ich mich nicht doch mal an die doch so naheliegenden Teppiche wagen sollte. 2015 war ich dann in der Elternzeit und habe zusammen mit einer Freundin „On The Rugs“ gegründet.

Wir sind dann durch das Lager von meinem Vater und haben in körperlicher Schwerstarbeit wunderbare Teppiche hervorgeholt. In diesen Teppichen steckt so viel Geschichte und sie sind so schön - wir hatten sofort Spaß und veranstalteten Pop Up Stores mit den Teppichen.

© Maria Kotylevskaja

Was ist die Idee hinter „On The Rugs“?

Also unterm Strich ist das mein Geschmack, der den roten Faden darstellt. Mein Vater hat sich für die Teppiche, denen ich neues Leben einhauche, nicht mehr interessiert und sie unter hunderten von anderen Teppichen liegen lassen.

Das sind alles Vintage-Teppiche, die ungewöhnlich sind und eventuell auch Fehler in der Musterung haben, da diese nicht ganz akkurat gelungen ist. Das finde ich total spannend - mein Vater und seine klassischen Kunden sehen so etwas immer eher auf den zweiten Blick.

Ich suche das Besondere in diesen Teppichen. Mit dabei sind marokkanische beispielsweise marrokanische Exemplare, die gerade super gefragt sind, weil sie gut in den Zeitgeist passen. Wollig, bunte und kuschelige Teppiche, gerne auch mit Neonstickereien. Sonst habe ich noch Nomadenteppiche, deren Musterung einfacher und nicht so komplex und kleinteilig sind.

Ich möchte den Menschen den Teppich als besonderes Wohnobjekt wieder näher bringen und bewirken, dass die lange Zeit nicht so gesehene Schönheit dieser Stücke wieder wertgeschätzt wird. Und vor allem möchte ich auch die Kultur des Lebens mit und auf Teppichen vermitteln, die ja hauptsächlich aus dem Orient stammt, aber so viele schöne Aspekte mitbringt: auf Teppichen essen, leben, sich treffen, musizieren..

© Maria Kotylevskaja

Macht dein Vater den Einkauf für dich mit?

Es ist einfach, ganz, ganz viel da. Im Lager liegen mehr als 10.000 Teppiche. Die richtigen Schätze, dich ich verkaufe, finde ich meistens ganz unten in den Stapeln. Ich suche eher nach Perlen, die noch keiner beachtet hat und davon hat mein Vater noch genug. Er musste daher für mich noch gar nicht einkaufen gehen.

Es reicht eben manchmal einfach zu schauen, was noch so da ist, und was eine Geschichte hat und diese erzählt.

Mittlerweile schaue ich auch in anderen Teppichlagern hier in der Speicherstadt und gehe dort auf die Suche. Überall liegen nämlich Schmuckstücke rum, die von klassischen Teppichhändlern gar nicht so registriert werden - ich gehe da wohl mit einem anderen Auge ran.

© Maria Kotylevskaja
Der Teppich altert mit dir mit und hat Bestand.
Anna Wahdat

Wo kommen den deine Teppiche her?

Das ist natürlich ganz unterschiedlich. Viele kommen aus Marokko und dem Iran - bevorzugt aus Bergregionen, denn dort entstehen die schönsten Nomadenteppiche. Zudem habe ich Teppiche aus Afghanistan, der Türkei und einen aus China.

Alle sind handgeknüpfte Unikate, die es nirgendwo anders gibt. Viele sind 30 oder 40 Jahre alt und werden mit zunehmender Zeit noch schöner. Der Teppich altert mit dir mit und hat Bestand.

© Maria Kotylevskaja

Warum sollte man in einen handgeknüpften Teppich investieren?

Die Qualität dieser Teppiche ist offensichtlich. Die Wolle, die bei den Teppichen verwendet wird, ist super hochwertig. Ich persönlich finde es zudem schön, wenn ich weiß, dass es den Teppich in meinem Wohnzimmer nur bei mir im Wohnzimmer gibt und nirgendwo sonst, da er ein Unikat ist.

Jeder Teppich erzählt eine Geschichte über eine Familie oder einen Stamm. Oft sind da Schriftzüge bei, die etwas über den Teppich und seine Entstehung erzählen. Dafür kann man dann schon mal 3000 Euro ausgeben. Es geht aber ja auch günstiger. Meine Teppiche fangen bei 300 Euro an.

© Maria Kotylevskaja

Wie erklärst du dir den gesellschaftlichen Interessenwachstum beim Thema Interior?

Ich glaube, dass das Zuhause einfach wichtiger geworden ist. Jeder möchte seine eigenen vier Wände heimelich und gemütlich eingerichtet haben. Und gerade Teppiche strahlen diese Wärme aus. Früher waren sie Wertanlagen, über die man nicht mit Schuhen laufen durfte und heute gehören Teppiche als stylisches Wohnaccessoire dazu.

Der Perfektionismus, den man ja auch besonders bei Instagram finden kann, ist denke ich ein weiterer Grund für das große Interesse an Design und Interior. Das sehe ich allerdings etwas kritisch, denn das ist oft nur ein Wetteifern, wer schöner, besser oder reicher ist. Ich hoffe da kommt bald wieder mehr Natürlichkeit rein.

Vielen lieben Dank für das tolle Gespräch, Anna!

On The Rugs | Am Sandtorkai 26 | Öffnunsgzeiten: jederzeit nach Vereinbarung | mehr Info |

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