Kleine, geile Firmen: Gleem
"Ich will ein Bewusstsein für Nahrung schaffen" - Anna Gliemer versucht das auf eine ganz besondere Art und Weise: Mit einer zuckerfreien und gesunden Patisserie. Das hört sich ziemlich ausgefuchst an, klar also, dass wir uns diese kleine, geile Firma genauer ansehen mussten.
Die 26-Jährige liebt Süßes, möchte sich aber über dessen Genuss und seine Auswirkungen keine Gedanken machen. Außerdem lebt sie mit diversen Allergien: Gluten, Zucker, Milchprodukte, Ei - seit sechs Jahren sind diese Zutaten der Gesundheit wegen von ihrem Speiseplan verschwunden.
Ich kann ganz viele Sachen nicht essen - dann beschäftigt man sich zwangsläufig mit der Thematik.Anna Gliemer
Und wie kam die Idee, Süßigkeiten herzustellen?
Nun ja, ich hätte ja alles Mögliche machen können, aber bei Süßigkeiten hat man immer eines von beiden: Beispielsweise vegane Kekse, die sind dann aber mit Zucker und Mehl, oder glutenfreie Süßigkeiten mit Milchpulver, aber es gibt nichts, was alles vereint. Und das fand ich irgendwie doof!
Das kann ich total verstehen! Und warum genau Pralinen?
Das Pralinenmachen ist letztendlich eine Tradition die ich seit ich 15 bin fortführe. Früher gab’s die immer zu Weihnachten. Da stand ich dann immer neun Stunden in der Küche und hab für die ganze Familie Pralinen gemacht. Irgendwann haben sich die Rezepte von alleine verändert. Ich hatte dann auch bei der Arbeit ab und an solche Sachen dabei und letztes Jahr haben dann meine Kollegen gesagt:
Mensch, das ist doch total cool und trendy, warum machst du das denn nicht auch für andere?
Und was hast du dann gemacht?
Naja, ich habe erstmal geschaut, wie das ankommt. Ich war zum Beispiel beim Hallo Frau Nachbar-Markt und auf ein paar Weihnachtsmärkten und da war das Feedback ganz gut, auch wenn die Sachen nicht ganz so günstig sind.
Ich will wissen, wo die Sachen herkommen.Anna Gliemer
Wieso ist das so?
Die Rohstoffe sind einfach total teuer. Wenn ich mit Profis spreche, fragen die mich auch, wieso ich die denn nicht günstiger einkaufe, aber das passt nicht zu meinem Ursprungsgedanken und ist nicht mein Anspruch. Ich will wissen, wo die Sachen herkommen. Deshalb stammen sie meistens aus kleinen Projekten, zum Beispiel von Bali. Dort holen zwei Jungs aus Berlin einmal im Jahr die Produkte, die Bauern in ihren Gärten geerntet haben, bei denen die Menge jedoch nicht für eine große Abnahme reicht. Ich finde das wichtig und gut - wenn man das dann nicht bezahlen möchte, dann eben nicht.
Worauf achtest du bei deinen Produkten?
Die müssen nicht unbedingt vegan sein oder so etwas, es soll vor allem natürlich sein. Alles, was ich vom Baum pflücken kann, sozusagen.
Dein Lieblingsprodukt von gleem?
Das ist Monsieur Chocolat! Das sind einfach meine Lieblingspralinen, weil die so schokoladig sind!
Und wenn du nur noch drei Zutaten für deine Produkte verwenden könntest?
Rohe Schokolade, Kakaopulver und Datteln. Daraus kann man alles machen!
Gibt es denn typische Menschen, die gleem-Produkte kaufen?
Da gibt es schon ein Profil. Mütter finden das Ganze gut, weil sie das auch bedenkenlos ihren Kindern geben können, aber eben auch in der Schwangerschaft selbst essen können. Dann gibt es natürlich auch Männer, die sehr fitnessbewusst sind und auf nichts verzichten, aber auch kein extrem verarbeitetes Zeug essen wollen. Die nutzen das dann auch als ‚functional food‘. Wenn ich auf Märkten bin, sagen viele ‚Och, das sieht aber schön aus, das nehm‘ ich mal mit!’ Da ist es den Leuten letztendlich egal, was drin ist und kaufen die Produkte, weil sie schön sind.
Was kannst du denn außer deinen Produkten so als gesunden Snack für Zuhause empfehlen?
Also selbstgerechtes Granola hab ich selbst immer da! Und sonst kann man sich zum Beispiel weiche Datteln mit Hanfsamen und Kakao mixen und so weiter. Ich glaube aber, da muss man auch viel rumprobieren, dafür sind dann meine Workshops ganz gut. Da mache ich das ab und an gezielt so, dass ich eine Zutat zu wenig da habe und die Teilnehmer ein Gefühl dafür bekommen, dass man auch Dinge austauschen kann und nicht so strikt sein muss.
Wo gibst du die Workshops?
Ich veranstaltie die im Kurkuma, der veganen Kochschule, im Abstand von ungefähr sechs Wochen. Oder über kitchennerds, wo die Leute ihren Privatkoch nach Hause buchen, da kann man mich auch für so einen Workshop buchen.
Und was sind deine Träume für gleem?
Meint Traum ist einen kleinen Raum zu haben, mit einer Glasscheibe durch die man in die Produktion gucken kann. Vorne drin könnte dann der Verkauf sein. Momentan habe ich ja noch keinen Verkaufsraum.
Würdest du denn auch gern bei Supermärkten mit gleem im Programm sein?
Auf jeden Fall! Mit Veganz habe ich auch schon gesprochen, zu denen ist gerade was auf dem Weg… Aber da kommt es eben auch auf die Menge an, die ich produzieren kann. Ich als einzelner Mensch schaffe vielleicht 500 Pralinen am Tag, aber das war’s dann auch.
Damit sie diesen Träumen ein Stück näher kommen kann, hat Anna eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, die von Startnext bereits zu einer der interessantesten im Bereich Essen gekürt wurde.
Aber die Leute sollen das mögen und sich das nicht aufschwatzen lassen!Anna Gliemer
Also probieren Fotografin Maria und ich uns zum krönenden Abschluss einmal durch die frisch zubereiteten Pralinen und Rawnies - und blicken uns wieder ungläubig an: Das schmeckt ja wirklich toll! Die Rawnies teigig und schokoladig wie ihre „ungesunden“ Geschwister und die Pralinen unglaublich weich und zartschmelzend. Damit hatten wir bei so gesunden Zutaten nun wirklich nicht gerechnet.
Es bringt ja auch nichts, wenn etwas zwar gesund ist, aber nicht schmeckt!Anna Gliemer
Wer sich jetzt gerne selbst ein Bild von gleem machen möchte, kann auf der zugehörigen Facebook-Seite nach den nächsten Markt-Terminen Ausschau halten oder sich via Crowdfunding ein paar der gesunden Leckereien als Dankeschön sichern!
