Schmeißt endlich die Sofas aus den Bars und Kneipen raus

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Kaum ein Ort für öffentliches Vergnügen gibt es in unserem Kulturkreis so lange wie Bars, Kneipen und Pubs – außer Prostitution und Theater vielleicht. Es gibt sie verraucht, edel, schmierig und gemütlich. Bei Bars und Kneipen ist es wie mit der Liebe: jedem Topf sein Deckel. Geschmäcker und Vorlieben sind verschieden.

Klar, dass sich auch dieses Gewerbe ständig verändert, Trends kommen, die die ganze Szene beeinflussen können. Wenn der Trend ist, dass draußen geraucht wird, dann gehe ich vor die Tür, ist für alle besser. Wenn der Trend ist, dass ein lauchiger Nerd in der Ecke steht und Platten auflegt, statt mit Gitarre und Scotch Liebeslieder auf seiner Klampfe zum Besten zu geben, dann ist das okay für mich. Für mich zählt hauptsächlich: Bier, Schnaps, Wein, gute Menschen, ein*e unfreundliche*r Barkeeper*in und ein stabiler Tisch mit ein paar Stühlen drum herum. Und genau letzteres suche ich vergeblich in vielen Läden.

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Wenn ich auf dem Sofa saufen will, dann bleib ich zu Hause

Wer ist auf die Idee gekommen, Stühle gegen Sofas einzutauschen? Das Sofa wurde im 17. Jahrhundert in Deutschland und England erstmals hergestellt. Es diente jahrhundertelang als Möglichkeit um sich zwischendurch oder nach einem fulminanten Mahl etwas auszuruhen. Selbst als es in die Massenproduktion ging, wurde das Sofa zum Ausruhen genutzt. Warum also steht es heute in Bars und Kneipen herum, wo doch der eigentlich Zweck darin liegt, NACH einem heftigen Kneipenabend darauf zu liegen.

Soweit sich das rekonstruieren lässt, fanden Sofasessel ihren Weg über die Lounges der Herrenhäuser und Schlösser in den Fokus der Trinkkultur. Zigarre und Pfeife rauchend in einem Salon auf einem Ledersessel sitzen, Whiskey trinken und dabei konspirativ Geschäfte besprechen, so sah die Nutzung der Sofas in meiner Vorstellung aus. Für Hotelsbars gilt dies heute noch – und das ist gut so.

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Die meisten Bars befinden sich jedoch nicht in der Hotellobby, sondern in Vierteln mit viel Konkurrenz und Zulauf. Bars in diesen Gegenden müssen komplett gefüllt mit Besuchern sein, die am besten viel trinken, um so einen umsatzstarken Abend zu haben. Viele Menschen in einem Laden zu haben, bedeutet auch viele Sofas zu haben, damit sich jeder setzen kann.

Hört sich theoretisch noch machbar an. Doch Sofas sind nicht gerade platzsparend. In der Praxis sitzt man also gequetscht auf einem Sofa, das nach wenigen Monaten eher an eine alte Banane als an eine Sitzgelegenheit erinnert: Krumm, braun, zu weich und unappetitlich. Spätestens nach dem vierten Gin Tonic liegt die komplette Kundschaft dann fast in der Waagerechten, hält sich am Glas fest und bestellt die nächsten Snacks, die sie sich dann beim Reinstopfen von Hals bis Bauchnabel über den Körper krümelt. Fast wie zu Hause, nur peinlicher.

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Nutzlos ist das neue Praktisch

Aber nein, eine Bar braucht jetzt Sofas, in der Schanze ist sogar eine Bar danach benannt. “Man hat das jetzt so”. Das Sahnehäubchen dieses Wahnsinns ist eigentlich nur, wenn diese Bar Mittags dann auch noch Essen anbietet, oder noch besser: Frühstück. Dann sitzt man da, mit seinem Spiegelei und der Konfitüre, die zusammen mit dem Kaffee auf einem Schienbeinhohen Tischchen stehen – und fühlt sich wie beim Picknick mit den Pfadfindern. Guten Morgen, Bandscheibenvorfall.

Der einzig plausible Grund für eine ausgeleierte Sofagarnitur in der Bar ist, dass man sich bei einem Date automatisch näher kommt, da man unweigerlich aufeinander zudriftet, während man trinkt. Praktische Gründe sind nicht ersichtlich. Der zu niedrige Sofatisch, der gefährlich schnell übersehen und zur Stolperfalle werden kann, ist es jedenfalls nicht. Ebensowenig die Sofas an sich, denn ein mit Stühlen und Tischen gefüllter Raum würde mehr Sitzplätze ermöglichen.

Doch wer schön trinken will muss leiden, und wer Glück hat und lange durchhält, der wird dann vielleicht am Ende der Nacht vom bärtigen Barkeeper aus der Sofaritze gezogen und auf dem Fixie nach Hause gefahren. 

 

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