HafenCity: diese 5 Gebäude trotzen der Moderne

Alte Polizeiwache | © Alexandra Brucker

Wir befinden uns im Jahre 2017 n. Chr. Die ganze HafenCity ist von Glas-Giganten und Speicher-Riesen besetzt... Die ganze HafenCity? Nein! Fünf unbeugsame Backstein-Zwerge hören nicht auf, den Gebäude-Goliaths Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die Denkmalschützer, die in Hamburg ihrer Arbeit nachgehen wollen...

Der Hamburger Hafen ist kein Freilichtmuseum, sondern vielmehr ein Kinderspielplatz für Architekten. Wer zuletzt vor 20 Jahren da war, wird mit Glück das Wasser in der Elbe wiedererkennen. Die HafenCity wächst und gedeiht, klotzt und protzt. Kriege, Bauwahn, Flut und immer wieder Money, Money, Money prägen die hiesige Umgebung. Zwischen all den Würfel-Titanen werden die Stein-Liliputaner leicht links liegen gelassen. Doch es gibt sie noch, die kleinen Gebäude-Perlen in der HafenCity. Vergesst das Miniatur Wunderland - hier sind die fünf Minis, die ihr immer übersehen habt!

1. Die Oberhafenkantine: Frikadellen futtern im Kult-Häuschen

Kein Krieg, kein Hochwasser, keine Bauwut konnte dem schiefen Backsteinhäuschen etwas anhaben. Stoisch steht die kleine Oberhafenkantine da, wie ein auf der Kaimauer gestrandeter Kahn. Dabei schwappte die Elbe schon bis zur Unterkante ihrer Theke. Nicht einmal die Herrscher eines mächtigen Logistik-Konzerns namens Deutsche Bahn konnten das Häuschen bei der Verbreiterung ihrer Brücke aus dem Weg räumen.

Seit 1925 gibt es in der Oberhafenkantine an 365 Tagen im Jahr Kaffee und Frikadellen. Im gleichen Jahr wurde das Chilehaus mit Millionen von Backsteinen erbaut. Es heißt, dass dabei auch einige Ziegelsteine den Weg in die neue Kantine fanden. Von mehr als 20 Kaffeeklappen, die es einst im Hamburger Hafen gab, ist es die letzte. Und wenn sie noch nicht umgekippt ist, dann steht sie da noch heute.

Oberhafenkantine | © Alexandra Brucker

2. Die Alte Polizeiwache: Notruf senden und wiederkehren

Die Alte Polizeiwache ist der Promi unter den Miniaturhäuschen der Speicherstadt. Als Außendrehort der Fernsehserie „Notruf Hafenkante“ ist das Gebäude berühmt geworden. Heute ist hier allerdings das Revier der Wasserschutzpolizei 22 untergebracht. Als Kehrwiederspitze wird tatsächlich nur die kleine Halbinsel an der Einfahrt in das Kehrwiederfleet bezeichnet, auf der die Polizeiwache steht.

Früher sollen die Hamburger auf der Spitze ihre zur See fahrenden Männer mit einem „Kehr wieder!“ verabschiedet haben. Alles Humbug! Tatsächlich ist der Name Kehrwieder in Norddeutschland die Bezeichnung für eine Sackgasse. Denn auf der schmalen Insel musste man vor dem Bau der Niederbaumbrücke im Jahr 1880 gezwungenermaßen wieder umkehren – wollte man nicht ins Wasser hopsen.

Alte Polizeiwache | © Alexandra Brucker

3. Das Alte Zollhaus: im Schwitzkasten des SPIEGEL-Riesen

Welches Häuschen hat das SPIEGEL-Gebäude da bloß im Schwitzkasten? Es ist das Alte Zollhaus aus dem Jahr 1911. Jahrzehntelang saß an der Ericusbrücke zwischen Brooktorhafen und Ericusgraben der Zoll, der Handel und Einfuhr im Freihafen kontrollierte.

Das unter Denkmalschutz stehende Backsteingebäude wurde zwischen 2013 und 2015 von den Hamburger Architekten HS-Architekten umgebaut und saniert. 2017 zogen eine Hotelkette und eine Agentur im Gebäudezwerg ein. Sein Erdgeschoss wurde mit Möbeln und Dokumenten des SPIEGEL-Gründers Rudolf Augstein dekoriert, etwa einem aus seinem Büro stammenden Sofa oder Briefen von Augstein an den Bundeskanzler.

Altes Zollhaus | © Alexandra Brucker

4. Das Wasserschloss: Tee schlürfen zwischen den Fleeten

Würden Gebäude mit jedem Foto, das man von ihnen macht, verbleichen - das Wasserschloss wäre längst nicht mehr zu sehen. Auf einer Halbinsel zwischen zwei Fleeten gelegen, ist es das Fotomotiv Nr. 1 in der Speicherstadt. Das Schlösschen diente ebenfalls als Kulisse für die TV-Kinderserie „Die Pfefferkörner“. Anfang des 20. Jahrhunderts gingen hier weder Touristen, Fotografen und Kameramänner ein und aus, sondern Hafenarbeiter.

Die sogenannten Windenwächter waren für die Wartung der hydraulischen Speicherwinden zuständig. Denn in den etlichen Lagerhäusern existierten keine Lastenaufzüge. Jeder Sack, jeder Ballen, jeder Karton musste außen an den Fassaden mit Hilfe von Winden hochgezogen oder heruntergelassen werden. Die überaus wichtigen Techniker waren die einzigen Personen, die in der Speicherstadt wohnen durften. Heute duftet es hinter den großen, hölzernen Eingangstüren nach über 250 Teesorten aus aller Welt. Denn das Wasserschloss beherbergt inzwischen einen Teekontor. Ein spezieller Kräuter-Mix erinnert noch an früher; der Tee No. 914 nennt sich „Windenwächter“.

© Alexandra Brucker

5. Das Fleetschlösschen: Seebären im Tausendsassa-Haus nachspüren

Nein, dies ist keine öffentliche Toilette, wie es einige Rundfahrten-Kapitäne gerne behaupten. Das schnuckelige, unscheinbare Gebäude am Holländisch-Brookfleet ist der Tausendsassa der Speicherstadt. Ursprünglich war das Fleetschlösschen ein Zollhaus für Seefahrer, später eine Brandwache für Feuerwehrmänner, zwischenzeitlich eine Kaffeeklappe für Hafenarbeiter.

Seit 2004 begrüßt das Café Fleetschlösschen hier nun Touristen und Einheimische. Die hellen Steine in der Fassade sind stumme Zeugen der Bombardierungen aus dem Zweiten Weltkrieg, dem auch die St.-Annen-Brücke und etliche Speicher zum Opfer fielen. Die entstandenen Schäden wurden mit den helleren Steinen ausgebessert.

Fleetschlösschen | © Alexandra Brucker
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