Auf ein Astra mit... LARY

Im Rahmen ihrer Tour darf ich Lary vor ihrem Gig auf einen Plausch begegnen. Ich treffe mich mit der Fotografin Yelda Ecke Detlev-Bremer-Straße, um einen geeigneten Spot für das Interview ausfindig zu machen. Die Sonne scheint. Arschkalt ist es trotzdem.

Das trügerische Hansewetter. Mein Telefon klingelt. Es ist A., Larys Tourmanagerin. Sie entschuldigt sich und teilt mir mit, dass die beiden unfassbaren Hunger haben und sich einen Burger in der Schanze einwerfen möchten. Planänderung also. Wir treffen die sympathischen und gleichermaßen entspannten Damen im „Jung & Frech“. Dort wünschen wir ihnen einen guten Hunger. Treffpunkt für unser kurzes Tête-à-Tête ist der Flora Park.

Lary trägt einen großen Wollmantel, violett-farbenen Lippenstift und ein Lächeln. Sie hat dieses Funkeln in den Augen. Ich fühle mich in ihrer Gegenwart sofort wohl. Wir sitzen uns gegenüber. Im Hintergrund ertönen die Rollen der Skateboards, die durch den Flora Bowl rauschen.

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Ich sage: „Na dann werfe ich mal mein supermodernes Aufnahmegerät an.“ und deute auf mein vollkommen zerstörtes iPhone Display hin. Spuren einer Samstagnacht.

Lary lacht und sagt, dass sie versucht, ihr Telefon beim Saufen zu Hause zu lassen.

„Willkommen in Hamburg, Lary!“

*Wir stoßen an.

 „Vielen Dank für`s Bier.“

„Gerne.“

„Astra, ja?!“

„Na klar.“

„Geil.“

„Du hast gestern in Berlin gespielt.“

„Hab ich, ja.“

„Das war ausverkauft, wie wars?“

„Es war voll schön und sehr aufregend, weil es die erste Show der Tour war. Dementsprechend war ich etwas nervös, aber es war echt geil. Es ist so krass irgendwo zu spielen, die Leute kommen deinetwegen und können die Texte mitsingen. Ich habe zum ersten Mal mein Publikum gesehen... ich habe ja keine Ahnung, wer meine Musik überhaupt hört.“

„Waren viele Freunde und Familie da?“

„Ja, meine Mama und meine ganzen Freunde.“

„Bist du dann eher vor deinen Freunden/ deiner Familie nervös oder vor Fans - oder macht das keinen Unterschied vor wem du spielst?“

„Ganz generell bin ich nicht nervös. Mir ist es eigentlich egal vor wem ich spiele, wobei ich gestern schon ein wenig nervös war“

„Und heute?“

„Heute fühle ich mich ein bisschen besser, weil ich gestern schon gespielt habe. Jetzt freue ich mich einfach. Die Nervosität ist weg und jetzt hab ich einfach nur Bock.“

„Ich freu mich auch. Werde auf jeden Fall heute Abend auch dabei sein.“

„Ja cool, hab ich schon gelesen.

„Und fandest du den Text gut?!“

„Ja voll, sehr nett.“

*Im Inneren freue ich mich darüber wie ein dreijähriges Kind mit Zuckerwatte in der Hand

„In 'jung&schön' singst du von Tequila. Gibt es eine verrückte Tequila Story - ich weiß jeder hat eine.“

„Oh Gott so viele…“

„Die Beste?“

„Ok, die besten sind eigentlich die, die man niemandem erzählen möchte. Ich denke einfach über die letzte nach. Meine letzte Tequila Story ist: Ich hab in `nem Schwulenclub bei einer Transen-Talentshow mitgemacht und 100€ gewonnen, die ich in Tequila investiert habe. Ich habe für alle Shots gekauft und danach kann ich mich an nichts mehr erinnern.“

„Sehr gute Investition. Letztes Selfie?

„Gestern für eine Radio Verlosung.“

„Ehm, ich hab mir dein ‚Track by Track‘ angeguckt und da hast du gesagt, dass ‚rot‘ dein Lieblingssong von dem Album ist. Warum hast du den nicht released?“

„Rot ist ein Song, der für mich ganz wichtig ist. Es ist keine Single und kein Track, der für jeden passt. Man released ja nach anderen Kriterien als nach dem was man selbst gut findet. Sonst hätte ich wahrscheinlich ‚Revolver‘ und ‚rot‘ als Singles ausgewählt, weil das die Tracks sind, die mir am meisten bedeuten. Bei ‚rot‘ geht es mir um meine persönliche Story… ich hab immer noch Kratzer von meinem roten Nagellack in meinem Auto. Ich steh total auf den Vibe des Liedes.“

„Was wäre, wenn Annette Humpe (IDEAL) dich anruft und sagt: 'Ich bin broke, lass uns zusammen Musik machen.'?“

*Lary lacht.

„Voll gerne, auch wenn sie nicht broke ist.“

„Mit wem würdest du gerne zusammenarbeiten tot oder lebendig“?

„Ich würde gerne was mit Stromae machen.“

„Du deutsch, er französisch?“

„Egal, auf welcher Sprache auch immer.“

„Wie kommts?“

„Ich finde den einfach krass. Die Videos, die ganze Art und Weise wie er sich selbst kommuniziert. Ich habe ihn einmal live gesehen. Da war ich mega beeindruckt von seiner musikalischen Umsetzung und seinem Vibe auf der Bühne.“

„Und ein verstorbener Künstler?“

„Und sonst, naja das Übliche wahrscheinlich. Kurt Cobain, Janis Joplin. Nina Hagen fänd ich auch fett.“

„Deine Texte sind sehr persönlich und authentisch aus meiner Sicht. Hast du Angst, dass du irgendwann vielleicht angreifbar wirst?“

„Ja, ich glaube man ist automatisch total angreifbar. Das bringt der Job mit sich. Man stellt sich auf die Bühne und sagt: 'Ok, richtet über mich.' Dann kann ich auch all the way gehen. Dann brauch ich auch keine halben Sachen machen.“

„Ich verfolge schon länger deinen Blog larysays. Du stehst ja total auf Gedichte und Zitate... Ich hab dir was mitgebracht.“

*Lary freut sich

„Ja?“

„Ja. Es ist mein Lieblingsgedicht und ich glaube, es wird dir gefallen. Hat auch ein bisschen was von ‚Revolver‘. Ok ich lese es dir vor. Es heißt ‚Ich und Du‘:

"Wir träumten voneinander

Und sind davon erwacht.

Wir leben, um uns zu lieben,

Und sinken zurück in die Nacht.

Du tratst aus meinem Traume,

Aus deinem trat ich hervor,

Wir sterben, wenn sich Eines

Im andern ganz verlor.

Auf einer Lilie zittern

Zwei Tropfen, rein und rund,

Zerfließen in Eins und rollen

Hinab in des Kelches Grund.“

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„Ohh, wie schön.“

„Das ist Hebbel, 18. Jahrhundert.“

„Voll schön.“

„Möchtest du es mitnehmen?“

„Ja, gern!“

*Ich reiße das Gedicht heraus und gebe es Lary

„Vielen Dank. Es ist das Tollste, was mir jemals jemand zum Interview mitgebracht hat.“

*In mir herrscht Emotionskonfetti

„Das erinnert mich ein bisschen an den Text von Großstadtpoeten oder so. Ich weiß nicht mehr genau, wie die heißen, aber da sagt er:

„Du träumst mich,

Ich träum dich,

keine Angst,

ich weck dich nicht.“

*Wir sind uns ganz mädchenmässig mit einem ‚Ohh‘ und ‚Awww‘ einig, wie schön die Gedichte sind

„Hast du ein Venue oder Festival-Ziel?“

„Ich würde voll gerne mal auf dem Coachella spielen, aber ich habe kein konkretes Ziel. Das ist auch ganz weit weg für mich. Ich nehme das, was kommt, und bin damit happy. Ich würde auch gerne mal in der O2 Arena spielen. Bei kleineren Venues mag ich die Atmosphäre mit den Leuten zusammenzusein und an den größeren Venues liebe ich den Sound. Es ist so krass, wenn dein Sound aus so riesen Boxen hallt.“

„Was machst du mit deinen letzten 5€?“

„Hm, wahrscheinlich hol ich mir ein Bier. Und Kippen.“

„Ach rauchen tust du auch?“

„Nee, nur wenn ich betrunken bin, aber wenn ich nur noch 5€ hätte, würde ich mich mit Bier und Zigarette in die Sonne legen.“

„Meist unterschätzter Song ever?“

Weinst du von Echt. Ist ein krasser Song. Alle machen sich über das Lied lustig, aber das ist ein überkrasser Song.“

„Ich finde ja Phil Collins In the air tonight ist völlig unterschätzt.“

„Auch krass! Aber den hat man auch leider zu oft gehört...“

„Was war die beschissenste Interviewfrage, die dir jemals gestellt wurde?“

*Lary schmunzelt

„'Dein Song ‚jung&schön‘ hört sich so an wie das Leben an der Seite eines Celebrities.' Und das war völlig aus der Luft gegriffen und zielte auf eine bestimmte Antwort hin. Ich war so: „Danke für das Interview. Hau rein.“

„Ok, also mehr so eine Unterstellung?“

„Ja, es war einfach keine Frage.“

„Einfach eine Provokation.“

„Voll. Vor allem war das so: 'Ja nee, hast du dir mal den Song angehört? Überhaupt nicht. Es ist genau das Gegenteil!'“

„Gut, dann stell ich dir vielleicht auch mal eine komische Frage: Gurke mit Schale oder ohne?“

„Mit.“

„Sehr gut! Wie gehts weiter nach der Tour?“

„Ich will gerne wieder ins Studio. Das ist mein Hauptziel. Ich gehe wahrscheinlich noch auf eine Support Tour mit jemanden, was ich aber noch nicht verraten darf.“

„Was erwartet uns heute beim Konzert?“

„Es wird laut und emotional. Es wird Spaß machen. Wenn man keinen Bock hat zu tanzen und eher nur so in der Ecke rumstehen will, dann ist es vielleicht nichts, aber ich will auf jeden Fall alle kennenlernen und dass alle mich kennen lernen.“

„Vorgruppe hast du heute keine?“

„Nee.“

„Auch geil.“

„Jaa. Die Leute sollen auch gar nicht warten. Wir machen das.“

„Geil. Alright.“

„Das wars schon?“

„Ganz kurz und schmerzlos.“

„Das war sehr nett! Vielen Dank.“

"Es war mir eine Freude!"

yeldayilmaz_MVHH_lary_01Die Fotos sind von der wundervollen Yelda Yilmaz.

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