Molotow-Buchautor Sebastian Meißner: "Die Ballermannisierung in St. Pauli kann man kaum mehr ertragen"

Das Molotow ist letztes Jahr 25 Jahre alt geworden. Ruft man sich in Erinnerung, wie oft dieses Stück Hamburger Musikgeschichte kurz vor seinem Ende stand wird klar, warum es höchste Zeit war, die Geschichte dieses bemerkenswerten Clubs in einem Bildband festzuhalten.

Bands, die mittlerweile weltbekannt sind, haben hier ihre ersten Deutschland-Konzerte abgeliefert. Die Flyersammlung, die das Buch von Sebastian Meißner unter anderem beinhaltet, schließen The Hives, The White Stripes, Mando Diao und Mumford & Sons mit ein. Am 17. März findet im Molotow die Release-Party zum Buch "Molotow - das Buch: ein Portrait der Hamburger Club-Legende" statt. Wir haben mit dem Autor und Produzenten über das Molotow und die Ballermanisierung von St. Pauli gesprochen.

Du hast dem Molotow ein Buch gewidmet, warum gerade diesem Club und nicht einem anderen Kult-Schuppen, wie beispielsweise dem Pudel? 

Natürlich wäre auch der Pudel ein Buch wert. Beides sind Eckpfeiler der Hamburger Club- und Gegenkultur. Das Molotow hat im letzten Jahr sein 25. Jubiläum gefeiert – und das obwohl der Laden in seiner Geschichte mehrfach kurz vor dem Aus stand. Wir fanden, dass das ein guter Anlass ist, die Geschichte des Clubs bis heute mal aufzuschreiben und in Bildern zu dokumentieren.

Wie würdest du den Spirit des Clubs beschreiben, nachdem du dich jetzt so ausgiebig damit beschäftigt hast?

Das sind Idealisten. Einen Club in dieser Größenordnung zu betreiben, erfordert viel Überzeugung und Aufopferung. Ich fand es inspirierend zu sehen, mit wie viel Demut und Kraftaufwand die Betreiber ihren Job machen. Das ist einer der letzten Läden in Europa, in dem man Rock’n’Roll in seiner ursprünglichen Bedeutung noch erleben kann.

Molotow innen

Du hast dich eingehend mit der Hamburger Clubgeschichte beschäftigt, wie ist deine Prognose für die nächsten Jahre, vor dem Hintergrund des abgebrannten Pudels und der geschlossenen Cobra Bar?

Die Ballermannisierung in St. Pauli kann man kaum mehr ertragen. Es gibt immer mehr seelenlose Läden, die Touristen mit Konservenmusik abspeisen und nur auf schnellen Gewinn aus sind. Dazu kommt eine Überfülle an Hotels und Discountern - für Subkultur ist da kaum noch Platz, dabei hat gerade die St. Pauli in ganz Europa so besonders bekannt gemacht. Es fühlt sich an wie ein Verlust der permanenter stattfindet. Wenn Hamburg wirklich Musikstadt sein will, muss sie endlich Freiräume schaffen und gegensteuern. Sonst ist Hamburg bald austauschbar.

Ein Buch über das Molotow zu schreiben schreiben ist die eine, die eigene Geschichte in Verbindung mit dem Club zu erzählen, eine ganz andere Sache. Welche besonders krasse oder witzige Anekdote hast du vom Molotow auf Lager?

Ich hab dort viele sehr besondere Konzertmomente erlebt und bin so manches Mal an der Bar versackt. Mit dem Molotow verbinde ich immer einen gewissen Aufbruchsgeist. Immer ist da was im Gange, immer wird da gestaltet und ausgetüftelt. Wer Anekdoten lesen will, wird im Buch fündig.

Molotow_Adam Green

Das Molotow wurde öfters zum besten Live-Club gewählt, was ist deiner Meinung nach der Grund dafür? 

In erster Linie das Booking. Da spielen heute die Bands, die morgen im Docks oder der großen Freiheit auftreten. Hinzu kommt diese Direktheit, denn es gibt dort keine Absperrung zur Bühne. Intimer kann man mit einer Band nicht werden, als in diesem Club. Dass der Sound bemerkenswert gut ist, ist ebenfalls ein Grund für die Intensität der Konzerte dort. Wir haben für das Buch zahlreiche Bands aus aller Welt nach ihren Erfahrungen mit dem Molotow gefragt und alle haben ihren Auftritt dort und ihre Zeit in St. Pauli in hervorragender Erinnerung. Das Molotow ist einfach ein guter Gastgeber – sowohl für die Bands als auch fürs Publikum.

Wir verlosen 2 Exemplare von"Molotow - das Buch: ein Portrait der Hamburger Club-Legende". Schreibt uns bis Dienstag, 15. März 2016, um 15:00 Uhr eine Mail mit dem Betreff „Molli“ an [email protected] – toi,toi, toi!

Molotow_ Mumford and Sons
Release-Party "Molotow - das Buch" | Molotow | Nobistor 14 | 17.03.2016 | 21:00 Uhr


Foto 2 und 3: © Stefan Malzkorn
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