11 Dinge, die ein Freiburger über Hamburg denkt

© Hella Wittenberg

Marius wird euch, wenn ihr Mit Vergnügen regelmäßig lest, kein unbekanntes Gesicht sein. Seit über zwei Jahren lebt und arbeitet er in Hamburg. Seine frühere Heimat liegt jedoch 800 Kilometer entfernt, am Fuße des Südschwarzwaldes, in Freiburg. Wer seine Videos kennt, der hat sicher schon an der ein oder anderen Stelle seinen Dialekt herausgehört, den er trotz aller Mühen, doch nicht ganz verstecken kann. Das fällt vor allem den Hamburgern immer wieder schnell auf, wenn sie ihn zum ersten Mal sprechen hören. Was er darüber und über zehn weitere Dinge denkt, die ihm an Hambrug  auffallen, lest ihr hier:

1. Freiburg ist ein Dorf, Hamburg aber auch

Ich bin in einem kleinen Dorf im Dunstkreis Freiburgs aufgewachsen. Nach Freiburg zu kommen und später dann zu ziehen, bedeutete für mich immer in der Großstadt zu sein. Seit ich in Hamburg lebe, kommt mir Freiburg winzig vor. Und das, obwohl Hamburg auch trotz der zwei Millionen Einwohner zum Teil einen kleinstädtischen Charakter hat – vor allem Eimsbüttel und Ottensen. Vielleicht fühle ich mich deshalb so wohl hier. 

2. Hamburg hat den zweitsympathischsten Club der Bundesliga

Obwohl ich nicht sehr fußballbegeistert bin, habe ich immer tiefe Sympathien für den Sportclub Freiburg gehegt. Geilerweise ist der FC St. Pauli ebenso sympathisch. Und mit unteren Tabellenplätzen kennt man sich in Freiburg ja auch aus. Nur der Trainer, der mit Tipps für alle Lebenslagen in Pressekonferenzen dienen kann, der fehlt mir hier.

3. Hamburg bräuchte “Bächle”

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Wer noch nie in Freiburg war: Dort gibt es kleine Wasserläufe zwischen Straße und Gehweg in der Innenstadt. Vor allem in den heißen Sommermonaten sorgen sie für ein angenehmeres Klima. Das wäre eigentlich auch was für Hamburg. Nur eben nicht zum Kühlen, sondern damit das ganze Regenwasser besser ablaufen kann.

4. Wein, guten Wein, überall

Bei den vielen Vorzügen der Hamburger Bar- und Trinkkultur, gibt es doch einen Makel: Wein. Guten Wein. Vergeblich sucht man einen Tropfen in einschlägigen Kneipen und Clubs, der nicht in einer dieser unseligen Flacon-großen Flaschen “serviert” wird. In höherpreisigen Bars wiederum, muss man so tief in die Tasche greifen, dass das Glas Wein schon nicht mehr Genuss sondern eher Luxusmittel ist. Die schrägen Blicke, wenn man im Club Wein bestellt? Geschenkt.

5. Die nächsten 365 ist der Himmel leicht bedeckt

Ihr habt sicher schon darauf gewartet: ein Freiburger der über Hamburg schreibt, der wird sich sicher über das Wetter beschweren. Tatsächlich ist der Wetterunterschied krasser als ich es mir hätte ausmalen können, bevor ich herzog. Warme Sonnenstrahlen sind nun einmal Balsam für die Seele des Menschen. Keine Vitamin D-Tablette der Welt, kann das ersetzen. Hätte Hamburg besseres Wetter, die Population wäre sicher doppelt so hoch.

6. Keine Jahreszeiten

Hamburg ist eine besondere Stadt. Für mich neben Belfast (wo ich längere Zeit lebte) die einzige, in der es nur zwei Jahreszeiten gibt: Die mit viel Regen und die mit nicht so viel Regen. Es ist schon verrückt, wie einem das den Kreislauf strapazieren kann. Hat man sich jedoch daran gewöhnt, dann lernt man gleichzeitig die Hamburger und ihren Umgang mit dem Wetter zu respektieren.

7. Raus auf's (Flach)Land

Raus aus der Stadt, ab auf’s Land. Doch der Ausblick fehlt. Zumindest wenn man wie ich, in den Ausläufern des Schwarzwaldes aufgewachsen ist. Wie ein Pottwal, der mehrere Stunden unter Wasser bleiben kann, dann aber an die Oberfläche muss, um zu atmen, muss ich in regelmäßigen Abständen in die Berge fahren. Egal bei welchem Wetter, egal wie hoch der Berg. Steigung in den Gelenken zu spüren und den Schmerz in den Waden zu schätzen, das habe ich erst gelernt, seit ich in Hamburg wohne.

8. Niemand ist stolzer, als die Hamburger

Ich bin geborener Badener. Und Badener hassen die Schwaben - noch mehr, als die Berliner, glaubt es mir. Doch all dieses lokalpatirotische Gebashe ist nichts im Vergleich zum Hamburger Lokalpatriotismus. Die Null-Toleranzgrenze ist bei vielen die Demarkationslinie zwischen “Was darf man sagen” und “Was darf man auf keinen Fall sagen”.

9. Build a Wall around Mexikaner

Mein erster Gedanke bei meinem ersten Mexikaner im Molotow war “Alterrrrrrrr, wer kam denn auf DIE Idee?!”. Dann ist mir eingefallen, dass bei uns im Süden Kirschwasser als Spezialität gilt und war froh, dass das hier oben niemand trinkt.

10. Das Herz am richtigen Fleck

Hin und wieder lese ich, die Reeperbahn sei das “Herz von St. Pauli”. Ich habe Hamburg anders kennengelernt. Die Hamburger gehen mit der Reeperbahn um, wie die Spanier mit dem Ballermann: Da macht man Kohle mit und ansonsten einen großen Bogen drumherum. Kollege Andi hat es einmal toll zusammengefasst und geschrieben "Ich hasse die Reeperbahn, aber ich liebe St. Pauli".

Solange es jedoch genug Junggesellenabschide gibt, die sich dort das Geld aus den Taschen ziehen lassen sage ich: NEHMT IHNEN ALLES AB, WAS SIE HABEN, DENN SIE HABEN ES NICHT ANDERS VERDIENT!

11. Hamburger sind nicht kalt, sie sind heißkalt

So hart und doch so herzlich. Habe ich am Anfang noch ziemlich mit der Kaltschnäutzigkeit vieler Hamburger (Kassier*innen, Busfahrer*innen etc., erste Bekanntschaften) zu kämpfen gehabt, kann ich das heute schätzen. Man fühlt sich dadurch irgendwie privater. Und wenn es dann aber doch zu einer Freundschaft kommt, dann sind Hamburger Loyaler und weniger Link als die Freiburger. Vor allem, was das Lästern angeht. Hier macht halt jeder sein Ding, und das ist auch gut so.

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