11 Dinge, die einen als Spanier an Hamburg wundern

© Hanna Andresen

Der 2. Januar 2015  - an diesem Datum zog der gebürtige Südspanier Alfredo Martinez Paredes nach Hamburg. Mitten im Winter also. Der 30-Jährige erinnert sich an viel, viel Regen, Kälte und eine schwierige Wohnungssuche. Dabei sollte es aber nicht bleiben: Der Sommer kam, das Jahr verging und heute zieht Alfredo Bilanz. Ich habe mich mit ihm getroffen, um die Stadt aus seiner Perspektive zu erleben. Dabei habe ich gelacht, gestaunt und mich gefreut. Lest selbst, welche 11 Dinge ihn an Hamburg wundern.

1. In Hamburg trägt man Jack Wolfskin.

Das dachte sich zumindest Alfredo. Für das norddeutsche Wetter wollte sich der gebürtige Spanier richtig wappnen und befragte das Internet. Laut Google tragen wir anscheinend gerne Jack Wolfskin. Ja, das mag auch auf einen Teil der Hamburger zutreffen – wirklich schmeichelhaft ist es jedoch nicht. Ich habe zumindest eher Kreuzfahrt-und-Partnerlook-verrückte-Seniorenpärchen im Kopf als kernige Hanseaten, wenn ich an diese Jacken denke. Aber nichts für ungut.

2. Überraschung: draußen trinken, drinnen rauchen

„Das kenne ich so nicht aus Spanien“, sagt Alfredo. Trotz Rauchverbot gibt es immerhin noch einige Kneipen und Lokale, in denen auch drinnen gepafft werden darf. Und draußen trinken? Wenn die Lokale schon fast aus allen Nähten platzen, muss sich der gesellige Hamburger eben draußen dazustellen. Dann war man eben nicht IN der „Katze“, sondern DAVOR.

 

3. „Warum fahrt ihr im Winter Fahrrad?“

„Also das finde ich wirklich verrückt. Wenn es schon so kalt ist, muss ich mich doch nicht auch noch aufs Rad schwingen.“ Ich kann gut verstehen, dass Alfredo das erschüttert. Ich würde ja auch lieber bei lauschigen 18 Grad durch die Gegend radeln. Das allerdings gibt der Winter hier oben nicht her und solange es nicht schneit und friert, sind die Straßen doch frei. Übrigens hat sich Alfredo erst hier in Hamburg einen Drahtesel gekauft – „In Spanien hätte ich das nie gemacht.“ Das Rad fährt der temperatur-verwöhnte Südspanier dann eben nur in den wärmeren Monaten.

4. „Ich habe den schönsten Arbeitsweg.“

Während andere in der Kälte zur Arbeit strampeln oder in überfüllten Bussen oder Bahnen sitzen, genießt Alfredo die Elbüberfahrt. Er wohnt in Blankenese und arbeitet in Finkenwerder bei Airbus. Im Sommer ist die Fahrt mit der Linie 62 natürlich nochmal schöner, doch selbst in der kalten Jahreszeit hat der Weg seinen Reiz. „Jedem, der nach Hamburg kommt, empfehle ich die Tour mit der Linie 62 – einfach schön!“

5. „Die öffentlichen Verkehrsmittel sind top.“

Bei der Suche nach einer Wohnung war die Nähe einer Bahnstation ausschlaggebend. „Ich habe immer ganz genau geschaut, wo die nächste Station ist.“ Ganz nach dem Motto: Wenn es so kalt ist, kann der Weg nicht kurz genug sein. Aber im Ernst: Alfredo ist begeistert von den öffentlichen Verkehrsmitteln und der guten Organisation. Viele Hamburger würden an dieser Stelle sicherlich protestieren.

6. Ein Hoch auf Weihnachtsmärkte und Glühwein

Glühwein? Klar, mag Alfredo sehr gerne. „Ich warte jetzt schon darauf“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Das heiße Getränk wärmt schließlich auch von innen – kein Wunder, dass es dem Südländer so gut schmeckt. Er sagt, dass man Hamburg einfach mal in der Vorweihnachtszeit erlebt haben muss. Ist ja auch schön und in Spanien gehören Weihnachtsmärkte definitiv nicht zum vorweihnachtlichen Stadtbild dazu.

7. Dem Franz sein Brötchen

Typisch Hamburg und über die Grenzen der Hansestadt kaum bekannt. Schade eigentlich. Denn: „Das habt ihr wirklich drauf, diese ganzen süßen Backwaren, einfach gut.“ Besonders gut sei aber das Franzbrötchen. Der weiche, in sich geflochtene mit Zimt und Zucker verklebte Teig hat eben auch seine Berechtigung und verführt jeden Neuankömmling in Hamburg. Schamlos.

8. Spanisch Essen in Hamburg? Eher nicht!

Da endet Alfredos Begeisterung kulinarischer Art aber auch schon. Also nicht ganz, sagt er. Die Stadt biete viele, sehr gute Restaurants und massig Angebote. Ob es hier auch einen guten Spanier gibt, kann Alfredo hingegen nicht bestätigen. Mhh, ich hab hier doch aber schon richtig gute (und vor allem teure) Tapas gegessen. Etwas Rotwein dazu, eine spritzige Bedienung mit spanischem Akzent und ich glaubte, wahrlich einzigartig spanisch zu speisen. Tja, Alfredo kennt eben den Unterschied und lässt sich da nicht so einfach um den Finger wickeln. Pff. In seiner Heimat würde mir ein Franzbrötchen bestimmt auch nicht schmecken.

9. Die Hamburger sind kühl

Wir Norddeutschen gelten als verschlossen, kühl und wortkarg. Jaaah doch. Ich kann es nicht leugnen. Beobachtet man eine Gruppe Spanier und eine Gruppe Deutsche, fällt schnell auf, dass Erstere mehr redet. Viel mehr redet. Ein Norddeutscher gilt ja schon als Quasselstrippe, wenn er „Moin Moin“ anstelle von nur „Moin“ sagt. Die abwartende und zurückhaltende Art, macht es eben auch schwierig, Kontakte zu knüpfen. Wir müssen eben erst auftauen. Also, Geduld bitte.

10. In der Halle Fußball spielen

Wenn die Banden nicht wären, hätte Alfredo vielleicht noch etwas mehr Spaß am Kicken in der Halle. So würde der Ball wenigstens ab und zu mal im Aus sein. Ist er aber nicht. Ergo: Keine Zeit zum Verschnaufen oder Quatschen. Und dass die Spanier im Schnitt einfach mehr reden als Hamburger, haben wir ja schon festgehalten.

11. Im Sommer wird gegrillt. Basta!

Der erste Sommer in Hamburg muss für Alfredo nach dem winterlichen Start wirklich eine Freude gewesen sein. Da kam dann aber auch schon gleich die nächste Überraschung dazu: Grillen. Ja, das macht man auch in Spanien, aber irgendwie anders. „Bei gutem Wetter strömen hier alle Menschen mit ihren Grills in den Park und dann gibt es auch noch diese Einweggrills.“ Wenn man so drüber nachdenkt, ist es schon irgendwie lustig: Wie eine Horde Heimatloser Grill-Gurus versammeln sich Hunderte auf einer Wiese und Grillen. Also, der nächste Sommer kann kommen. Und zwar nicht nur wegen der Temperaturen.

Zurück zur Startseite