Endstation Wedel: Haarige Viecher und Hotspot-Himmel
Hier steigt eigentlich nur aus, wer nach einer durchzechten Nacht den eigenen Halt verpennt und schließlich vom mürrischen Schaffner geweckt wird: Die Endstationen des HVVs. Heute wagen wir uns mit der S1 entlang der Elbe bis zur letzten Haltestelle nach Wedel. Die kleine Stadt gehört zwar noch zum Großbereich, allerdings nicht mehr zu Hamburg, sondern zu Schleswig-Holstein.
Gestartet wird an der süffigen Reeperbahn-Station und auf der etwas 30-minütigen Fahrt verwandeln sich Mehrfamilienhäuser in Klein-Flottbeck-Villen und Reihenhäuser schließlich in grüne Wiesen. "Nächste Station: Wedel. Diese Zugfahrt endet hier, bitte alle aussteigen." Machen wir doch glatt.
Auf den ersten Blick: Alles soweit so unspektakulär. Bahnsteig halt, ein bisschen abgeschrammelt und wie zu erwarten weit ab vom Trubel. Ein paar Menschen verlassen gemeinsam mit uns die Bahn, große Hektik ist hier niemanden anzumerken.
Wau, was für Nachrichten
Soso, Qualitätsjournalismus findet sich also auch in Wedel. Sowie sehr interessante Werbung dafür. Und einen QR-Code gibts auch!
Vor dem Bahnhof wird klar, Hauptfortbewegungsmittel ist in Wedel ganz offensichtlich das Fahrrad. Die stapeln sich hier nämlich, jeder Laternenpfahl und Baum wird kurzerhand zum Fahrradständer. Hinweisschilder geben Info zu einem überdachten Fahrradplatz hinter dem Bahnhof. Nice Sache, das kann sich Hamburg aber mal abgucken.
Wedel ist ganz schön heiß!
Wir wussten es! Irgendwas muss diese Stadt an der Elbe ja zu bieten haben, dass sie extra eine S-Bahn-Station bekommt. Und zwar: Wedel ist Hotspot! Überall finden sich die grell-pinken Sticker mit der Info: "Hallo 2017, es gibt hier Internet!"
Von wegen Schanze und Second-Hand gehören zusammen wie Trump und Selbstbräuner. In Wedel gibt es den Vintage-Chic offensichtlich schon seit 30 Jahren zu haben. Im Angebot bei "Stoffwechsel" (ey, echt ein knorke Name!) sind sowohl trendige Lederblousons als auch Einrichtungsgegenstände. Oh oh, wir sehen schon die Hipster-Massen am nächsten Wochenende nach Wedel strömen um ein "echt authentisches Vintage-Teil" zu ergattern.
Monatsende? Kein Problem bei den Preisen
Nimm das, Hamburg! In Wedel kostet eine Suppe offensichtlich nicht 4,50 Euro Minimum, sondern gerade einmal einen (!) Euro. Und gesund ist sie auch noch, wegen Gemüse und so. Da soll doch mal einer sagen, außerhalb von Hamburg gibt es kulinarisch nichts zu bieten.
Abseits der Fahrräder und der Suppen-Läden wird klar: So weit weg ist Wedel gar nicht von Hamburg und Pauli-Fans scheint es auch hier zu geben. Gefällt uns.
Wo die wilden Tiere wohnen
Was uns allerdings noch mehr gefällt ist der Moment, als wir den Busbahnhof überqueren und auf einmal haarige, schnaubende Büffel (?!) vor uns stehen. Als Großstadtkinder wissen wir leider nicht genau, wo wir diese Wiederkäuer einordnen sollen. Sind das jetzt Bisons? Oder Moschusochsen? Aber die haben gar keine Hörner. Dann sind das nur Weibchen? Keine Ahnung, auf jeden Fall finden wir sie ultra cool.
So cool, dass es noch eine Nahaufnahme gibt. Der Zaun wurde übrigens nicht wegretouschiert, es existiert nur eine etwa 20 Zentimeter hohe Stacheldrahtschnur. Wedeler (Wedler? Wedelunaner?) scheinen also eher weniger Angst vor wilden Tieren zu haben. Wir allerdings schon und treten schnell den Rücktritt Richtung Bahnhof an, als das Huftier uns direkt in die Augen schaut. Hasta la vista!
Bevor wir uns wieder auf Richtung Großstadttummel machen, müssen wir noch einmal schnell für kleine Hanseaten. Und siehe da, die Gemütlichkeit zieht sich hier scheinbar durch: Am Bahnhof in Wedel gibt es sogar vor dem WC Grünes und Sitzmöglichkeiten.
Tschüss, Wedel!
Ein wenig traurig sind wir schon, als wir in die S1 steigen und uns wieder die Elbe hinauf wagen. Der Bahnhof Wedel war eigentlich eine ziemlich normale Vorstadt-Station, aber die Ochsen (oder was auch immer) und das Möwengeschrei haben Lust auf mehr gemacht. Wir kommen wieder, wenn auch zu einer grüneren Jahreszeit!