Leck mich (nicht)!

Der Kopf bewegt sich rhythmisch zwischen meinen Beinen. Ohne Decke, sogar mit Licht. Ein Kopf, den ich sehr mag. Es ist warm, um uns, zwischen uns und ganz besonders dort unten. Atem, heiß und flach. Ich fühle das Saugen und Streichen, Schmatzen und Beißen, Lippen, Hände, Zunge, Zähne. Der Mensch an diesem Kopf gibt alles – er liebt sehr, was er da tut. Ist gierig auf mich, auf mein Intimstes, Ed von Schleck auf Ritalin. Kehlige Laute schwirren im Raum rum, ehrlich und tief, Frequenz jetzt steigend. Doch der Sound kommt nicht von mir: Ich lieg so da, befummle Haare und frag mich, was das alles soll.

Ich liebe Sex. Alles daran, je leidenschaftlicher und heftiger, desto besser. Anders als meine Kollegin hier hab ich beim Vorspiel auch gern einen Penis im Mund. Weiche Lippen, Mund-Hand-Koordination, Deep Throat und nicht das Gehänge vernachlässigen, läuft bei mir. Ich mach das gern, I got the Power, gutes Gefühl. Danach dann aber bitte keine Sperenzien, rein mit dem Lovestick und gib ihm richtig. Cunnilingus ist wie ein Goldfisch: Stört nicht, aber langweilt mich. Und das ist schon mehr, als die meisten Frauen begreifen können. „Ich find’s geil“, „da komm ich immer“, „liegt’s vielleicht am Mann?“. Ich nicht, ich nie und nein. War nämlich schon immer so. Von unerfahren bis Bumsmaschine – dieses Leckding gibt mir nix.

© Maria Kotylevskaja

Ich bin dann latent unentspannt. Es kitzelt (hihihi) und mit Gekitzel kann ich nicht. Dann soll es lieber wehtun, bitte: Besser wund und gesund als verantwortlich für Krebs. Ja, macht Höhlenforschung mit dem Mund jetzt neuerdings! Ist aber vermutlich Quatsch, sagt nämlich nur die BILD. Kein Quatsch ist, dass mich selbst rosabraune Prachtvaginas mit ihrem faltigen Erscheinungsbild in erster Linie amüsieren. Ich bin nicht peinlich berührt, das Verhältnis zu mir selbst ist auch voll solide, Nacktheit per se ein gutes Ding und Hygiene mach ich auch manchmal. Es ist mehr wie ein hässliches Baby anzugucken, bei dessen Anblick der Rest der Welt dahinschmilzt.

Das Geschlecht ist existent und echt okay – wie Steißbein oder Ohrläppchen. Nur, dass es mehr Gutes kann. Vielleicht wird sich mir eines Tages erschließen, warum Menschen ihr Gesicht gern in diesem Schlabbertal versenken. Und wieso davon offenbar jede explodiert. Bis dahin bin ich gnädig:  Mi casa es tu casa und Eds Schleckstase im besten Fall auch meine.

Alle schreiben immer über Sex. Krasser Sex, ekliger Sex (Vice), queerer Sex (bento, ze.tt), schwieriger Sex (NEON), intellektueller Sex alter, weißer Männer (SZ), aber: Kaum jemand schreibt mal darüber, warum er bestimmte Dinge, Praktiken, Gewöhnlichkeiten, die für alle scheinbar total „normal“ geworden sind, nicht mag. Und warum. Denn es gibt sie da draußen: Die Frauen, die Blowjobs hassen. Die Männer, die nur verliebt mit jemandem schlafen können. Die, die nicht masturbieren und die, die überhaupt keinen Sex wollen. Genau denen widmen wir uns.

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